Tschechischer Rundfunk restauriert Aufnahmen vom Prozess gegen Nazi-Kriegsverbrecher K. H. Frank
Karl Hermann Frank war der zweithöchste Nationalsozialist im „Protektorat Böhmen und Mähren“. 1946 wurde er für seine Verbrechen im Zweiten Weltkrieg bei einem Prozess in Prag zum Tode verurteilt. Der Tschechische Rundfunk hat im Archiv vor kurzem Originalaufnahmen der Gerichtsverhandlung gefunden. Tontechniker restaurieren gerade die Aufnahmen, sodass sie erstmals seit über 70 Jahren wieder zu hören sein werden.
Im Prozess gegen Karl Hermann Frank sagte unter anderem Ladislav Schubert aus – er war 1939 stellvertretender Leiter des Verbandes tschechischer Hochschul-Studenten. Er schilderte, wie er in der Nacht vom 16. auf den 17. November des Jahres von deutschen Sicherheitskräften verhaftet und ins Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg verschleppt wurde. Dieses Schicksal teilt er mit rund 1200 weiteren Studierenden. Schubert überlebte, deswegen trat er 1946 beim Prozess gegen Karl Herrmann Frank als Zeuge auf.
Frank war einer der höchsten NS-Parteifunktionäre und Politiker im „Protektorat Böhmen und Mähren“ zwischen März 1939 und Mai 1945. Zunächst hatte er die Funktion des Staatssekretärs beim sogenannten Reichsprotektor inne, später wurde er Polizeichef im Protektorat und 1943 dann Staatsminister. Karl Hermann Frank zeichnete verantwortlich für die Verfolgung von tschechischen Studierenden im Jahr 1939 sowie die Massaker in Lidice und Ležáky.
Als er im Mai 1945 zu fliehen versuchte, griffen ihn amerikanische Truppen in Rokycany auf und lieferten ihn an die tschechoslowakischen Behörden aus. Im Gerichtsverfahren ein Jahr später wurde Frank zum Tode verurteilt und am 22. Mai 1946 in Prag gehängt.
Der Prozess gegen den Kriegsverbrecher habe für die Menschen in der Tschechoslowakei eine hohe Symbolkraft gehabt, sagt der Historiker Michal Pehr:
„Karl Hermann Frank galt als der wichtigste noch lebende Vertreter der nationalsozialistischen Okkupation. Und den Prozess verfolgten die Medien mit großer Aufmerksamkeit. Die Hinrichtung von Frank sahen rund 5000 Menschen vor Ort. Es wurde sogar auf dem Schwarzmarkt mit Eintrittskarten dafür gehandelt. Das ist für unsere heutige Gesellschaft völlig unvorstellbar. Aber die Menschen damals sahen darin die Möglichkeit, die tragische deutsche Besatzungszeit aufzuarbeiten.“
Von dem Prozess gegen Frank sind insgesamt 1300 Tonfolien erhalten. Diese hat Tontechniker Miloslav Turek vor einiger Zeit im Archiv des Tschechischen Rundfunks gefunden. Die Aufnahmen werden gerade restauriert. Auf jeder Folie befindet sich allerdings nur etwa drei Minuten und 50 Sekunden Material. Dennoch ergibt dies zusammen rund 80 Stunden Aufzeichnung aus der Gerichtsverhandlung.
„Der ganze Prozess wurde mit einem Tonbandgerät mitgeschnitten. Die Bänder sind jeweils 20 Minuten lang. Am Abend eines jeden Prozesstages wurde aus den Aufzeichnungen eine halbstündige Sendung zusammengestellt, die das gesamte Geschehen im Gerichtssaal zusammenfasste. Wenige Tage später wurden daraus einige Passagen ausgewählt, die sozusagen für ewige Zeiten auf Tonfolien übertragen wurden“, so Miloslav Turek.
Auf den Tonfolien sind viele Zeugenaussagen festgehalten. Einige kamen von den Studierenden, die 1939 verhaftet und in die KZs verschleppt worden waren. Andere Aussagen sind von Mitstreitern von Karl Hermann Frank. Dazu gehörte etwa der SS-Mann Bernhard Voß. Der Rheinländer leitete unter anderem das Erschießungskommando, das auf Befehl von Frank am 17. November 1939 neun tschechische Studentenführer umbrachte.
Der gesamte Prozess ist schon zuvor gut dokumentiert gewesen. Mit dem Fund im Tschechischen Rundfunk kommen nun Originalaufnahmen hinzu. Historiker Michal Pehr ist begeistert davon, dass die Aufnahmen weitere Details über die Verhandlungen enthüllen:
„In diesem Zusammenhang möchte ich Kamill Resler herausheben. Er war eine sehr interessante Persönlichkeit der tschechischen Justiz und Pflichtverteidiger von Karl Hermann Frank. Resler versuchte, seine Rolle möglichst gut und professionell zu erfüllen, obwohl er während des Nazi-Regimes verfolgt worden war.“