Im Zeichen der Mohnblume: Tschechien gedenkt seiner Kriegsveteranen
Viele Menschen in Tschechien tragen im November eine rote Mohnblume am Revers. Anlass ist der Gedenktag für die Kriegsveteranen, der in diesem Jahr am Freitag begangen wird.
In Tschechien wird alljährlich am 11. November der Kriegsveteranen und Widerstandskämpfer gedacht. An diesem Tag im Jahre 1918 ging nämlich der erste Weltkrieg zu Ende. Hierzulande ist – nach dem Vorbild der USA und Großbritanniens – der Klatschmohn zum Zeichen des Gedenkens geworden. Warum das so ist, erläutert der Vorsitzende des Vereins für Zeitgeschichte im westböhmischen Klatovy / Klattau, Lukáš Kopecký:
„Die Mohnblume verweist auf die blühenden Mohnfelder im belgischen Flandern, als Symbol für die blutigen Schlachten des Ersten Weltkriegs.“
Kopeckýs Verein belieferte in diesem Jahr etwa die Stadtbibliothek von Klatovy mit den rot-schwarzen Anstecknadeln. Die dort gesammelten Spenden fließen in den Solidaritätsfonds des tschechischen Verteidigungsministeriums. An einem Stand im Prager Zentrum wiederum hat sich Jolana gerade eine künstliche Mohnblume gekauft. Ihr Urgroßvater habe im Konzentrationslager Buchenwald zum Widerstand gehört, begründet die junge Frau ihr Engagement für die Kriegsveteranen:
„Man ist eben dankbar. Aber immer habe ich das Gefühl, dass es zu wenig ist, daran nur an einem Tag im Jahr zu erinnern. Das ist schade.“
Jolanas Obolus geht an Post Bellum, eine weitere Organisation, die alljährlich im November Spendensammlungen durchführt. Mit ihrem Zeitzeugenprojekt „Paměť národa“ (Gedächtnis der Nation) trägt die NGO unter anderem die Geschichten von Kriegsveteranen oder Widerstandskämpfern aus den Weltkriegszeiten auf Video zusammen. Dabei würden auch die Einnahmen aus dem Verkauf der Klatschmohn-Anstecker helfen, sagt Koordinator Jakub Pánek:
„Die Spenden nutzen wir für weitere Aufnahmen mit Veteranen und Kriegshelden. Außerdem kommt der größere Teil des Geldes in diesem Jahr erstmals dem Hilfszentrum von ‚Paměť národa‘ zugute.“
Diese Einrichtung habe sich vor allem während der Corona-Pandemie um die Versorgung der Zeitzeugen gekümmert, berichtet Petra Dosoudilová von Post Bellum. In Tschechien würden aktuell noch etwa 200 Kriegsveteranen leben:
„Die Zeitzeugen aus dem Zweiten Weltkrieg haben wir schon fast alle auf Video aufgenommen. Helden sind für uns aber auch die Teilnehmer des Prager Aufstands oder Mitglieder von Widerstandsgruppen aus der Zeit des Kommunismus. Von ihnen leben noch viele, und es gibt weiterhin ein großes Potential, mit ihnen Gespräche aufzunehmen.“
Post Bellum organisiere zudem noch eine weitere Aktion zum diesjährigen Tag der Kriegsveteranen, fügt Dosoudilová an:
„Am Donnerstag und Freitag werden mehrere Gebäude angestrahlt, und das nicht nur in Prag, sondern auch in Ostrau, Pilsen und Liberec. Dies werden Bauwerke sein, die in irgendeiner Weise verbunden sind mit den Geschichten der Kriegshelden und anderen Kämpfern für Freiheit und Demokratie.“
Dazu wird etwa die Cyrill-und-Method-Kirche in der Prager Neustadt gehören, wo jene Fallschirmjäger zu Tode kamen, die 1942 das Attentat auf den SS-Reichsprotektor Reinhard Heydrich verübt hatten. Und auch das Gebäude des Tschechischen Rundfunks wird in Licht getaucht. Dessen Sender wurde von tschechischen Widerstandsgruppen zur Informationsübertragung genutzt, und dies nicht nur während des Prager Aufstandes im Mai 1945, sondern auch bei der Verteidigung gegen die Warschauer-Pakt-Truppen, die im August 1968 zur Niederschlagung des Prager Frühlings eingerückt waren.