„Und nochmals die Liebe“: Smetanas Litomyšl lädt zu klassischer Musik und Weltpremieren
Als Ermunterung in einer schweren Zeit haben die Veranstalter das Musikfestival konzipiert, das in Litomyšl / Leitomischl, der Geburtsstadt des Komponisten Bedřich Smetana, stattfindet und auch seinen Namen trägt. Mit einem Konzert der Slowakischen Philharmonie wurde die 64. Auflage von Smetanas Litomyšl am Donnerstag eröffnet.
Nach zwei Festivaljahrgängen von Smetanas Litomyšl, die von Corona überschattet und stark beeinflusst wurden, wurde diesmal wieder ein vielfältiges Programm zusammengestellt. Während 27 Tagen stehen 44 Veranstaltungen auf dem Hauptprogramm. Zudem gibt es weitere Open-Air-Veranstaltungen in den Klostergärten. Während der Festspiele erklingt Musik verschiedener Genres, von klassischer Musik, über Jazz bis zu Flamenco. Das Motto des diesjährigen Festivals lautet „A znovu láska“ (Und nochmals die Liebe). Es handelt sich um den Vers aus einem Gedicht von Jan Skácel. In diesem Jahr wird an den 100. Geburtstag des Dichters erinnert, wie der künstlerische Leiter des Festivals, Vojtěch Stříteský gegenüber Radio Prag International kurz vor Beginn der Festspiele erklärte:
„Ich habe 2020 mit Jiří Pavlica, der mehrere Gedichte von Jan Skácel vertont hat, darüber gesprochen, dass wir ein Programm anlässlich des 100. Todestags des Dichters vorbereiten werden. Dieses nannten wir ,A znovu láska‘. In dem Gedicht bringt Skácel die Überzeugung zum Ausdruck, dass die Liebe über allem – auch über dem Tod – steht. Gerade jetzt, in der Zeit des Kriegs, ist es wichtig, daran zu erinnern. Aus unseren Überlegungen entstand eine Komposition, die beim Festival ihre Premiere erlebt.“
Zuvor stand das Festival vor allem im Zeichen der Opern. Wegen Arbeiten an der Instandsetzung des Schlosses können jedoch derzeit keine großen Musiktheatervorstellungen im Schlosshof stattfinden. Auf dem nahegelegenen Schloss Nové Hrady wird Antonio Vivaldis Oper „Farnace“ aufgeführt. In Litomyšl stehen einige Operngalas auf dem Programm. Der größte Festivalstar ist der uruguayische Bassbariton Erwin Schrott. Die Veranstalter trafen den Sänger kurz vor Beginn der Corona-Pandemie – im Januar 2020 bei einem Konzert in Prag. Damals entschieden sie sich, den Künstler nach Litomyšl einzuladen. Vojtěch Stříteský dazu:
„Ich bin sehr glücklich, dass es geklappt hat. Denn in den vergangenen zwei Jahren mussten wir auf die Teilnahme mehrerer ausländischer Gäste verzichten. Schrott kommt aus Mailand nach Litomyšl. Es freut mich, dass er in der ersten Konzerthälfte Arien von Gounod, Verdi und Mozart, und in der zweiten Hälfte Lieder aus Lateinamerika singen wird. Im Fokus steht der Tango. Wir engagierten darum einen hervorragenden Bandoneon-Spieler aus Argentinien.“
Unter dem Titel „Bach XII“ bereiteten die Veranstalter zudem ein einwöchiges Projekt vor. Sie arbeiteten dabei mit dem renommierten Organisten Jaroslav Tůma zusammen. Dieser nahm auf der Orgel in der Kirche Svatá hora / Heiliger Berg bei Příbram alle Orgelwerke Bachs auf. Nach einer zwölfstündigen Videoprojektion mit Bachs Musik wird es in den folgenden Tagen Filmvorführungen im Kino Sokol in Litomyšl geben. Vojtěch Stříteský:
„Die einzelnen Projektionen betreffen beispielsweise Bachs Weimarer Jahre, die Leipziger Zeit oder Bach aus Sicht seiner Nachfolger. Die Vorführung wird immer von einer bekannten Persönlichkeit eingeleitet. So kommen beispielsweise der Priester und Naturwissenschaftler, Marek Orco Vácha, und der hervorragende Organist und Cembalist Stefan Baier aus Regensburg nach Litomyšl. Jaroslav Tůma persönlich wird zweimal in Litomyšl spielen.“
Beim Festival werden einige Musikwerke ihre Premiere erleben. In tschechischer Premiere erklingt das „Requiem für meinen Freund“ des polnischen Komponisten Zbigniew Preisner. Die Komposition widmete Preisner dem berühmten Filmregisseur Krzysztof Kieslowski. Vojtěch Stříteský macht auf eine weitere tschechische Premiere aufmerksam:
„Es handelt sich um das Jazz-Melodrama ,Gedanken über die Freiheit‘ von Emil Viklický. Das Libretto wurde aus Texten von Václav Havel und Timothy Snyder zusammengestellt. Und schließlich ist da noch ,Pochovávání světla‘ (Die Bestattung des Lichts, Anm. d. Red.), eine neue Kantate von Jiří Gemrot. Er schrieb sie eigens für unser Festival.“
Inspiration für das Monodrama „Piš mi, Tvoje Alma“ (Schreib mir, Deine Alma) von Zdeněk Geist war das Schicksal der Violinistin Alma Rosé (1906–1944). Die Nichte von Gustav Mahler leitete nach ihrer Deportation ins KZ das sogenannte Mädchenorchester in Auschwitz. Vojtěch Stříteský:
„Vor der Vorstellung am 23. Juni werden wir am Ort, wo früher die Synagoge stand, das Andenken unserer Mitbürger ehren, die in KZ verschleppt und ermordet worden sind. Anschließend besuchen wir die Vorstellung, bei der das Graffe-Quartett unter anderem Kompositionen von Viktor Ullmann und Gideon Klein spielen wird.“
Ein Konzert für Europa findet am 1. Juli im Schlosshof statt. Es wird anlässlich der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Tschechien veranstaltet. An diesem Tag wird eine gemeinsame Tagung der tschechischen Regierung und der EU-Kommission in Litomyšl stattfinden.
Das Festival Smetanas Litomyšl findet bis 5. Juli statt. Für mehrere Veranstaltungen gibt es noch Restkarten.