Vor 1500 Jahren geraubte Goldjuwelen: Museum in Rakovník zeigt archäologischen Sensationsfund

Vor einigen Jahren wurden in der Nähe der Stadt Rakovník einzigartige goldene Juwelen gefunden.

Vor einigen Jahren wurden in der Nähe der Stadt Rakovník einzigartige goldene Juwelen gefunden. Der Schatz aus der Zeit der Völkerwanderung ist derzeit im dortigen Museum zu sehen. 

Kateřina Blažková | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Die Ausstellung, die im Museum in Rakovník gezeigt wird, trägt den Titel „Rätselhafte Goldjuwelen“. Mit den Juwelen werden eine herrliche Gürtelschnalle, ein Ring und ein verzierter Halfterteil gemeint. Die Ausstellung sei so gestaltet worden, dass sie zwei Zugänge zum goldenen Schatz in der Goldkammer biete, erzählt Archäologin Kateřina Blažková:

„Auf der rechten Seite werden die Resultate der Laboranalysen der Fundstücke beschrieben. Die Analysen wurden binnen 18 Monaten durchgeführt, bevor die Ausstellung zusammengestellt wurde. Auf der linken Seite werden die Geschichte des archäologischen Fundes und die Suche nach Analogien in Europa geschildert. Denn in Tschechien gibt es keinen vergleichbaren Fund. Nach den Laboranalysen wissen wir, dass es sich bei den Juwelen um reines Gold aus dem Alpengebiet handelt. Die Schnalle ist zudem mit indischen Almandinen gefüllt, die aus Rajasthan und aus Sri Lanka stammen. Am wichtigsten ist die Verzierung der Schnalle mit böhmischen Granaten. Diese Erkenntnis sorgte für Aufsehen unter den Mineralogen und Gemmologen. Denn es handelt sich um einen der ältesten Belege für die Nutzung von böhmischen Granaten überhaupt.“

Aus diesem Grund stufen die Mineralogen den Fund im Rahmen der Tschechischen Republik laut Kateřina Blažková auf Rang drei ein – nach den böhmischen Kronjuwelen und dem Reliquiar des Heiligen Maurus.

Die Ausstellung „Rätselhafte Goldjuwelen“ | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Vergleichbar sind Juwelen, die aus der Grabausstattung des fränkischen Königs Childerich I. stammen, der im Jahr 481 starb. Analysiert wurden sie 2010 in Paris. Bei den Analysen der nahe Rakovník gefundenen Gürtelschnalle wurde bestätigt, dass es sich um eine Arbeit auf demselben Niveau wie bei Childerich handelt und dass sie vermutlich in derselben Werkstatt kreiert wurde. In der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts konnte es nur eine kaiserliche Werkstatt gegeben haben. In Frage kommen Ravenna oder Konstantinopel im Oströmischen Reich.“

Haben die Räuber das Versteck nicht wiedergefunden?

Die Ausstellung „Rätselhafte Goldjuwelen“ | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Zur Zeit der Völkerwanderung wurden der Archäologin zufolge viele der Gräber, die sich auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik befanden, ausgeraubt. Auch bei dem ausgestellten Fund geht es ihren Worten zufolge um Gegenstände, die aus einem ausgeraubten Grab stammen. Die mutmaßlichen Räuber versteckten die Sachen in einem Loch, das sich nur etwa 15 Zentimeter unter der Erde befand. Dort haben sie 2020 zwei Brüder, die mit dem Museum zusammenarbeiten, mit Metalldetektoren aufgespürt. Die Gegenstände sind den Worten der Archäologin zufolge einst von den Räubern aufgeteilt worden, und das, was gefunden wurde, war nur ein Rest des ursprünglichen Schatzes. Kateřina Blažková:

„Der Rest – ein Ring und eine zerbrochene Gürtelschnalle – wurde unter der Erde für künftige Zeiten versteckt. Die Räuber schafften es aus irgendwelchen Gründen aber nicht mehr, die Sachen abzuholen. Warum? Auf diese Frage gibt es verschiedene Antworten. Es kann sein, dass sie nicht mehr in der Lage waren, das Versteck wiederzufinden, weil sich die Landschaft inzwischen verändert hatte. Ich halte es jedoch für wahrscheinlicher, dass es vielleicht zu einem Konflikt zwischen ihnen kam. Es ist auch möglich, dass die Diebe versuchten, eine Hälfte der wertvollen Gürtelschnalle zu verkaufen, jemand aber erkannt hatte, dass es sich um einen königlichen Juwel handelte und die Räuber dafür bestraft wurden. Dies ist eines der Rätsel der Goldjuwelen, das wir nicht erklären können. Vor allem aber wissen wir nicht, wem die Juwelen vorher gehört haben.“

Die Ausstellung „Rätselhafte Goldjuwelen“ | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Bei den Laboranalysen wurde nicht nur untersucht, wie die Juwelen hergestellt und verziert wurden. Es wurden auch Spuren dessen gefunden, wie der Schmuck getragen und die Schnalle in zwei Hälften gebrochen wurde.

