Olympia-Gold und Widerstand: Legendäre Turnerin Čáslavská wäre 80 geworden

Věra Čáslavská bei den Olympischen Spielen in Mexiko 1968

Sie gilt als erfolgreichste tschechische Olympionikin: Věra Čáslavská. In ihrem Leben hat sie aber nicht nur gegen andere Turnerinnen gekämpft, sondern auch gegen das kommunistische Regime und zuletzt gegen eine Krebserkrankung. Dieser erlag sie 2016.

Věra Čáslavská  (Mitte) | Foto:  Nationalmuseum in Prag,  eSbírky,  CC BY 4.0 DEED

Kein anderer Sportler und keine andere Sportlerin aus der Tschechoslowakei hat so viele Erfolge eingeheimst. Čáslavská gewann sieben goldene und vier silberne Olympiamedaillen sowie vier Weltmeister- und elf Europameistertitel. Die Turnerin war jedoch weit über den Sport hinaus aktiv. 1968 engagierte sie sich politisch, als sie das „Manifest der 2000 Worte“ unterschrieb. Dieses sprach sich während des sogenannten Prager Frühlings für eine Weiterführung der Reformen und den Demokratisierungsprozess aus.

Věra Čáslavská und Josef Odložil 1968 | Foto:  Nationalmuseum in Prag,  eSbírky,  CC BY 4.0 DEED

Bei den Olympischen Sommerspielen in Mexiko-Stadt im Oktober desselben Jahres protestierte Věra Čáslavská bei der Medaillenzeremonie gegen die Besetzung der Tschechoslowakei durch sowjetische Truppen. Während der sowjetischen Hymne drehte sie ihren Kopf so zur Seite, dass sie die rote Flagge mit Hammer und Sichel nicht sehen musste.

1968 befand sich Čáslavská auf dem Gipfel der Popularität. Die Turnerin aus Prag galt damals als beste Sportlerin auf Erden und wurde zur zweitbeliebtesten Frau weltweit gewählt – direkt hinter der amerikanischen Ex-Präsidentengattin Jacqueline Kennedy Onassis. Noch während der Olympischen Spiele heiratete Čáslavská den tschechischen Mittelstreckenläufer Josef Odložil. Zur Hochzeit beider kamen fast 100.000 Menschen.

Věra Čáslavská bei den Olympischen Spielen in Mexiko 1968 | Foto:  Nationalmuseum in Prag,  eSbírky,  CC BY 4.0 DEED

Verfolgung und Rehabilitierung

Věra Čáslavská | Foto: Post Bellum

Wegen ihres Protestes gegen den sowjetischen Einmarsch und ihrer politischen Ansichten wurde Věra Čáslavská nach 1968 vom Regime in der Tschechoslowakei verfolgt. Sie durfte in ihrem Sport nicht als Trainerin arbeiteten und hielt sich als Putzfrau über Wasser. Erst 1979 ließen die Kommunisten sie nach Mexiko ausreisen, wo sie in der Folge die dortigen Turnerinnen anleitete.

Nach dem Fall des Kommunismus im November 1989 wurde Čáslavská rehabilitiert. Von 1990 bis 1992 war sie Beraterin von Staatspräsident Václav Havel. 1996 wurde sie zur Vorsitzenden des tschechischen Olympischen Komitees gewählt.

Věra Čáslavská 1962 | Foto:  Nationalmuseum in Prag,  eSbírky,  CC BY 4.0 DEED

Věra Čáslavská wurde am 3. Mai 1942 in Prag geboren. Bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko heiratete sie Josef Odložil, den Silbermedaillengewinner im 1500-Meterlauf, mit dem sie eine Tochter (Radka, 1969) und einen Sohn (Martin, 1974) hatte. Am 30. August 2016 starb sie mit 74 Jahren in Prag an Bauspeicheldrüsenkrebs.

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