Streik an Gerichten in Tschechien: Mitarbeiter fordern höhere Löhne

An den Gerichten in Tschechien wird seit Montag gestreikt. Denn die dortigen Bediensteten wollen mehr Lohn. Aber sind die Forderungen realistisch? Und wie wirkt sich der Arbeitskampf auf den Justizbetrieb aus?

Drei Tage lang soll der Streik an den tschechischen Gerichten dauern, der am Montag begonnen hat. Protokollanten, IT-Angestellte, die Assistenten von Richtern oder weitere Bedienstete fordern mehr Geld. Einer, der am Montag nicht in die Arbeit gegangen ist, ist Viktor Janča. Er ist als Assistent eines Richters am Bezirksgericht von Zlín / Zlin angestellt und sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

„Die Gehälter, die auf den Anwerbeplakaten großer Supermarktketten angeboten werden, sind oft höher als unsere. Wir wollen, dass unsere Löhne so gut sind, wie die unserer Kollegen in anderen staatlichen Ämtern. Denn wir denken, dass unsere Arbeit genauso viel Wert ist.“

Foto: Michaela Danelová,  iROZHLAS.cz

Eine Angestellte eines Gerichts in der Gegend um Ústí nad Labem / Aussig sagte dem Tschechischen Rundfunk, dass sie für ihre Arbeit monatlich 23.000 Kronen netto verdiene, umgerechnet sind das 910 Euro. Anderswo in Tschechien werden teils noch geringere Gehälter bezahlt. Die Gewerkschaften hatten in den aktuellen Verhandlungen 15 Prozent mehr Lohn gefordert.

Doch es sind nicht nur die niedrigen Gehälter, die die Streikenden kritisieren. Es sind auch die hohen Lohnunterschiede zwischen den einzelnen Positionen. Eine weitere zentrale Forderung ist deshalb die nach neuen Tariftabellen. Wenngleich die Verhandlungen mit den Spitzen des Finanz- und des Justizministeriums am vergangenen Donnerstag dahingehend keine Einigung brachten, zeigte sich Justizminister Pavel Blažek (Bürgerdemokraten) bereit, erneut ins Gespräch zu treten:

„Durch die Inflation sind sich mit einem Male alle bewusstgeworden, dass sie zu wenig Geld haben. Das ist nun einmal die Realität. Die Löhne werden steigen, und es muss Änderungen im System geben, damit sich die Justizangestellten in Zukunft nicht wieder in der gleichen Situation befinden und es zu Streiks kommt.“

Pavel Blažek | Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

Die Gewerkschaften werden ihre Streikbereitschaft nach dem Ende des dreitägigen Ausstands aber nicht aufheben. Die Änderungen bei den Tariflöhnen sollen nämlich noch in dieser Legislaturperiode, das heißt bis Herbst kommenden Jahres, durchgeboxt werden.

Aber was sagen eigentlich die Richter zu den aktuellen Protesten? Libor Vávra, der Präsident des tschechischen Richterverbandes, sprach sich öffentlich für die Streikmaßnahmen aus. Und auch der Vorsitzende des Bezirksgerichts in Vsetín / Wsetin, Pavel Kotrady, sagte dem Tschechischen Rundfunk:

„Tschechien hat eines der am schnellsten funktionierenden Justizsysteme in Europa. Der Öffentlichkeit muss aber klarwerden, dass es auch Geld kostet, wenn das so bleiben soll.“

Wegen der gesetzlichen Vorgaben ist es den Richtern selbst aber nicht erlaubt, an Warnstreiks teilzunehmen.

Libor Vávra | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Den Justizgewerkschaften zufolge haben am Montag an den Kreisgerichten zwei Drittel aller Angestellten ihre Arbeit niedergelegt. Auch in den kleineren Bezirksgerichten beteiligen sich viele der Bediensteten, denn dort sind die Löhne oft besonders niedrig. Am Bezirksgericht von Prag 2 etwa hatten 95 Prozent der Angestellten zuvor angekündigt, nicht in die Arbeit zu kommen. Magdaléna Kubrychtová ist die Vorsitzende dieses Gerichts und sagt:

„Einige strafrechtliche Verhandlungen mussten abgesagt werden, da dabei immer ein protokollierender Beamter anwesend sein muss. Aber auch zivilrechtliche Verfahren sind vertagt worden.“

Wegen des Streiks bleiben bis Mittwoch zudem die Zahlstellen vieler Gerichte geschlossen, ebenso die Informationszentren und weitere Einrichtungen für den Besucher- und Publikumsverkehr. So ist etwa auch die Akteneinsicht vielerorts nicht möglich. Ebenso wenig werden Urteile postalisch versandt.

Nicht beteiligt am Arbeitskampf ist im Übrigen das Verfassungsgericht, da es nicht aus den Töpfen des Justizministeriums finanziert wird. Die Bediensteten der höchsten rechtsprechenden Institution in Tschechien sprachen den Angestellten der Bezirksgerichte in einem Brief an Justizminister Blažek aber ihre Unterstützung aus.

Autoren: Ferdinand Hauser , Vít Andrle
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