Politischer Gefangener und Exilant: Der Christdemokrat Bedřich Hostička
1950 wurde der Jurist Bedřich Hostička in einem Schauprozess zu 28 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Geschichte des politischen Gefangenen des kommunistischen Regimes und späteren Exilanten vermittelt nun eine Ausstellung, die zurzeit in Prag zu sehen ist.
In der Galerie Ambit wurde vorige Woche eine Ausstellung mit dem Titel „Der Christdemokrat Bedřich Hostička“ eröffnet. Sie beschreibt das Schicksal eines Politikers, der 1950 im Monsterprozess mit Milada Horáková zu einem langen Freiheitsentzug verurteilt wurde. Das Gedenkmuseum des XX. Jahrhunderts will durch die Ausstellung eine Persönlichkeit vorstellen, die mittlerweile in Vergessenheit geraten ist. Der Jurist Bedřich Hostička (1914–1996) sei 1945 der Tschechoslowakischen Volkspartei beigetreten, erzählt Petr Blažek. Der Historiker beteiligte sich an der Zusammenstellung der Ausstellung.
„Hostička arbeitete in der Rechtskommission im Sekretariat der Tschechoslowakischen Volkspartei. Nach dem Februar 1948 (nach der Machtübernahme durch die Kommunisten, Anm. d. Red.) wurde er bei den Säuberungen entlassen. Es ist paradox, dass sich auf seine Seite damals jene Vertreter in der Volkspartei stellten, die sich selbst als eine ,erneuernde Strömung‘ bezeichneten. Das war jedoch eine Bewegung innerhalb der Partei, die mit den Kommunisten zusammenarbeitete. Diese Leute haben Hostička eine Arbeitsstelle angeboten. Es kann sein, dass sie damit versuchten, ihre anderen Taten wiedergutzumachen.“
Bedřich Hostička wurde jedoch im August 1949 verhaftet. Historiker Blažek zufolge wurde er gezielt als Mitglied der Tschechoslowakischen Volkspartei für den Monsterprozess ausgesucht.
„Hostička wurde als ein angeblicher Spion des Vatikans vor Gericht gestellt. Zudem wurde ihm vorgeworfen, dass er Kontakte zu einem der Agenten hatte, die als Kuriere westlicher Geheimdienste in die Tschechoslowakei geschickt wurden. Ich bin davon überzeugt, dass das eine Provokation war. Schließlich wurde ihm vorgeworfen, dass er die Gründung einer christdemokratischen Partei vorbereitet haben soll. Diese sollte im Fall gesellschaftlicher Änderungen die Volkspartei ersetzen oder übernehmen. Ich denke, dass sich die Kommunisten für die Verhaftung von Hostička auch aus dem Grund entschieden, dass er nicht sehr bekannt war. Er trat der Volkspartei erst 1945 bei. Es kann sein, dass er auch als ein Mann ausgesucht wurde, der mit Menschen in Verbindung stand, die nach dem Februar 1948 ihre Positionen verlassen mussten oder ins Exil gingen. Gleichzeitig hatte er aber Kontakte zur neuen Parteiführung, vor allem zum damaligen Parteivorsitzenden Alois Petr. Das spielte vermutlich eine wichtige Rolle.“
Urteil nach Monsterprozess: 28 Jahre Gefängnis
In der Anklage wurde dem Historiker zufolge zudem behauptet, dass sich Hostička bemüht haben soll, Kardinal Josef Beran für die Idee einer christdemokratischen Partei zu gewinnen. Kontakte mit dem Ausland soll ihm, wie in der Anklage betont wurde, der Abt des Klosters von Břevnov, Anastáz Opasek vermittelt haben. Petr Blažek:
„Es ist wichtig zu sagen, dass die ganze Anklage nur aus Lügen bestand. Sie enthielt keine konkreten Fakten. In Wirklichkeit war die Anklage fast nur ideologischer Art.“
Bedřich Hostička wurde im Schauprozess zu 28 Jahren Gefängnis verurteilt. Petr Blažek:
„Es wäre egal gewesen, ob er zu 15 oder 35 Jahren Gefängnis verurteilt worden wäre. Im Grunde genommen konnte er sogar zufrieden sein. Denn in diesem Monsterprozess wurden vier Todesurteile gefällt. Jede Strafe, die nicht damit endete, dass der Verurteilte gehängt wurde, bedeutete immer noch die Hoffnung, einmal freigelassen zu werden. Niemand konnte damals ahnen, dass Bedřich Hostička 14 Jahre im Gefängnis verbringen und erst 1963 freigelassen wird.“
Zu Hostičkas Freilassung hätte es bereits früher kommen können. Denn 1960 versuchte der kommunistische Geheimdienst StB ihn als Mitarbeiter zu gewinnen. Er wurde aus diesem Grund in das Gefängnis im Prager Stadtteil Ruzyně gebracht. Dort wurden mit ihm Gespräche geführt. Es seien interessante Dokumente entstanden, merkt Historiker Blažek an. Auch diese werden in der Ausstellung gezeigt.
