„Big Thing“: Prager Kunsthochschüler stellen in Halle aus

Blick in die Ausstellung „Velká Věc / Big Thing“ in Prag

Die sachsen-anhaltinische Saalestadt Halle und die tschechische Moldaumetropole Prag verbindet unter anderem eine Kooperation der jeweiligen Kunsthochschulen. Und die nimmt derzeit an Fahrt auf.

In der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle werden derzeit die Arbeiten von Studierenden der Prager Kunstgewerbeschule Umprum ausgestellt. Jule Reuter ist die Kuratorin der Galerie der „Burg“ und erklärt im Gespräch mit Radio Prag International, wie es zu der Ausstellung gekommen ist:

„Der Rektor der Umprum, Jindřich Vybíral, schrieb eine E-Mail an unsere Rektorin. Er meinte, dass man diese tolle Ausstellung hätte, zwischen der ‚Burg‘ und der Umprum schon lange eine Kooperationsvereinbarung bestünde und man die Arbeiten womöglich in Halle zeigen könnte.“

Foto: Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

Was folgte, war zunächst ein Besuch von Reuter und weiteren Universitätsvertretern aus Halle in der Kunsthochschule an der Moldau…

„Es wurde zum einen deutlich, dass die Ausstellung wirklich toll ist und eine Bereicherung – sowohl für unsere Studierenden als auch für die Hallenser Bevölkerung. Zum anderen zeigte sich, dass unsere Schulen sehr ähnlich aufgestellt sind, auch von ihrer Geschichte her.“

Wie Reuter zudem ausführt, sei es schlichtweg überfällig gewesen, eine Prager Ausstellung nach Halle zu holen. Denn die Kooperation zwischen den Kunsthochschulen bestehe bereits seit DDR-Zeiten.

25 Arbeiten aus Prag in Halle

Die nun eröffnete Werkschau der Prager Studierenden trägt den Titel „Big Thing“. Sie zeigt 25 Arbeiten von Umprum-Studenten, die allesamt politische, soziale oder ökologische Herausforderungen unserer Zeit reflektieren. Zudem werfen die Exponate die Frage auf, wie Kunst und Design zu positiven Veränderungen in der Gesellschaft beitragen können. Jule Reuter sagt:

„Uns hat das Thema sehr interessiert. Dahinter steht ein junges Kuratorenteam und dessen Reflektion, dass ihre Generation mit vielen Problemen konfrontiert ist. Diese können Zukunftsangst auslösen oder zu der Haltung führen, dass man nichts damit zu tun haben will. Dass man aufhört, die Nachrichten zu lesen, und den Computer ausschaltet. Dem wollten sie etwas entgegensetzen. Deshalb wurden kompakte, empowernde Projekte ausgewählt, die in kleinen Schritten zeigen, dass Veränderung möglich ist. Das ist wichtig, denn bei großen Veränderungen hat man ja oft das Gefühl, dass man ohnmächtig ist und gar nichts ausrichten kann.“

Jiří Macků – Apparent time | Foto: Tomas Zumr,  Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

Eine der Arbeiten, die Reuter besonders gut gefällt, heißt „Wasted Earth“. Sie stammt von der Prager Architekturstudentin Svetlana Devyatkina, die sich die Frage gestellt hat, was mit dem Erdaushub beim Bau der neuen Metrolinie D passiert. Diese vierte U-Bahn-Linie in Prag soll 2031 eingeweiht werden. Oft werde die Bodenmasse bei den Baggerarbeiten einfach auf einen Haufen gekippt und wuchere dann zu, meint Reuter:

„Die Studentin ist der Ansicht, dass das einfach sehr viel Material ist, was plötzlich zur Verfügung steht und über das sich niemand Gedanken macht. Sie hat sich überlegt, dass man daraus neue Steine pressen könnte. Deren Produktion funktioniert ähnlich wie die von Lehmziegeln in arabischen Ländern. In der Ausstellung ist ein Erdhaufen zu sehen, die Holzkonstruktion für die Herstellung der Steine und sozusagen ein Prototyp. Bei der Arbeit geht es nicht nur um Wiederverwertung, sie schafft auch ein Bewusstsein für Kreislaufwirtschaft.“

Inszenierung durch Prager Ausstellungsarchitekten

Svetlana Devyatkina – Wasted Earth | Foto: Tomas Zumr,  Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

Die Ausstellung „Big Thing“ wurde zuletzt in Prag und Brüssel gezeigt, die Schau in Halle ist nun die dritte Station. Wie Galeristin Reuter im Interview schildert, bestand beim Aufbau eine besondere Herausforderung. Denn in Prag wurde die Werkschau so konzipiert, dass die Exponate von der Decke hängen. In der Saalestadt konnte dies nicht realisiert werden:

„Bei uns wird die Ausstellung im Volkspark gezeigt, einem Jugendstilgebäude von 1907. Dort darf eigentlich nichts an die Decke gehängt werden, weil darin alte Leitungen verlaufen. Das Konzept musste also für unsere Räume angepasst werden. Deshalb reiste aus Prag nicht nur das Kuratorenteam an, sondern auch eine Gruppe von Ausstellungsarchitekten, was ich sehr professionell fand. Die großen Fenster haben sie mit Vorhängen verdeckt und dazu mit farbigen Lichtern gearbeitet. Das hat viele hier in Halle überrascht, weil das eine ganz andere Form der Inszenierung ist als sonst bei uns. Insofern war das wirklich eine Bereicherung.“

Die Kooperation soll intensiviert werden

Laut Jule Reuter hat die Ausstellung „Big Thing“ bereits dazu beigetragen, dass sich die beiden Kunsthochschulen wieder einander annähern. So waren bei der Vernissage in Halle auch Dozenten aus Prag zugegen.

Darüber hinaus würde es im Rahmen der Zusammenarbeit derzeit vor allem zu Erasmus-Austauschaufenthalten der Prager in Halle und andersherum kommen. Für das kommende Jahr ist nun zudem eine Ausstellung der „Burg“-Studenten an der Moldau geplant. Und Jule Reuter wirft noch einen weiteren Blick in die Zukunft:

„Es könnte sein, dass nächstes Jahr ein Lehrender der Umprum für einen Workshop zu uns kommt oder umgekehrt. Dadurch würde es künftig auch im Bereich der Lehre eine engere Kooperation geben.“

Die Gastausstellung „Big Thing“ der Prager Umprum in Halle kann noch bis zum 3. November in der Burg Galerie im Volkspark besucht werden. Geöffnet ist Montag bis Sonntag von 14 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. Am 27. Oktober sowie am 3. November jeweils um 15 Uhr wird Rouven Guder, Master-Student der Kunstwissenschaften an der „Burg“, durch die Ausstellung führen.

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