Altkatholische Kirche Tschechiens weiht die ersten Frauen zu Priesterinnen
Die altkatholische Kirchengemeinde Tschechiens hat am Samstag erstmals zwei Frauen in das Priesteramt erhoben. Was in anderen Kirchen hierzulande schon eine 70-jährige Tradition hat, ist im katholischen Umfeld erst seit vergangenem Jahr möglich.
Das Pilgerfest auf dem Prager Petřín / Laurenziberg hielt in diesem Jahr einen besonderen Programmpunkt bereit. Am Samstag wurden in der dortigen St.-Laurentius-Kirche die ersten beiden Frauen zu Priesterinnen der altkatholischen Kirche Tschechiens geweiht. Eine von beiden ist Noemi Kosourová. Sie war bisher Diakonin der Pfarrei in Havlíčkův Brod / Deutschbrod. Ambitionen auf ein höheres Amt seien ihr lange Zeit vorenthalten worden, sagte Kosourová in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Im vergangenen Jahr gab es in unseren Pfarreien aber eine Umfrage, ob das Priesteramt für Frauen für uns Altkatholiken akzeptabel und auch notwendig sein könnte. Das Ergebnis dieser Erhebung war eindeutig dafür, und im Folgenden nahm auch die Synode diesen Beschluss an. Noch vor dieser Synode fragte mich unser Bischof, ob ich in meinem Dienst fortschreiten und die Priesterweihe annehmen wolle. Und darauf habe ich mit ja geantwortet.“
Ihr Engagement in der Altkatholischen Kirche Tschechiens hat Kosourová quasi geerbt. Ihr Vater leitete lange die Pfarrei in Havlíčkův Brod. Als er aus dem Amt schied und es keinen Nachfolger gab, übernahm die Tochter die neue Aufgabe…
„Da wir eine tolle Gemeinschaft sind, wäre es schade gewesen, wenn die Pfarrei eingegangen wäre. Obwohl es mir am Anfang ein bisschen wie eine Pflicht vorkam, hat sich dies im Laufe der Zeit doch in eine große Freude verwandelt. Das Priesteramt sehe ich nun als Herausforderung – nicht nur für mich als Frau, sondern auch für meine Persönlichkeit. Es ist aber eine verlockende Herausforderung.“
Mit der Weihung von Noemi Kosourová und ihrer Kollegin Darina Bártová aus Prag wird der Synodenbeschluss vom Oktober vergangenen Jahres umgesetzt. Martin Vaňáč ist Theologe und Kirchenhistoriker an der Prager Karlsuniversität. Er kommentiert:
„Damit wird etwas beseitigt, das man als Diskriminierung bezeichnen könnte. Für Frauen war in der Altkatholischen Kirche Tschechiens bisher nur die niedrigste Stufe der Ordination zugänglich – also in der Dreierabfolge Diakon, Priester und Bischof. Mit der Entscheidung der Synode wurden diese Ämter für Männer und Frauen geöffnet. Dies ist ein bedeutender Schritt. Bisher kannten wir dies nur aus dem protestantischen Umfeld. In katholischen Kreise ist dies ein ziemliches Novum.“
Damit täte es Tschechien nun den meisten seiner Nachbarländer gleich, fährt Vaňáč fort:
„Die altkatholischen Kirchen sind in der Utrechter Union zusammengeschlossen. In dieser überwiegt heute die Zustimmung zur Priester- und auch zur Bischofsweihe für Frauen. In diesem Jahr hat in Österreich die erste Frau das Bischofsamt übernommen. In den Kirchen in Deutschland, Österreich oder der Schweiz sind Ämter für Frauen also bereits üblich. Die einzige Einrichtung in diesem Verbund, die dies noch ablehnt, ist die altkatholische Kirche in Polen.“
Die Polnisch-Nationalkatholische Kirche in den USA sei sogar aus der Utrechter Union ausgetreten, weil sie die Öffnung hoher Ämter für Frauen nicht mittragen wolle, fügt der Wissenschaftler hinzu. In den orthodoxeren Gemeinden weltweit sei dies nach wie vor ein kontroverses Thema. Das träfe auch für Tschechien zu. In den meisten Glaubensgemeinden gebe es hierzulande allerdings den gegenteiligen Trend, so Vaňáč:
„In Tschechien nehmen Frauen in der Mehrheit der Kirchen hohe Ämter ein. Bei manchen Religionen ist dies zwar nur in der jeweiligen Verfassung festgehalten, weil in der Praxis die Kandidatinnen fehlen. Aber der Dienst steht Männern und Frauen ohne Unterschied offen. Eine deutlich ablehnende Haltung dazu haben hierzulande nur die orthodoxe und die römisch-katholische Kirche. Im Gegensatz dazu wird es im Herbst dieses Jahres schon 70 Jahre her sein, dass die ersten Frauen Ämter in der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder ausüben durften. Eine noch längere Tradition hat die Tschechoslowakische Hussitische Kirche, in der dies schon seit 1947 möglich ist.“
Noemi Kosourová jedenfalls freut sich darauf, in der Altkatholischen Kirche hierzulande eine neue Tradition zu begründen. Das Priesterinnenamt werde sie in ihrer Freizeit ausüben und ihren Zivilberuf als Abteilungsleiterin beim Arbeitsamt behalten, betont die Presbyterin. Gut gerüstet fühle sie sich auch durch die Unterstützung aus ihrem Umfeld:
„Ich muss zugeben, dass ich von den vielen positiven Reaktionen sogar überrascht bin. Das gilt vor allem für Menschen, die mit der Kirche kaum Erfahrungen haben. Negative Reaktionen habe ich eigentlich gar keine erhalten – wobei ich die sozialen Netzwerke ausnehme, denn das ist immer nur so ein Schrei ins Leere.“