Politik statt Tourismus - internationales Treffen der sozialen Bewegungen in Athen

Фото: Европейская комиссия

Florenz, Pisa, London - eines haben diese Metropolen gemein: sie haben in den letzten Jahren das Europäische Sozialforum und damit das größte europäische Treffen globalisierungskritischer Organisationen und politischer Netzwerke beherbergt. In der nächsten Woche werden sich die grenzüberschreitenden sozialen Bewegungen in Athen treffen. Auch Tschechinnen und Tschechen werden vom 4. bis 7. Mai unter dem Motto "Für ein anderes Europa - Gegen den Geist des Neoliberalismus" mitdiskutieren. Susann Reissig hat sich mit zwei von ihnen getroffen.

Mehr als 40.000 Leute werden erwartet, um sich unter anderem mit Themen wie Krieg und Frieden, Globalisierung, Migration, Rassismus und Rechtsextremismus, Menschenrechten, Arbeitslosigkeit und Umweltschutz auseinanderzusetzen. Aber spielen diese Themen überhaupt eine Rolle in der tschechischen Gesellschaft? Der Dozent für Soziologie und Geschichte an der Karlsuniversität Jan Holubec, der in Athen auch einen Workshop leiten wird, meint:

"Diese Themen sind auch in dem gesellschaftlichen Diskurs in Tschechien vertreten, was nur fehlt, sind linksdemokratische Standpunkte. In Tschechien sind die Mainstreammedien sehr liberal-konservativ orientiert und es wird nur sehr wenig über Themen wie Sozialforum, Lateinamerika oder die heutigen sozialen Unruhen in Frankreich berichtet."

Auch weil die Tradition der sozialen Bewegungen mehr als 50 Jahre unterbrochen war und der Staatssozialismus Begriffen wie "sozial" und "links" einen schlechten Beigeschmack eingebracht hat, ist die Sozialforumsbewegung in Osteuropa heute vielleicht die schwächste in Europa. Aber Jan Holubec ist verhalten optimistisch, denn:

"es ändert sich langsam und besonders in den letzten Jahren im Zusammenhang mit dem Irakkrieg können wir eine Wiedergeburt der sozialen Bewegung in Osteuropa beobachten."

So machen sich dieses Jahr auch rund 50 tschechische Aktivisten auf den Weg nach Athen, unter ihnen Studenten, Vertreter der Jugendorganisationen der Kommunistischen Partei und der Grünen, linke Christen und die Jugendgruppe "Revolution". Denn, wie Martin Mikula von der tschechischen Initiative für ein Sozialforum sagt, auf der einen Seite sind die tschechischen Jugendlichen sensibler für soziale Ungerechtigkeit, aber:

"auf der anderen Seite haben die jungen Leute in Tschechien dieselben Probleme wie in Westeuropa, dass heißt Kürzungen im Bildungsbereich, die Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen und so weiter."

Was sich die tschechischen Linken von dem Europäischen Sozialforum, erhoffen? Martin Mikula spricht wohl für Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus ganz Europa, wenn er sagt:

"Aber die Hauptsache ist, dass der Kampf beziehungsweise die Offensive gegen den Sozialabbau in ganz Europa koordiniert wird."