Ombudsmann Motejl gestorben: Tschechien verliert eine moralische Instanz

Otakar Motejl (Foto: ČTK)

Am Sonntag ist der tschechische Ombudsmann Otakar Motejl im Alter von 77 Jahren gestorben. Einige Tage zuvor war er wegen einer schweren Erkrankung in ein Krankenhaus der mährischen Stadt Brno / Brünn eingeliefert worden. Auf den Tod Motejls hat eine ganze Reihe tschechischer Politiker mit Trauer reagiert. Der ehemalige Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs und Gründer des Amtes des Ombudsmannes galt moralisch-rechtliche Instanz.

Der Kampf für die Gerechtigkeit – das war das Lebenswerk von Otakar Motejl. Bis zuletzt verteidigte er als Ombudsmann die Bürger gegen den Machtmissbrauch des Staates, obwohl er längst das Rentenalter überschritten hatte. Im März dieses Jahres hatte Motejl gesagt:

Kondolenzbuch im Gebäude des Amtes des Ombudsmannes  (Foto: ČTK)
„Mir gefällt am meisten im Leben mittlerweile die Arbeit. Früher konnte ich mir zum Beispiel keinen Winter ohne Skifahren vorstellen. Seit sieben Jahre habe ich aber im Winter keinen Tag Urlaub mehr genommen. Es geht einfach nicht. Ich bin ein bisschen das Opfer zum Teil meiner Eitelkeit, zum Teil der Ratlosigkeit und zum Teil der Angst darüber, was ich machen werde, wenn ich nichts mehr machen werde.“

Motejl hatte Anfang der 50er Jahre Jura an der Prager Karlsuniversität studiert. Er begann danach, erstmal als Anwalt zu arbeiten. Erster Karriere-Höhepunkt wurde die Berufung zum Richter am Obersten Gerichtshof im Jahr 1968. Bereits anderthalb Jahre später musste Motejl das Amt wieder aufgeben - die so genannte Normalisierung begann. Er wurde zum Anwalt der politischen Opposition. Unter anderem setzte er sich vor Gericht auch für den Journalisten Jiří Ruml ein, der die Charta 77 unterschrieben hatte. Sein Sohn Jan Ruml erinnerte sich im Interview für den Tschechischen Rundfunk:

Otakar Motejl  (Foto: ČTK)
„Motejl war dafür bekannt, dass er keine Angst hatte. Er war ein mutiger Mensch, der nicht nur meinen Vater verteidigt hat. Er stand in der Tradition der demokratischen Rechtsschule, und auf diese Weise gewann er auch das Vertrauen vieler Menschen.“

Zu den Oppositionellen, die Motejl vertrat, gehörten zudem Pavel Tigrid und die Underground-Band Plastic People of the Universe.

Jan Ruml
Nach der politischen Wende übernahm Otakar Motejl den Vorsitz des Obersten Gerichtshofes. Vor zehn Jahren dann wurde auf seine Initiative hin das Amt des Ombudsmannes in Tschechien geschaffen, dessen Leitung er selbst übernahm. Einer der bedeutenden Fälle, auf die Motejl aufmerksam machte, war die Zwangssterilisierung von Frauen der Roma-Minderheit. Seine moralische Autorität wurde auch von der Öffentlichkeit anerkannt. Immer wieder ist Motejl in den vergangenen Jahren in Umfragen zum vertrauenswürdigsten tschechischen Amtsträger gewählt. Lange Jahre arbeitete die ehemalige Oppositionelle Anna Šabatová mit Motejl zusammen. Sie sagt:

Anna Šabatová
„Ich glaube, sein Tod ist ein großer Verlust für die Gerechtigkeit in der Tschechischen Republik und für die moralische Autorität im Bereich der Justiz.“

Otakar Motejl soll laut Informationen vom Montag ein Staatsbegräbnis erhalten.