Von „Hogwarts“ zu „Bradavice“: Wie Harry Potter im Film gelernt hat, Tschechisch zu sprechen

Vor 25 Jahren erschien das erste Harry-Potter-Buch. Die Titel der Reihe über den Zauberer mit der Narbe auf der Stirn wurden weltweit 500 Millionen Mal verkauft – und in 80 Sprachen übersetzt. Da durfte auch Tschechisch nicht fehlen. Doch weltweit bekannt wurde Harry Potter nicht nur durch die Bücher von Joanne K. Rowling, sondern auch durch die acht Spielfilme. Und diese wurden ebenfalls aus dem Englischen ins Tschechische übertragen. Aber wie lief die Synchronisierung der Filme genau ab?

Foto: Vít Pohanka,  Tschechischer Rundfunk

Die Harry-Potter-Filme zählen zu den größten Kinoerfolgen überhaupt. Vor 21 Jahren kam der erste von insgesamt acht Streifen in die Kinos. Er trug den Titel „Harry Potter und der Stein der Weisen“ – oder auf Tschechisch „Harry Potter a Kámen mudrců“.

Petr Sitár war der Dialogregisseur der tschechischen Synchronisation. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks erinnert er sich daran, dass damals jeder die Harry-Potter-Bücher las – auch der Stab:

Foto: Warner Bross

„Das schönste Erlebnis war eine Begegnung mit unserem Tonmeister. Er war eigentlich keine Leseratte, aber eines morgens kam er mit ganz furchtbaren Augenringen zur Arbeit. Wir haben ihn gefragt: ‚Pavel, was hast du denn getrieben?‘ Er meinte nur: ‚Ich habe Potter gelesen.‘“

Den Kindern, mit denen er im Studio drehte, musste Petr Sitár fast nie das Drehbuch erklären. Denn praktisch jeder las damals die Bücher von Joanne K. Rowling. Außer einem, und zwar dem Sprecher von Harry Potter höchstpersönlich. Vojtěch Kotek hat dem Nachwuchszauberer seine Stimme geliehen:

Vojtěch Kotek | Foto: Kateřina Cibulka,  Tschechischer Rundfunk

„Alle intelligenten Aussagen stammen eigentlich von Dumbledore oder Hermine. Harry hüpft immer nur hin und her, atmet, und hier und da hat er mal einen Satz. Die Synchronisierung war für mich von daher nicht so schwierig.“

Die Besetzung der einzelnen Rollen wurde von einem Mitarbeiter des Filmstudios Warner Brothers überwacht. Dieser gab den einzelnen Sprechern auch Ratschläge, wie sie die einzelnen Charaktere vertonen sollten. Aleš Procházka sprach Severus Snape ein, den Bösewicht und Gegenspieler Potters. Und auch er bekam einen Tipp. Dialogregisseur Sitár erinnert sich:

Foto: Warner Bross

„Der Supervisor hat – so halb im Spaß – gesagt: ‚Stellen Sie sich vor, sie hätten einen Golfball in der Hand und würden ihn mit aller Kraft drücken.‘ Aleš hat diese memotechnische Methode angewandt – und sie hat ihm sehr geholfen.“

Im vierten Teil der Filmreihe, also in „Harry Potter und der Feuerkelch“, beziehungsweise „Harry Potter a Ohnivý pohár“, muss der Zauberlehrling beim Trimagischen Turnier antreten. Harry wachsen Kiemen, mit denen er unter Wasser atmen kann – und reden. Aber auch die Sprecher im Studio blieben bei der Synchronisation des Filmes nicht trocken. Vojtěch Kotek:

Foto: Warner Bross

„Sie haben uns ein Video geschickt und eine Liste mit Dingen, die nötig sind. Darauf standen doch tatsächlich ein Eimer und ein Rohr. Es war alles genau beschrieben, also wie groß der Eimer sein musste, wieviel Wasser darin zu sein hatte und ob das Gefäß aus Eisen oder Plastik bestehen sollte. Das Mikrophon im Studio wurde in eine Plastiktüte eingewickelt und in den Kübel gelegt. Ich hatte eine geliehene Taucherbrille auf, damit ich es eine Weile unter Wasser aushalten konnte.“

Warner Brothers war also stark in die Synchronisation involviert. Zudem hatte die Produktionsfirma Angst, dass Raubkopien des Filmes angefertigt werden könnten. Das Bild wurde deshalb unbrauchbar gemacht.

Foto: Warner Bross

„Oft war das Bild komplett verpixelt, verschiedene Streifen waren darüber gelegt worden, und alles war schwarz-weiß. Bei der Synchronisierung haben wir eigentlich nur erahnen können, was da wirklich genau im Film passiert“, erinnert sich Vojtěch Kotek.

Foto: Warner Bross

Die tschechische Tonversion des Films orientierte sich im Übrigen an der Buch-Übersetzung der Brüder Vladimír und Pavel Medek. Anders als in der deutschen Übertragung von Klaus Fritz werden englisch-klingende Wortneuschöpfungen dabei häufig mit einem tschechischen Neologismus wiedergegeben. Statt in „Hogwarts“ spielt die Handlung also in „Bradavice“. Und die einzelnen Häuser der Zauberschule heißen nicht Ravenclaw, Hufflepuff, Gryffindor und Slytherin, sondern Havraspár, Mrzimor, Nebelvír und Zmijozel. In beiden Sprachen aus dem Ausgangstext übernommen sind hingegen zumeist die Zaubersprüche. In diesem Sinne: Wingardium Leviosa!

Autoren: Ferdinand Hauser , Adéla Burešová
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