„Diejenigen, die versuchten, Hostička für die Zusammenarbeit anzuwerben, haben schließlich begriffen, dass er kein Mensch war, der bereit wäre, zu kooperieren. Er wurde zurück ins Gefängnis geschickt. Dort blieb er bis 1963.“
Bedřich Hostička wurde erst 1990 vollständig rehabilitiert. Das Gerichturteil sei aber bereits im Sommer 1968 aufgehoben worden, erzählt Historiker Petr Blažek:
„Es folgte jedoch nicht die vollständige Rehabilitierung. Im August 1968 marschierten die Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei ein. Hostička ging als ehemaliger politischer Gefangener und Aktivist des Vereins der ehemaligen politischen Gefangenen ,K 231‘ ins Exil in die Schweiz. Dort schrieb er Artikel für mehrere Zeitschriften und war in verschiedenen Organisationen aktiv, einschließlich des im Exil wirkenden Vereins ,K 231‘. Er gehörte zu jenen Exilanten, die sich bemühten, Kontakte zur Heimat zu pflegen. Hostička beteiligte sich etwa am Schmuggeln von Literatur in die Tschechoslowakei. Aus diesem Grund hatte ihn der kommunistische Geheimdienst StB weiterhin im Visier.“
Wertvoller Fund: Dokumente des politischen Gefangenen
Die Mitarbeiter des Gedenkmuseums des XX. Jahrhunderts machten bei der Eröffnung darauf aufmerksam, dass dank eines Zufalls mehrere authentische Dokumente in der Schau gezeigt werden können. Diese erhielt Historiker Blažek seinen Worten zufolge vor etwa zwei Jahren von Miroslav Jonák, der sie ins Museum gebracht hatte. Jonák beschrieb auf der Vernissage der Ausstellung, wie er zu den Dokumenten kam:
„In den 1970er Jahren zogen wir um. Ich war damals knapp 20 Jahre alt. Unsere Nachbarin war eine ältere Dame. Bedřich Hostička, der kurz zuvor in diesem Haus wohnte, bat sie damals, einige seiner Dokumente aufzubewahren. Er ging später ins Exil, und die Dokumente sind bei der Nachbarin liegen geblieben. In der Zeit, als wir einzogen, war sie bereits recht alt. Sie machte Ordnung in ihrer Wohnung, schmiss viele Sachen weg und stieß auf die Papiere von Bedřich Hostička. Sie wollte sie jemandem übergeben, der sie weiterhin aufbewahren würde. Darum sprach sie mich an. Sie vertraute mir, weil ich nicht gerade wie ein Regimefreund aussah. Ich habe die Dinge daraufhin versteckt. Dann kam die Wende von 1989, ich hatte andere Aktivitäten und vergaß inzwischen, dass bei mir noch die Dokumente lagen. Aber später sagte ich mir, dass ich sie vielleicht einer Person oder einer Institution für den Fall übergeben müsste, dass mit mir etwas passierte. Und so wandte ich mich an Petr Blažek. Die Unterlagen werden jetzt in der Ausstellung gezeigt. Ich bin froh, dass ich dazu beitragen konnte.“
Petr Blažek merkte an, er habe sich damals sehr über den Fund der Dokumente gefreut. Sie seien ein Bestandteil der entstehenden Sammlungen des Gedenkmuseums des XX. Jahrhunderts geworden, so der Historiker. „Wir haben auch dank dessen die Ausstellung zusammengestellt. Sie zeigt mehrere Exponate. Dabei handelt es sich nicht nur um Dokumente, sondern beispielsweise auch um authentische Fesseln, die Ende der 1940er Jahre genutzt wurden. Diese haben wir von der Abteilung für Dokumentation und Geschichte des Gefängnisdienstes ausgeliehen. Das Nationale Filmarchiv hat uns kostenlos dokumentarische Aufzeichnungen vom Prozess gegen Milada Horáková zur Verfügung gestellt. Darin trat auch Bedřich Hostička auf.“
Die Ausstellung wird dem Historiker zufolge künftig auch an anderen Orten gezeigt.
„Ich denke, es notwendig, an Milada Horáková und weitere wohlbekannte Regimegegner zu erinnern. Aber ich finde es ebenso wichtig, dass es Ausstellungen und Bücher über Menschen gibt, die inzwischen fast in Vergessenheit geraten sind. Für Schulklassen sowie andere Interessenten bieten wir Führungen durch die Ausstellung an. Für Schulen haben wir Unterlagen für eine Unterrichtsstunde zusammengestellt. Darin sind Fragen enthalten, die die politische Lage nach 1948 und die politischen Prozesse betreffen.“
Die Ausstellung mit dem Titel „Der Christdemokrat Bedřich Hostička“ ist in der Galerie Ambit im Kloster bei der Maria-Schnee-Kirche in Prag bis Ende November zu sehen. Der Eingang in die Galerie erfolgt vom Franziskaner Garten aus. Die Wanderausstellung ist zweisprachig konzipiert (Tschechisch und Englisch).
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