EU-Migrationspolitik: Tschechischer Premier Fiala fordert in Brüssel mehr Rückführungen
Am Donnerstag haben die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten in Brüssel erneut die Migrationspolitik diskutiert. Tschechien gehört zu jenem Lager, das ein härteres Vorgehen gegen nicht legalisierte Migranten fordert.
„Für mich war die Debatte zur Migration sehr ermutigend. Es hat sich gezeigt, dass sich die Positionen wirklich annähern. Es werden immer mehr Staaten, die bereit sind, wirksamere Schritte vorzunehmen und neue Wege zu finden im Umgang mit der illegalen Migration.“
So fasste der tschechische Premier, Petr Fiala, gegenüber den Reportern des Tschechischen Rundfunks die Stimmung auf dem EU-Gipfel am Donnerstag zusammen. Zuvor hatte er gegenüber der Presse geäußert, dass die Rückführungspolitik grundlegend geändert werden müsse. Es würden zu wenige Menschen, deren Asylantrag in der EU abgelehnt wird, tatsächlich auch wieder in ihre Heimatländer zurückgeschickt, so Fiala.
Dazu sollte erwähnt werden, dass nichts bekannt ist über Abschiebungen, die in Tschechien beschlossen und durchgeführt werden. Nicht legalisierte Migranten werden hierzulande vor allem auf dem Transit in weiter westlich gelegene Länder, üblicherweise nach Deutschland, abgefangen. Ein Aufnahmeland ist Tschechien nicht. Dennoch nehmen Fiala und seine Regierung eine deutlich kritische Haltung ein zum EU-Migrationspakt, der erst im Frühjahr dieses Jahres beschlossen wurde. Konkret sagt der Kabinettschef:
„Wir müssen wirklich mutiger werden und schneller in unseren Reaktionen. Einige Beispiele einer erfolgreichen Praxis gibt es schon. So kann etwa die Kooperation zwischen Italien und Albanien als Modell dienen. Auch mit Tunesien und Libyen gibt es eine bessere Zusammenarbeit, durch die der Druck auf die Migrationsroute über das Mittelmeer sinkt.“
Mit dem Verweis auf Italien spielt Fiala auf eine neue Praxis der dortigen Regierung an. Seit dieser Woche werden Menschen, die über das Mittelmeer in das Land wollen und noch auf See abgefangen werden, in Auffanglager nach Albanien geschickt. Dort – also vor den Grenzen der EU – werden nun ihre Asylanträge geprüft. Bei einer Ablehnung gelangen sie somit gar nicht erst auf EU-Gebiet.
Die italienische Regierungschefin, Giorgia Meloni, stellte dieses Konzept auf einem extra Treffen vor, das am Donnerstagmorgen noch vor dem eigentlichen EU-Gipfel stattfand. Mit dabei waren die führenden Köpfe von Dänemark, den Niederlanden, Tschechien, Estland, Zypern, der Slowakei, Malta, Österreich, Polen und Ungarn. Und auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nahm spontan teil, um sich die kritischen Stimmen anzuhören.
Diese fühlen sich zunehmend gestärkt, wie Fialas anschließende Äußerungen zeigen. Tatsächlich war eine offene Debatte über Flüchtlingslager, die die EU in Drittländern einrichtet, bis vor kurzem noch ein Tabu. Fiala sieht damit nun aber die Richtung für die kommenden EU-Gipfel gegeben:
„Ein neuer Rechtsrahmen für die Rückschickungen, einschließlich der Auffanglager in Drittländern – an diesen Dingen wird künftig gearbeitet.“
Diesbezüglich gibt es allerdings auch noch gewichtige Gegenstimmen. Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwa zweifelt die Funktionalität solcher ausgelagerten Flüchtlingslager an. Er betonte am Donnerstag zudem, dass Europa auch Zuwanderung brauche, und hatte in diesem Punkt die Unterstützung vom spanischen Premier, Pedro Sánchez.
In die Abschlusserklärung des EU-Gipfels hat es der Vorschlag für Auffanglager noch nicht geschafft. Bisher wird die Europäische Kommission in dem Papier aufgefordert, bessere Gesetze für die Rückführung abgelehnter Asylbewerber auf den Weg zu bringen. Ursula von der Leyen hat bereits zugesagt, bald einen Entwurf vorzulegen.
Ein zweiter wichtiger Tagespunkt in Brüssel war die Rede des ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskyj, bei der er für seinen Friedensplan warb. Dessen fünf Punkte betreffen zum Beispiel die Stationierung von Abschreckungswaffen in Richtung Russland, direkte Angriffe der ukrainischen Armee auf russischem Gebiet oder die verbindliche Einladung der Ukraine in die Nato. Damit solle Russland zu diplomatischen Schritten gezwungen und der Krieg im kommenden Jahr beendet werden, führte Selenskyj aus. Die Verbündeten der EU geben sich aber immer noch zurückhaltend. Auch am Donnerstag wurden Befürchtungen geäußert, dass die Nato in den Krieg hineingezogen werden könne. Stellvertretend steht der Kommentar Petr Fialas:
„Die Lösung, die wir uns alle wünschen, ist ein anhaltender Frieden mit allen Garantien für die Ukraine. Der Weg dorthin ist aber noch lang.“