Olympische Meriten wiegen schwer bei Wahlen zu Sportlern des Jahres
Das Kalenderjahr 2016 neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Aus der Sicht des Sports war es ein besonderes Jahr, denn das absolute Highlight waren die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro. Und dass olympische Erfolge im Metier nach wie vor das Maß aller Dinge sind, belegen auch in Tschechien mehrere Umfragen nach den Besten des Jahres in den jeweiligen Sportarten. Ein Überblick über einige der frisch gekürten tschechischen Sportler des Jahres.
Barbora Špotáková sorgt für Rekord: Zum achten Mal Athlet des Jahres
„Tschechischer Leichtathlet des Jahres 2016 ist Barbora Špotáková!“Ja, Sie lesen richtig, der beste Leichtathlet des Jahres in der Tschechischen Republik ist eine Frau, denn hierzulande wird bei solchen Ehrungen nicht nach dem Geschlecht unterschieden. Es gewinnt der (oder die) absolut Beste in der jeweiligen Sportart. Unter den Leichtathleten ist es die genannte Speerwerferin Špotáková, die sich zum bereits achten Male mit diesem Titel schmücken darf und damit nun alleinige Rekordhalterin unter den Gewinnern der Umfrage ist. Kugelstoßerin Helena Fibingerová und Speerwerfer Jan Železný haben es vor ihr auf jeweils sieben Siege gebracht. Barbora Špotáková wollte bei der Ehrung vor gut zwei Wochen noch gar nicht so recht glauben, dass sie schon so lange nationale Spitze ist:
„Mir kommt es genauso sonderbar vor, wie wenn jemand sagt, dass ich bei Olympia drei Medaillen geholt habe. Es ist auch vergleichbar damit, wenn jemand beginnt aufzuzählen, was ich schon alles gewonnen habe. Ich kann das alles gar nicht glauben, und bei dieser Umfrage ist es ähnlich.“
Die großgewachsene Athletin aus Jablonec nad Nisou / Gablonz hat es indes überhaupt nicht nötig, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. Sie ist in ihrer Disziplin tatsächlich zweifache Olympiasiegerin und dazu Bronzegewinnerin von Rio. Sie ist die Weltmeisterin von 2007 und danach noch zweimalige Vize-Weltmeisterin, und sie hat auch von Europameisterschaften einen kompletten Medaillensatz mit nach Hause gebracht.All diese Erfolge hat Špotáková im vergangenen Jahrzehnt eingefahren, in dem sie 2013 zudem eine Babypause einlegte und ihren nunmehr dreijährigen Sohn Janek gebar. Ihr Sieg bei der diesjährigen Umfrage ist dann auch der verdiente Lohn dafür, dass sie sich nach dieser einjährigen Pause wieder in die Weltelite zurückgekämpft hat. Und in Rio war sie die einzige unter den tschechischen Leichtathleten, die eine Medaille erobert hat. Das gibt der 35-Jährigen schließlich die Zuversicht, dass ihre Karriere längst nicht vorbei ist:
„Das ist der Nachweis, dass es immer noch Sinn hat, sportlich aktiv zu bleiben. Dass meine Leistungen so schlecht nicht sind und ich getrost noch einige Jahre weitermachen kann.“Und die ehemalige Siebenkämpferin nennt noch einen weiteren Grund, der sie motiviert, mit dem Leistungssport fortzufahren:
„Ich glaube nach wie vor, dass ich meinem Sport noch einiges zu bieten habe, denn ich trainiere mittlerweile mit jüngeren Sportlerinnen und kann ihnen meine Erfahrungen weitergeben. Individuell zu trainieren und gleichzeitig den Jüngeren zu helfen, dies ist für mich so ein goldener Mittelweg, den ich in den nächsten Jahren gehen will.“
Prskavec macht Hattrick perfekt: Drittes Mal Wildwasserkanute des Jahres
