Tschechischer Staatspräsident Pavel: Trump bietet Chance auf Frieden in der Ukraine
Staatspräsident Petr Pavel hat dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Rundfunk am Freitag ein Exklusivinterview gegeben. Darin äußert er sich zum anstehenden Wahlkampf in Tschechien, zum Verteidigungshaushalt und zum Umgang mit dem künftigen US-Präsidenten Donald Trump.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Miloš Zeman schließt der aktuelle tschechische Staatspräsident die öffentlich-rechtlichen Medien im Land nicht bei seiner Kommunikation nach außen aus. Und somit gab Petr Pavel für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks am Freitag auf seinem Amtssitz auf der Prager Burg erneut ein halbstündiges Interview.
Darin ging es diesmal zunächst um die anstehenden Abgeordnetenhauswahlen. Er halte einen Urnengang in der zweiten Septemberhälfte für passend, sagte Pavel dazu. Das Staatsoberhaupt ist in Tschechien gesetzlich verpflichtet, den Wahltermin mit einem Vorlauf von mindestens 50 Tagen zu verkünden. Was hingegen nicht gesetzlich geregelt ist, sind aktive Stellungnahmen des Präsidenten in einem Wahlkampf. Petr Pavel bezeichnet diese jedoch als legitim:
„Ich halte es für richtig, mit eigenen Einwürfen im Wahlkampf Themen anzusprechen, die ich als wichtig für dieses Land und für die Wähler erachte. Den Menschen kann damit eine Anleitung gegeben werden, wonach sie die zur Wahl stehenden Parteien fragen sollten, um Antworten zu bekommen. Denn es ist zu erwarten, dass der Wahlkampf wieder emotional und angespannt sein wird und dass man sich auf Details konzentriert anstatt auf das Wesentliche.“
Er selbst wolle für eine öffentliche Debatte zu wichtigen Themen Experten heranziehen und mit Fakten arbeiten, so der Präsident weiter. Andererseits sei er aber nicht so naiv zu glauben, dass er den Wahlkampf tatsächlich moderieren könne…
„Es lässt sich jedoch mit Druck – nicht nur auf die Politiker – darauf hinweisen, dass der Wahlkampf zwar hart, aber anständig geführt werden sollte. Nötig ist zudem, dass die Öffentlichkeit ihre Forderungen und Appelle äußert. Wenn den Menschen ein rauer Politikstil, Grobheiten und Beleidigungen gefallen, dann reagieren die Politiker darauf auch. Fordern die Bürger im Gegenteil aber Anstand ein, dann wird dieser auch im Wahlkampf gezeigt.“
Balance und Weitblick lassen sich ebenfalls aus Pavels Haltung gegenüber Donald Trump erkennen. Der Sieger der US-Präsidentschaftswahlen tritt am 20. Januar sein Amt im Weißen Haus in Washington an – sorgte aber jetzt schon mit Ankündigungen für Aufmerksamkeit, er wolle Grönland aufkaufen. Dazu Petr Pavel:
„Meine erste Reaktion darauf lautet: Ruhe bewahren! Donald Trump ist noch nicht ins Amt eingeführt und befindet sich aktuell in einer Art geschützter Probezeit, in der er austesten kann, wie die anderen Staaten auf seine Äußerungen reagieren. Ich denke zwar, wir sollten das nicht einfach abtun, denn es handelt sich immerhin um die Worte eines gewählten Präsidenten. Warten wir aber seine Amtseinführung und Regierungsbildung erst einmal ab.“
Sollte Trump seine Pläne tatsächlich umsetzen und Grönland in die USA eingliedern wollen, müssten Tschechien und seine verbündeten Staaten darauf bestehen, internationale Verträge wie etwa die UN-Charta und das Souveränitätsprinzip einzuhalten, fügt Petr Pavel hinzu.
Ähnlich abmildernd reagiert das tschechische Staatsoberhaupt auf Trumps Forderung, die Nato-Mitgliedsländer sollten ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöhen. Zahlen wie die geforderten fünf Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsproduktes (BIP) seien zu abstrakt, meint dazu Petr Pavel:
„Ich würde mich daran halten zu benennen, welche militärischen Kräfte und Mittel wir wirklich brauchen und wie sich diese auf die Mitgliedsländer aufteilen. Erst dann erhalten wir genaue Zahlen. Für Tschechien kann das bedeuten, dass wir uns bei etwa drei Prozent bewegen werden. Ich denke, es ist sehr realistisch, dass die Regierung von einem Zeithorizont bis 2030 ausgeht, bis dieser Betrag erreicht sein wird.“
Er erwarte tatsächlich, dass beim nächsten Nato-Gipfel im Juni in Den Haag eine Erhöhung für alle Mitgliedsländer beschlossen werde, ergänzt Pavel. Als ideales Abschlussstatement dieses Gipfels würde er sich zudem wünschen, dass der Krieg in der Ukraine für beendet erklärt werden könne, sagt der tschechische Präsident. Dies werde zwar wohl nicht passieren. Aber ein Waffenstillstand noch in diesem Jahr sei nicht ganz ausgeschlossen, meint Pavel:
„Ich will nicht allzu optimistisch sein. Aber es ist eine Tatsache, dass beide kämpfenden Seiten kriegsmüde sind – und mit ihnen alle, die sie unterstützen. Der Krieg bringt niemandem etwas – auch nicht jenen, die im Hintergrund agieren. Denn sie verspüren ebenso, dass er viele negative wirtschaftliche und soziale Folgen hat. Nun ist die Amtseinführung des neuen US-Präsidenten ein gewisses Symbol, das eine psychologische Wende für Wladimir Putin bedeuten könnte – oder auch für andere Akteure wie etwa China, das auf jeden Fall an einer Lösung beteiligt sein sollte.“
Mit Trumps zweiter Präsidentschaft biete sich also die Möglichkeit, zunächst einen Waffenstillstand und folgend auch einen dauerhaften Frieden zu verhandeln, sagt Pavel. Ein Abkommen sollte allerdings so gerecht wie möglich formuliert werden gegenüber dem Opfer dieser Aggression – und das sei eben die Ukraine, mahnt der tschechische Staatspräsident.