Verdacht auf Monopolbildung bei Versicherung von Ausländern in Tschechien
Die Europäische Kommission prüft derzeit das tschechische Gesetz über den Aufenthalt von Ausländern. Umstritten ist vor allem der Teil, der ihre Krankenversicherung regelt.
Im vergangenen Jahr wurde hierzulande gesetzlich verankert, dass Ausländer mit einem Langzeitaufenthalt nur noch bei einer Tochtergesellschaft der gesetzlichen Allgemeinen Krankenkasse (VZP) versichert sein müssen.
„So versucht eine privilegierte Versicherungsgesellschaft, in deren Vorstand unter anderem Abgeordnete sitzen, die zufällig auch die Verfasser des Gesetzes sind, auf legalem Wege einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen auszuhandeln.“
Mit diesen Worten hatte Zbyněk Stanjura (Bürgerdemokraten), zu der Zeit noch oppositioneller Abgeordneter, die Gesetzesänderung aus der Feder der damaligen Regierungspartei Ano kritisiert. Als Finanzminister muss er dieser Tage die Novelle, die seit mehr als einem Jahr in Kraft ist, vor der Europäischen Kommission erklären. Das EU-Gremium prüft die Bestimmung nun nämlich wegen mutmaßlicher Verstöße gegen den Wettbewerb und die europäischen Grundrechte. Jakub Tomek von der Presseabteilung des Regierungsamtes setzt fort:
„Die Europäische Kommission hat sich bereits mit der tschechischen Regierung in Verbindung gesetzt und um eine Erklärung und Klarstellung gebeten. Das Gesundheitsministerium bereitet derzeit eine Stellungnahme vor. Die Hauptverantwortung für die Antwort liegt jedoch beim Finanzministerium.“
Eingereicht hat die Beschwerde bei der Kommission der tschechische Verband der Versicherungsunternehmen. Nach dessen Ansicht hat das Gesetz ein Versicherungsmonopol für Ausländer geschaffen. Und auch das Gesundheitsministerium sei von Anfang an nicht damit einverstanden gewesen, heißt es weiter.
Der Gesetzesvorschlag wurde in der vergangenen Legislaturperiode von zwei Ano-Abgeordneten und den Vorstandsmitgliedern der Allgemeinen Krankenkasse eingebracht. Eines ihrer Argumente war, dass die Krankenhäuser Schulden für unbezahlte Behandlungen von Ausländern in Kauf nehmen müssten. Diese würden etwa in der Klinik in Prag-Motol bereits 64 Millionen Kronen (2,6 Millionen Euro) und im Allgemeinen Universitätskrankenhaus in Prag 55 Millionen Kronen (2,23 Millionen Euro) betragen. Marie Heřmánková ist Sprecherin der letztgenannten Klinik:
„Die meisten dieser Gelder gehen nie bei unserem Krankenhaus ein, weil der Patient entweder im Ausland verschwindet und sich nicht mehr meldet oder nur einen vorübergehenden Aufenthalt und kein Geld hat. In solchen Fällen versuchen wir, die Forderung über die Rechtsabteilung einzutreiben. Wenn wir keinen Erfolg haben, bleibt uns nichts anderes übrig, als die Ausstände in die Kosten einzuordnen.“
Die Erfahrungen der Krankenhäuser hätten allerdings gezeigt, dass die Gesetzesänderung nicht geholfen hat, dieses Problem zu lösen, so Ladislav Švec. Er leitet das Büro der Krankenversicherungen:
„Die ganze Idee geht am Ziel vorbei. Man kann nie sicherstellen, dass sich hierzulande nur Menschen aufhalten, die eine perfekte Versicherung haben. Ich sehe die einzige systemische Lösung darin, dass der Staat sich verpflichtet, die Kosten zu erstatten. Denn es handelt sich um Kosten für die Notfallversorgung.“
Das kritisierte Gesetz soll nun vom Abgeordnetenhaus erneut erörtert werden. Der Senat hat bereits Änderungsvorschläge gemacht.
Bei der größten gesetzlichen Versicherungsgesellschaft VZP sind derzeit 40.000 Ausländer versichert. 35.000 davon sind seit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes vor einem Jahr hinzugekommen. Sollte die Europäische Kommission zu dem Schluss kommen, dass das Gesetz rechtswidrig ist, würden Tschechien Sanktionen drohen. Die Kommission bittet allerdings vorerst nur um eine Erklärung. Die Regierung muss den Bericht bis spätestens Ende September vorlegen.