OB Hudeček: Prag hinkt bei Obdachlosen-Betreuung hinterher

Foto: Archiv der Verkehrsbetriebe

Im heißen Sommer, wie er jetzt auch in Tschechien herrscht, gibt es das Problem, aber im Winter ist es noch akuter: Obdachlose nutzen die öffentlichen Verkehrsmittel als Unterschlupf. Die Verkehrsbetriebe in Prag haben daher gemeinsam mit dem Magistrat beschlossen, eine Sondereinheit zu gründen, um Obdachlose aus den öffentlichen Verkehrsmitteln fernzuhalten. Dies hat eine Diskussion angestoßen um die Versorgung von Menschen ohne Bleibe in der tschechischen Hauptstadt.

Foto: Archiv der Verkehrsbetriebe
Die Einheit, die Obdachlose aus Straßenbahn, Bus und Metro fernzuhalten hat, soll aus Streetworkern von Nichtregierungsorganisationen, Stadtpolizisten und Angestellten der Verkehrsbetriebe bestehen. Das sagte der Prager Oberbürgermeister Tomáš Hudeček am Donnerstag gegenüber Journalisten. Bisher ist allerdings noch nicht klar, wie die Stadt und die Verkehrsbetriebe die Obdachlosen dazu bringen wollen, die Verkehrsmittel zu verlassen. Einige der Betroffenen, die sich um Hygiene bemühen, zeigen indes Verständnis. Wie der Obdachlose Jiří Vytlačil:

„Wenn ich nicht umgezogen sein sollte, stinke, und dies die Leute stört, dann sollen sie mich rauswerfen. Ich wehre mich nicht dagegen. Ich habe jedoch die Chance, mich zu baden.“

Foto: ČT24
Und zwar in der Tagesstätte für Wohnungslose des Vereins „Naděje“ (Hoffnung) unweit des Prager Hauptbahnhofs. Er nutze diese Möglichkeit jeden zweiten Tag, sagt Vytlačil. Öfter geht es auch kaum, denn täglich kommen bis zu 300 Obdachlose in die Tagesstätte, die Dusch- und Badekapazitäten dort reichen aber nur für 50 Menschen. Deshalb habe man ein klares Regime, erklärt der Direktor der Einrichtung, Jan Kadlec:

„Wegen der großen Anzahl unserer Gäste bieten wir jedem Obdachlosen nur einmal in der Woche eine kostenlose Dusche an. Jede weitere muss bezahlt werden, sie kostet fünf Kronen.“

Miloslav Pípal  (Foto: ČT24)
Das sind umgerechnet 20 Eurocent. Kadlec verweist auf weitere Prager Tagesstätten, in denen Obdachlose eine niedrigschwellige Versorgung erhalten können. Der Direktor des Sozialdienstzentrums der Heilsarmee, Miloslav Pípal, beklagt jedoch, dass es in der Moldaustadt viel zu wenige solcher Einrichtungen gäbe:

„Sicher lässt sich jetzt nicht eindeutig sagen, ob wir fünf oder zehn solcher Tagesstätten bräuchten, mit Sicherheit aber muss ihre Zahl erhöht werden. Gegenwärtig gibt es nur drei dieser Einrichtungen, das reicht nicht. Das Gleiche gilt für Nachtunterkünfte.“

Tomáš Hudeček  (Foto: ČT24)
Oberbürgermeister Hudeček, der mit seinen Überlegungen die ganze Diskussion erst angeschoben hat, gibt zu, dass es in Prag zu wenige Betreuungsstätten für Obdachlose gibt. Die Gründe dafür lägen weit zurück:

„Der Mangel an solchen Einrichtungen ist eine Erscheinung, die man in diesem Ausmaß in einer westeuropäischen Großstadt nicht antrifft. Diese Metropolen haben einen Teil der entsprechenden Maßnahmen bereits ausgegliedert. Prag hinkt da noch hinterher, denn hier ist viel in der Vergangenheit versäumt worden.“

Foto: Barbora Kmentová
Diese Versäumnisse will Hudeček nun Schritt für Schritt abbauen. Dazu aber muss er noch viel verhandeln. Und das kann dauern. Einige pfiffige Obdachlose aber lösen ihren Bedarf an Hygiene im Sommer weiter auf ihre Art – in der Moldau:

„Dort hinten, wo das Wasser flach ist, lege ich ein Brett hin und bade. Ich bade hier vielleicht bis Anfang Oktober. Ab da wird das Wasser schon zu kalt“, verrät der Obdachlose Václav gegenüber Journalisten.