Erst am vergangenen Samstag wurde hierzulande auch der Jahresbeste unter den tschechischen Wildwasserkanuten geehrt. Und wie im Falle von Barbora Špotáková ist es der einzige Medaillenträger von Rio in seiner Zunft: der Bronzegewinner im Einer-Kajak (K1) der Männer, Jiří Prskavec. Dabei hing die Erfüllung seines Medaillentraums bis zuletzt am seidenen Faden. Im Finallauf hatte der 23-Jährige eine Stange von Tor 13 leicht touchiert und dadurch seine Goldchance verspielt. Mit der bis dahin drittbesten Zeit konnte er zum Abschluss des Wettbewerbs nur zuschauen, was sein slowakischer Konkurrent Jakub Grigar im olympischen Wildwasserkanal zuwege bringt. Erst danach löste sich bei Prskavec die Anspannung:„Das war nervenaufreibend. Aber ich bin auch ein wenig traurig. Bei einem Tor bin ich etwas von der Ideallinie abgekommen, daher habe ich die Stange berührt. Ich bin etwas zu stark in die Strömung gekommen, deshalb konnte ich die Berührung nicht verhindern. Doch das ist Sport, und ich bin froh, dass ich trotz der Berührung eine Zeit erzielt habe, die für die Bronzemedaille gereicht hat.“Doch nicht nur diese Leistung hat Prskavec in der Umfrage unter Funktionären, Trainern, Sportlern und Journalisten mit großem Vorsprung auf den ersten Platz gehievt. Im bisher erfolgreichsten Jahr seiner Sportlerkarriere wurde der im mittelböhmischen Mělník geborene Kanute zudem noch Europameister, und er gewann auch den Weltcupwettbewerb im heimischen Prag. All das zusammen hat dazu geführt, dass sich der zweifache Weltmeister und fünffache Europameister im K1 in der Umfrage nun bereits das dritte Mal in Folge gegen die starke nationale Konkurrenz durchgesetzt hat:
„Ich weiß dies natürlich zu schätzen. Das ist die beste Würdigung für all die Arbeit, die mein Vater als Trainer und ich in den letzten Jahren in diesem Sport geleistet haben.“Und wie Barbora Špotáková blickt auch Prskavec mit gewissen Erwartungen nach vorn. Bei den Spielen 2020 in Tokio will er zum Beispiel seinen kleinen Fehler vom olympischen Finale in Rio vergessen machen und den Olympiasieg anpeilen:
„Ich habe eine sehr große Motivation für die Zukunft. In den nächsten vier Jahren kann ich noch vieles mitnehmen, und auch Tokio soll für mich ein gutes Pflaster werden.“
Petr Štochl mit 40 erstmals Handballer des Jahres
Von seinen zwei olympischen Medaillen in Rio – der silbernen im Einzel- und der bronzenen im Viererkajak – hat auch Rennkanute Josef Dostál profitiert. Er wurde Ende Oktober zum besten Armeesportler des Landes gekürt. Doch es sind nicht nur einige der Jahresbesten in den eher individuellen Sportarten geehrt worden, sondern auch die ersten Umfragesieger im Teamsport. So wurde jüngst Nationalspielerin Jana Knedlíková, die beim ungarischen und internationalen Spitzenklub in Györ unter Vertrag steht, zur tschechischen Handballerin des Jahres gekürt. Und der Sieger bei den Männern heißt Petr Štochl. Nach der jahrelangen Dominanz von Filip Jícha, dem Ex-Kieler, der in Barcelona aufgrund seines Verletzungspechs noch nicht so recht in Erscheinung trat, hat sich diesmal also der Torwart des Bundesligavereins Füchse Berlin durchgesetzt. Und diese Wahl macht den Kapitän der Berliner mächtig stolz:„Die Auszeichnung als Handballer des Jahres schätze ich ungemein. Ich zähle sie zu den wertvollsten Ehrungen, die ein Handballer erreichen kann.“Und trotz seiner bereits 40 Jahre sieht sich auch Petr Štochl noch längst nicht am Ende der Fahnenstange. Mit ein wenig Ironie fügte er seiner Ehrung hinzu:
„Auch wenn ich weiß, dass auf dem tschechischen Handballparkett noch einige Spieler herumlaufen, gegenüber deren Alter ich weiter noch ein Junior bin, muss man wohl zugeben, dass meine Karriere langsam aber sicher in ihre zweite Hälfte übergeht.“