Schlammschlacht vor der Entscheidung: Tschechiens Präsidentschaftswahlkampf geht in zweite Runde

Petr Pavel und Andrej Babiš

Seit Samstag ist klar, dass über den neuen tschechischen Präsidenten in einer Stichwahl entschieden wird. Dieser zweite Urnengang findet am letzten Januarwochenende statt, und es stehen sich dann der ehemalige Armeegeneral Petr Pavel und Ex-Premier Andrej Babiš gegenüber. Der Wahlkampf für diese zweite Runde der Präsidentschaftswahl hat gleich nach der Entscheidung in der ersten Runde begonnen.

Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen an der Spitze. Letztlich setzte sich in der ersten Runde der tschechischen Präsidentschaftswahl ganz knapp der Ex-General Petr Pavel gegen den früheren Regierungschef Andrej Babiš (Partei Ano) durch. Der Unterschied betrug rund 22.000 Stimmen zugunsten von Pavel. Er gewann mit 35,40 Prozent, Babiš erreichte 34,99 Prozent.

Nun kommt es am 27. und 28. Januar zur Stichwahl um die Nachfolge von Miloš Zeman, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren durfte. Der scheidende Staatspräsident hat sich mittlerweile aber schon in den Wahlkampf vor dem zweiten Urnengang eingemischt. Am Sonntag sagte er:

„Petr Pavel ist ein Armee-Experte. Meiner Ansicht nach sollte der Staatspräsident jedoch ein Fachmann für Themen sein, die den Menschen sozusagen auf den Nägeln brennen. Und das sind im Grunde sozio-ökonomische Themen.“

Petr Pavel | Foto: Kristýna Maková,  Radio Prague International

Außerdem bezeichnete Zeman den Sieger der ersten Runde als Kandidaten der Regierungskoalition. Zudem warf er ihm vor, nicht genügend politische Erfahrung zu haben.

Petr Pavel verwehrt sich jedoch, als Regierungskandidat bezeichnet zu werden.

„Die Tatsache, dass ich bei den Parlamentswahlen für die Dreierkoalition (Die Dreierkoalition aus Bürgerdemokraten, Christdemokraten und Top 09 ist der stärkste Teil der Regierungskoalition, Anm. d. Red.) gestimmt habe, bedeutet nicht, dass ich an sie in irgendeiner Weise angebunden bin. Ich halte meine Unabhängigkeit überall aufrecht, wo es geht. So habe ich es immer getan, und so werde ich dies auch weiter handhaben“, sagte der Ex-Militär bei seiner Pressekonferenz am Samstag.

Petr Honzejk | Foto:  Tschechischer Rundfunk

In der Stichwahl wird es für beide Kandidaten darum gehen, auch die Wähler der sechs unterlegenen Bewerber auf ihre Seite zu ziehen. Aber gerade für Andrej Babiš dürfte dies nicht die einzige Taktik sein. Dies merkte der Kommentator Petr Honzejk von der Wirtschaftstageszeitung „Hospodářské noviny“ in einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks an:

„Für Andrej Babiš sind zwei Dinge wichtig. Zum einen muss er die Wähler von Jaroslav Bašta für sich gewinnen, das sind rund 4,5 Prozent all derjenigen, die ihre Stimme in der ersten Runde abgegeben haben. Zum anderen wird er versuchen, möglichst viele Wähler des sozusagen demokratischen Lagers davon abzuhalten, in der zweiten Runde Petr Pavel zu unterstützen. Der Grund ist die hohe Wahlbeteiligung, sie lag bei über 68 Prozent, und Babiš dürfte nur relativ wenige weitere Stimmen hinzugewinnen. Er muss also möglichst viele Wähler der unterlegenen Kandidaten Danuše Nerudová, Pavel Fischer, Marek Hilšer und Marek Diviš vergraulen.“

Andrej Babiš | Foto: Michaela Říhová,  ČTK

Genau das versuchte der Ex-Premier gleich bei seiner ersten Pressekonferenz nach der Wahl am Samstag. Zwar gratulierte er Petr Pavel zum Sieg. Doch danach ging er in seinem 20-minütigen Monolog zum Angriff über. Darin stritt er abermals seine mögliche Mitgliedschaft in der tschechoslowakischen Staatssicherheit ab und machte sich stattdessen über die kommunistische Vergangenheit des früheren Generals her:

„Ich gratuliere Herrn Pavel, dass er es als kommunistischer Agent, der in Russland trainiert wurde, den Einmarsch der sowjetischen Truppen von 1968 begrüßt hat und Vorsitzender eines KPTsch-Verbandes war, bis in den Militärausschuss der Nato gebracht hat. Ich sage: Chapeau! Hut ab!“

Petr Pavel | Foto: Martin Vaniš,  Radio Prague International

Von seiner kommunistischen Vergangenheit hat sich Petr Pavel im Wahlkampf vor der ersten Runde schon mehrfach distanziert. Der 61-jährige Offizier bezeichnete sie als Fehler eines unreifen jungen Mannes. Deswegen wollte er auch nicht sonderlich auf die Vorwürfe eingehen, merkte aber dennoch an:

„Andrej Babiš hat sichtbar den Kopf verloren. Dabei verhält er sich jedoch so, wie wir ihn eigentlich kennen. Nur hat er noch sofort am Tag des Ergebnisses der ersten Runde der Präsidentschaftswahl einen Großteil seiner Munition an Lügen und Realitätsverzerrungen verschossen. Ich kann mich nicht zu jeder Lüge einzeln äußern, denn unsere Bürger haben schon während des Wahlkampfes die Antworten auf viele Dinge in meiner Vergangenheit gehört, die für manche problematisch sind.“

Angesichts dieses Starts in die zweite Runde des Wahlkampfs vermuten viele Beobachter in Tschechien, dass die Schlammschlacht eröffnet ist. Sie erinnern daran, dass dies auch bei den ersten beiden direkten Präsidentschaftswahlen so lief, als Miloš Zeman seinen Gegner in der Stichwahl jeweils mit allen Mittel anging und später dann gewann. Alžběta Králová vom Institut für politisches Marketing in Prag:

Zeitung Právo vom Montag  (16.1.2023) | Foto: Právo

„Meiner Meinung nach werden die Kandidaten nach einer Schwarz-und-Weiß-Strategie vorgehen, Gut gegen Böse. Das haben wir ja schon erlebt, und dieses Narrativ funktioniert. Ein positiv geführter Wahlkampf gewinnt in der Regel keine Abstimmung, so wie wir das in der ersten und zweiten direkten Präsidentschaftswahl bereits beobachten konnten. Dasselbe werden wir auch jetzt sehen.“

Für Petr Pavel könnte nun wichtig werden, wie intensiv und explizit ihm die unterlegenen Kandidaten unter die Arme greifen. Vier von ihnen hatten am Samstag bereits ihre Unterstützung angekündigt. Über die konkrete Hilfe hat Pavel am Montag bereits Gespräche aufgenommen.

Autor: Till Janzer
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