Ein sicherer Ort in Mittel- und Osteuropa: Prague Pride empfängt internationale LGBT+-Community
Seit Montag findet in der tschechischen Hauptstadt wieder die Prague Pride statt. Das Festival bietet ein buntes Programm für sexuelle Minderheiten, Angehörige der LGBT+-Community und alle, die sich für die Rechte dieser Menschen einsetzen.
Den Höhepunkt der Prague Pride bildet wieder der Umzug am Samstag. In den Jahren vor Corona hatten daran regelmäßig bis zu 40.000 Menschen teilgenommen. Tom Bílý ist Direktor der Pride. Gegenüber Radio Prag International sagte er:
„Nach drei Jahren Coronapandemie gibt es nun wieder am Samstag den Umzug. Zudem bieten wir am Samstagnachmittag und -abend ein schönes Programm auf der Letná-Anhöhe in unserem ‚Pride Park‘.“
Eine Sache wird jedoch gegenüber früheren Festivaljahrgängen anders sein:
„In diesem Jahr wird der Umzug ohne Autos stattfinden. Wer in den letzten Jahren dabei war, weiß, dass es große Umzugswagen gab. Aber die gehören nun der Vergangenheit an. Wir wollen nachhaltiger werden und uns besser ins historische Zentrum der Stadt integrieren.“
Die Parade wird dabei unter anderem den Altstädter Ring im Herzen der Moldaumetropole passieren. Doch das Festival hat noch mehr zu bieten. Die ganze Woche über finden Veranstaltungen zur LGBT+-Thematik statt, so Konzerte, Filmvorführungen oder Diskussionen. Am Freitagabend etwa steht der „Pride Talk Germany“ auf dem Programm. Darin geht es unter anderem um die Erfahrungen Berlins mit queerem Tourismus oder um den Umgang mit queeren Geflüchteten in Deutschland. Zu Gast sein wird zudem Miki Herrlein. Er* ist bei der Initiative Out in Church aktiv, die queere Menschen verbindet, die in der katholischen Kirche engagiert sind.
Die Diskussionsveranstaltung wird auf Englisch stattfinden – wie auch viele weitere Programmpunkte der Prague Pride. Der Grund ist, dass zahlreiche Gäste aus dem Ausland erwartet werden:
„Wir rechnen wieder mit Besuchern aus verschiedenen Ländern, vor allem aus Europa“, sagt Tom Bílý. „Es sind immer viele Menschen aus Deutschland dabei, aber auch aus Polen, Ungarn und der Slowakei. In diesem Jahr kommen noch Besucher aus der Ukraine hinzu. Ein zentrales Thema der diesjährigen Prague Pride ist die Situation der LGBTIQ-Community in Mittel- und Osteuropa.“
Denn gerade für Menschen aus Mittel- und Osteuropa ist die Pride laut dem Festivaldirektor wichtig:
„Die Prague Pride ist eines der größten Menschenrechtsfestivals in der Region. Zudem ist Prag für Menschen der LGBTIQ-Community natürlich ein sicherer Ort innerhalb dieser Gegend. Es werden von daher viele Leute aus diesen Ländern zur Prague Pride anreisen. Sie können hier eine Woche an einem sicheren Ort erleben und sein, wer sie wirklich sind.“
Doch in Tschechien ist ebenso noch Luft nach oben, was den Umgang mit queeren Menschen angeht – etwa im Hinblick auf die Gleichstellung homosexueller Paare. Eine Ehe einzugehen ist für sie derzeit nämlich nicht möglich. Zuletzt hat stattdessen eine Initiative von 54 Abgeordneten für Aufsehen gesorgt. Die Politiker setzten sich dafür ein, die Ehe als Bündnis von Mann und Frau in der Verfassung zu verankern. Und dann ist da noch Staatspräsident Miloš Zeman, der seit langem latent transphobe und homophobe Ansichten vertritt. Die entsprechende Änderung der Verfassung würde in jedem Falle seine Unterstützung finden, kündigte Zeman bereits an. Doch was sagt Tom Bílý dazu?
„Die Ehe für alle ist für die LGBTIQ-Bewegung in Tschechien ein wichtiger Meilenstein. Ich denke, dass die Initiative der Abgeordneten nicht ins 21. Jahrhundert gehört. Die Politiker sollten sich dessen bewusst sein, dass wir uns derzeit an einem Scheideweg befinden. Entweder schlagen wir die Richtung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten ein, das heißt, wir begeben uns in Richtung Europa. Oder aber wir gehen vor wie der Osten, das heißt wie Russland zum Beispiel. Ich halte die aktuelle Lage wirklich für sehr traurig.“
Das gesamte Programm der Prague Pride finden Sie unter festival.praguepride.com.