Weltkriegsmunition: Beim Autobahnbau in Südböhmen muss regelmäßig der Kampfmittelräumdienst ran
Seit Anfang des Jahres wird in Südböhmen an einem neuen Abschnitt der Autobahn in Richtung Österreich gebaut. Doch die Arbeiten dort kommen langsam voran – weil immer wieder Munition aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wird.
Schon wieder ist der Kampfmittelräumdienst im Einsatz: Beim Bau der tschechischen Autobahn D3 an der Grenze zu Österreich war Anfang März eine erstaunlich große Menge an Weltkriegsmunition gefunden worden. Die Sprengkörper wurden zur kontrollierten Explosion gebracht.
Archäologen sind sozusagen die Vorhut der Straßenbauer. Mit Metalldetektoren untersuchen sie die Gegend zwischen Rybník und Dolní Dvořiště. Seit Anfang dieses Jahres haben sie dort schon mehrere Hundert Kilogramm an alter Munition entdeckt. Denn hier zogen 1945 mehrere Armeen durch und hinterließen ihre Ladungen. Tomáš Pancíř vom Südböhmischen Museum (Jihočeské muzeum) in České Budějovice leitet die Untersuchungen:
„Unweit von hier sind wir auf immer mehr Hinterlassenschaften des Weltkriegs gestoßen. Dort lag zum Beispiel das Rohr einer Panzerfaust. Die Suche mit den Metalldetektoren unternehmen wir natürlich im Zusammenspiel mit den Kampfmittelräumern jener Firmen, die dafür zuständig sind. Falls wir dabei etwas entdecken, das den Charakter von Munition hat, dann halten wir uns zurück. Die Bergung und den Umgang damit überlassen wir lieber den Experten.“
Laut Pancíř wurde das meiste Material bisher in Gruben gefunden…
„Wir haben insgesamt zwölf solcher Gruben ausfindig gemacht. Darin lagen etwa Granaten, Sprengstoff unterschiedlicher Art und Munition. Die Funde konzentrierten sich entlang eines Wegs, das Material ist wohl bei Räumarbeiten in den Gruben gelandet oder nach Konfiskationen am Ende des Krieges. Zum Teil hatte auch die tschechoslowakische Armee die Verantwortung. In einer großen Grube befanden sich zum Beispiel rund einhundert Kilogramm Infanteriemunition“, so der Archäologe.
All dies wurde fachmännisch entsorgt. Doch ungefährliche Gegenstände sammeln die Archäologen selbst. Tomáš Pancíř wühlt in einer blauen Kiste mit Fundstücken aus der Gegend:
„Hier haben wir beispielsweise Knöpfe von einer ungarischen Uniform und ein Futteral für ein Bajonett. Sehr häufig sind wir hier auf deutsche und ungarische Gasmasken gestoßen sowie auf weitere unterschiedliche Teile der Ausrüstung.“
Dass gerade bei Dolní Dvořiště der Boden gespickt ist mit Hinterlassenschaften mehrerer Armeen, liegt daran, dass hier die Demarkationslinie verlief.
„Die ersten, die den Ort befreit haben, waren Einheiten der US-amerikanischen Armee. Meines Wissens geschah dies am 7. Mai 1945. Ihnen folgten zwei Tage später die sowjetischen Streitkräfte. Dann zog man die Demarkationslinie, und zwischen Rybník und Dolní Dvořiště fanden Gefangenenaustausche statt. Ebenso wurde unterschiedliches Material aufbereitet, das die abziehenden Armeen zurückließen“, erläutert Pancíř.
Nicht alle Munition, die bei der Untersuchung des Bodens gefunden wird, kann jedoch abtransportiert werden. Dann sind die Kampfmittelräumer der Polizei gefordert...
„In einigen Fällen ist die Munition so stark korrodiert, dass sie nicht mehr bewegt werden sollte und vor Ort gezündet wird“, sagt Jiří Matzner, Sprecher der Polizei in Südböhmen.
Erst wenn das gesamte Terrain sorgfältig abgesucht wurde, können die Bauarbeiten beginnen. Der Abschnitt der Autobahn D3 zwischen Nažidla und Dolní Dvořiště soll 2026 fertig sein.
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