Machtbewusst und umstritten: Miloš Zeman scheidet am Mittwoch aus dem Präsidentenamt aus
Am Mittwoch um Mitternacht endet die zweite und letzte Amtszeit Miloš Zemans als tschechischer Staatspräsident. Damit verlässt ein langjähriger, machtbewusster und umstrittener Akteur die tschechische Politszene. Allgemein ist darüber Erleichterung zu verspüren.
Am Dienstagnachmittag ist Miloš Zeman bereits aus dem Präsidentensitz im Schloss Lány / Lana ausgezogen und hat sich in der Nähe in einem neu gebauten Privathaus eingerichtet. Das offizielle Ende seiner beiden Amtszeiten als tschechisches Staatsoberhaupt markiert die Einholung der Präsidentenstandarte auf der Prager Burg am Mittwoch um Mitternacht. Bis Zemans Nachfolger Petr Pavel am Donnerstag um 14 Uhr seinen Eid ablegt, hat Tschechien vorübergehend kein Staatsoberhaupt. Als Zeichen dafür bleibt in dieser Zeit das Haupttor der Burg geschlossen. Die Vertretung teilen sich formal der Premier und die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern.
Die erneute Öffnung der mächtigen Torflügel werde eine neue Ära in Tschechien einleiten, so die allgemein geäußerte Erwartung. Denn Miloš Zeman hat als Präsident polarisiert, polemisiert und seine eigene Agenda verfolgt. Obwohl die Funktion auch in Tschechien eher repräsentative Aufgaben hat, griff Zeman in seiner zehnjährigen Amtszeit immer wieder aktiv in die Politik ein und bewegte sich dabei hart an der Grenze der Verfassungsmäßigkeit. Er selbst behauptet, die Gesetze kreativ genutzt, aber nicht gegen sie verstoßen zu haben. Der Verfassungsrechtler Ondřej Preuss von der Prager Karlsuniversität spricht von Anzeichen eines halbpräsidialen Systems:
„Wenn er dies aber tatsächlich erreichen wollte, hätte ihm die Verfassung bereits einige Möglichkeiten geboten, zum Beispiel die Teilnahme an den Kabinetts- oder Abgeordnetenhaussitzungen. Diese hat Zeman allerdings sehr konsequent nicht genutzt.“
Zemans vermutlich umstrittenste Amtshandlung war 2013 die Ernennung der Expertenregierung mit Jiří Rusnok an der Spitze. Entgegen einem Misstrauensvotum des Parlaments beließ der Präsident das Kabinett damals 169 Tage lang im Amt. In einem Interview im Privatfernsehsender Prima gab Zeman am Sonntag dann auch selbst zu, dass dies ein Versuch gewesen sei, in Tschechien ein Präsidialsystem einzuführen. Ondřej Preuss dazu:
„Dies war mindestens ein Beispiel für eine Handlung an der Grenze der Verfassungsmäßigkeit. Der Präsident sollte nicht auf diese Weise vorgehen, sondern die Mehrheit im Abgeordnetenhaus respektieren. Es gibt aber noch weitere Beispiele, wie die Weigerung, bestimmte Minister zu ernennen, oder auch das lange Zögern bei der Abberufung von Ministern. Damit hat sich Präsident Zeman sogar über die Grenze der Verfassung hinausbewegt.“
Man kann davon ausgehen, dass Zeman immer genau wusste, was er tat. Immerhin begann er seine politische Karriere schon in den 1970er Jahren und wurde in der Wendezeit 1989 zunächst im Bürgerforum, dann in der Sozialdemokratie aktiv. Klára Dostalová (Partei Ano), ehemalige Ministerin für Regionalentwicklung, lobt dann auch Zemans Professionalität:
„Ich konnte mit Miloš Zeman immer gut verhandeln, denn er war grundsätzlich sehr gut vorbereitet. Ich habe immer sein wirklich unglaubliches Gedächtnis bewundert und auch seine Belesenheit. Man muss daran erinnern, dass er nicht nur Parteivorsitzender der Sozialdemokraten und Regierungschef war, sondern auch ein zweimal direkt vom Volk gewählter Präsident. Seine Erfahrungen waren also enorm.“
Positiv bewertet Dostalová zudem, dass Zeman mit zahlreichen Reisen innerhalb Tschechiens den Kontakt zu den Menschen gesucht habe. Seine beiden Siege in der Direktwahl zeugten dann auch von der hohen Beliebtheit Zemans in Teilen der tschechischen Bevölkerung. Seine Wähler mochten an ihm, dass er die Sprache des Volkes beherrschte. Politische und gesellschaftliche Kommentatoren kritisierten hingegen seine grobe bis vulgäre Ausdrucksweise. Diese richtete sich häufig auch in expliziter Weise gegen die Medien.
In der Kritik stand Zeman außerdem wegen seiner China- und Russland-freundlichen Außenpolitik. Dazu sagte Robert Čásenský, Chefredakteur des Investigativmagazins „Reportér“:
„Zemans Präsidentenmandat war ein Festival an Niederlagen. Aus den versprochenen chinesischen Investitionen wurde nichts. Seine Beziehung zu Russland war ein absolutes politisches Versagen. Und seine Wette auf Andrej Babiš hat er auch mindestens zweimal verloren – bei den vergangenen Parlaments- sowie bei den Präsidentschaftswahlen.“
Miloš Zemans letzte Amtshandlung war am Dienstag eine Amnestie für die Baufirma Energie stavební a báňska. Diese war wegen Vorteilsnahme bezüglich des Wildgeheges in Lány für drei Jahre von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen worden. Auch als Privatier wird Zeman ein offizielles Büro betreiben, dessen Leitung er an seine Frau Ivana übertragen hat.