„Dadurch wissen wir, dass die Schnalle mit der handwerklich sehr komplizierten Cloisonné-Technik kreiert wurde. Diese war in der Antike bekannt, aber heutzutage beherrscht sie kaum noch jemand. Aus dem Grund wird es sehr anspruchsvoll sein, eine Replik herzustellen.“

Neben der Grabausstattung von König Childerich I. und den Funden aus den Prunkgräbern im rumänischen Apahida sind die Juwelen von Rakovník das dritte Beispiel für die Verzierung mit Cloisonné-Technik der Zeit. Der Fund habe auch im Ausland viel Interesse geweckt, erzählt Kateřina Blažková:

„Im April letzten Jahres haben wir einen Bildband in tschechischer und englischer Fassung herausgegeben. Das englische Buch wurde in ganz Europa verkauft. Wir haben Experten zur Zusammenarbeit eingeladen, die die Analogien beschreiben konnten, sodass wir 25 Co-Autoren hatten. Jede Woche bekommen wir Anfragen von Menschen aus verschiedenen Regionen der Welt, die das englische Buch bestellen. Dieses ist inzwischen fast vergriffen, sodass wir einen Nachdruck planen. Der Fund ist also wirklich bekannt geworden. Einige VIPs haben unser Museum besucht. Das Buch wurde im Ausland rezensiert. Die Fundstücke sind im gesamteuropäischen Maßstab wirklich bedeutend.“

Vor einigen Jahren wurden in der Nähe der Stadt Rakovník einzigartige goldene Juwelen gefunden. | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Zwei Kilometer von dem Ort entfernt, an dem der Ring und die Gürtelschnalle entdeckt wurden, wurde ein Jahr später ein weiterer Gegenstand gefunden. Es war ein vergoldeter Teil eines Halfters vom Ende des 6. Jahrhunderts. Die Archäologin erinnert daran, dass bereits 2014 im Norden von Rakovník ein ähnlicher Teil des Halfters gefunden wurde.

„Auch dieser Gegenstand stammte aus dem 6. Jahrhundert oder vom Beginn des 7. Jahrhunderts. Die beiden Halfter sind mit Gegenständen vergleichbar, die sich in den Bootsgräbern in Valsgärde in Schweden befanden. Diese stammen aus der Vendelzeit. Unsere Funde setzen wir in Verbindung mit der ehemaligen Burgstätte von Dřevíč. Dort wurden bereits zuvor Gegenstände gefunden, die der damaligen Elite gehört haben mussten.“

Auf dem Gebiet der Burgstätte wurden laut der Archäologin Bronzespangen aus dem 6. Jahrhundert und arabische Münzen aus dem 10. Jahrhundert gefunden.

Gold aus den Alpen, Almandinen aus Indien

In der Vitrine in der Goldkammer können sich die Besucher die Juwelen nicht von allen Seiten anschauen. Einen genaueren Blick ermöglicht ihnen jedoch ein Bildschirm.

„Gut zu erkennen sind beispielsweise die Nieten, mit denen die Platte am Gürtel befestigt war. Bei einer Laboranalyse wurden sogar einige Fäden vom Ledergürtel gefunden. Bei den Forschungen fanden wir zudem eine Goldfolie, die unter die Edelsteine gelegt wurde, und eine Einlage aus Almandinen, die herausgefallen war. Die Platte der Gürtelschnalle ist mit vier Vögeln verziert.“

Rakovník | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Bemerkenswert ist, dass die Gegenstände aus Gold gestaltet wurden, das aus den Alpen stammte. Dabei wurden sie mit Almandinen aus Indien und Granaten aus Böhmen verziert. Die Archäologin erzählt, dass sich ein Vertriebsnetz von Prospektoren, die nach den geeigneten Edelsteinen für die Juweliere suchten, im Weströmischen Reich etabliert habe…

„Auch wenn das Weströmische Reich 476 unterging, hatte das Vertriebsnetz für die neuen germanischen Eliten überlebt. Wir wissen nicht, ob die Juwelen in Ravenna entstanden sind. Die Motive entsprechen eher dem Oströmischen Reich. Die Gegenstände wurden vielleicht dort angefertigt, aber Ravenna kann eine Vermittlerrolle gespielt haben. In jedem Fall belegt der Fund, wie die Regionen in Europa miteinander verbunden waren. Es war offensichtlich kein Problem, im Böhmischen Mittelgebirge von jemandem Granate zu kaufen. Diese wurden dort schon im 5. Jahrhundert gefördert. Diese Vermutung wurde jedoch erst in den letzten 15 Jahren bestätigt.“

Wie konnte sich die Geschichte mit den Juwelen abgespielt haben? Kateřina Blažková:

„Es gab einen König, der die Juweliere in Ravenna mit der Herstellung von Juwelen beauftragte, die er kannte. Er musste gewusst haben, dass jemand etwas Ähnliches trägt. Ob er Childerich kannte, weiß ich nicht. Jetzt stellt man sich vor, wie die einzelnen Materialien zusammengetragen wurden: Gold aus den Alpen, Almandinen aus Radjasthan, Granate aus Böhmen. Das alles wurde nach Ravenna gebracht, von dort aus nach Konstantinopel und dann wurden die fertigen Sachen dem germanischen König zurückgebracht. Dieser wurde hier irgendwo bestattet. Und die Räuber versteckten den Schatz in einem Loch in der Nähe einer Straße. Es ist schon eine spannende Geschichte.“

Die Ausstellung über die rätselhaften Goldjuwelen im Museum in Rakovník ist bis 26. Juni dieses Jahres zu sehen. Das Museum ist außer montags täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet.

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