Mein Gott! – Tschechischer Rundfunk bringt Karel Gotts Stimme mit Künstlicher Intelligenz zurück
Er war für seine samtene Stimme bekannt: der Schlagerstar Karel Gott. 2019 starb er bereits, doch der Tschechische Rundfunk hat zum 84. Geburtstag des Sängers dessen Stimme für einen Lesetext zurückgebracht. Und zwar mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz.
Am Donnerstagabend ist die Stimme von Karel Gott zurückgekehrt – und zwar mithilfe Künstlicher Intelligenz. Es handelte sich um eine Hörprobe zu einem Projekt des Tschechischen Rundfunks, das am Freitag startet. Dabei spricht die synthetisch hergestellte Stimme kleinere Passagen aus der postum erschienen Autobiographie von Karel Gott. Der Titel des Buches lautet „Má cesta za štěstím“, auf Deutsch übersetzt: „Mein Weg zum Glück“.
Für den Rundfunk ist das Projekt durchaus ein Wagnis.
„Niemand hat bisher so etwas hierzulande gemacht. Aber ich bin erleichtert: Nach einem Jahr Arbeit haben wir ein wirklich gutes Ergebnis erzielt. Zugleich empfinde ich eine gewisse Anspannung. Denn Karel Gott hat vielleicht Millionen Fans in diesem Land – und jeder wird das Ergebnis irgendwie bewerten“, so der Programmdirektor des Senders, Ondřej Nováček.
Das Projekt gehört im Übrigen zur 100-Jahresfeier des Rundfunks. Und am Freitag wäre Karel Gott 84 Jahre alt geworden. Jeden Tag nach 22 Uhr strahlt der zweite Kanal des Senders nun weitere Folgen aus der Autobiographie aus. Dabei haben die von der KI gesprochenen Passagen jeweils rund zwei Minuten Länge, den Rest liest ein Schauspieler.
Dass es sich immer nur um kurze Abschnitte mit der Stimme von Gott handelt, liegt an dem hohen Produktionsaufwand. Der Rundfunk griff für das Projekt auf eine eigene Sendung zurück, die der Schlagersänger über Jahre moderiert hat und in denen seine Lieblingsmusik erklang.
200 Stunden Material standen zur Verfügung, von denen letztlich 20 Stunden ausgefiltert wurden. Denn der KI-Sprachgenerator konnte nicht mit Passagen gefüttert werden, die mit Musik unterlegt waren. Aber auch die vielen englischen Wörter erwiesen sich als Problem. Die erste künstliche Stimme von Karel Gott hatte deswegen einen Sprachfehler. Erarbeitet wurde alles an der Westböhmischen Universität in Gotts Geburtsort Plzeň / Pilsen.
Am dortigen Lehrstuhl für Kybernetik leitet Jindřich Matoušek den Bereich „Sprachsynthese“:
„Das Künstliche Neuronale Netz schätzt auf der Basis einer phonetischen Übertragung der gesprochenen Wörter, wie das akustische Signal sein soll. Damit das Netz aber lernen kann, braucht es wahnsinnig viele Beispiele der Originalstimme – wie Karel Gott also einen bestimmten Text gesprochen hat.“
Erst als die künstliche Stimme von Karel Gott bestand, konnten die Redakteure des Tschechischen Rundfunks mit ihrer Arbeit beginnen. Sie haben Schritt für Schritt diese Stimme Passagen aus der Autobiografie des Sängers lesen lassen. Dabei mussten sie sich beispielsweise auch darüber den Kopf zerbrechen, wo die Atempausen hin sollen.
Eine weitere Hürde war die rechtliche Seite. Wichtig war dabei, dass Karel Gotts Witwe Ivana ihre Zustimmung zu dem Projekt gab. Sie sagt:
„Karels Lieblingssatz lautete: ‚Was sagen die Menschen dazu?‘ Da er aber seine Fans und Freunde gerne überrascht hat und ihn neue Technologien und Innovationen fasziniert haben, war ich innerlich überzeugt, dass ihn dieses Projekt begeistert und er es unterstützt hätte.“
Da es aber in Tschechien kein Gesetz gibt, dass den Umgang mit einer von KI geschaffenen Stimme reguliert, hat sich der Rundfunk selbst Grenzen auferlegt.
„Wir können die Stimme nicht für andere Sätze verwenden als jene, die die betreffende Person selbst gesagt oder geschrieben hat“, erläutert der Kreativproduzent Lukáš Sapík.
Dazu hat sich der Tschechische Rundfunk mit einem der besten Anwälte für Autorenrechte hierzulande beraten.
Karel Gott starb am 11. Oktober 2019 im Alter von 80 Jahren. Das Begräbnis des Sängers von Hits wie „Babička“ und „Biene Maja“ war ein großer gesellschaftlicher Event.