Opfer der Regierungskrise? Oberster Polizeichef tritt zurück
Die Mitte-Rechts-Koalition und Premier Nečas haben die Regierungskrise und das von der Opposition für Dienstag angesetzte Misstrauensvotum mit einem blauen Auge überstanden. Wir haben berichtet. Dennoch scheint der durch eine Korruptionsaffäre ausgelöste Streit zwischen den Koalitionspartnern nun ein prominentes Opfer gefordert zu haben: Der oberste Polizeichef des Landes, Polizeipräsident Oldřich Martinů hat unter Tränen seinen Rückzug erklärt.
Zum Abschied bekam Martinů von Präsident Klaus die silberne Verdienstmedaille verliehen. Der Präsident danke ihm für seinen Einsatz für die Tschechische Polizei und die Tschechische Republik, zitierte Martinů aus dem Dankesschreiben. Dann versagte ihm die Stimme und dem Polizeichef kamen die Tränen.
Eine weitere Motivation für seinen freiwilligen Rückzug bekam Polizeipräsident Martinů von seinem erbittertsten Gegner, dem Chef der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, Innenminister Radek John serviert:"Mit Hinblick auf seine langjährige Erfahrung in der internationalen Abteilung der Tschechischen Polizei hat Generalmajor Martinů meine volle Unterstützung bei der Entwicklung seiner weiteren diplomatischen Karriere."
Wie aus Regierungs- und Polizeikreisen zu erfahren war, dürfte Oldřich Martinů im kommenden Jahr einen wichtigen Posten in der europäischen Polizeiagentur Europol annehmen.
Die Opposition hatte in den vergangenen Tagen den zunehmenden Druck auf den offiziell unabsetzbaren Polizeichef heftig kritisiert. Es habe aber wohl keinen anderen Ausweg aus der Regierungskrise gegeben, meinte der sozialdemokratische Abgeordnete und ehemalige Innenminister František Bublan am Mittwochabend im Tschechischen Fernsehen:
"Die Koexistenz beider Herren war nicht länger möglich. Entweder hätte der Innenminister oder der Polizeichef gehen müssen. Ein Rücktritt von Innenminister und Vizepremier John hätte allerdings das Ende für die Koalitionsregierung bedeutet. Deshalb hat man nun Polizeipräsident Martinů zum Sündenbock gestempelt."
Oldřich Martinůs Nachfolger an der Spitze der Tschechischen Polizei soll erst im neuen Jahr bestellt werden. Bis dahin führt einer seiner Stellvertreter die Geschäfte. Gerüchten zufolge soll die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten das Recht zugestanden bekommen, den neuen Polizeipräsidenten auszuwählen. Die Demokratische Bürgerpartei ODS soll im Gegenzug mehr Einfluss auf den mächtigen Inlandsgeheimdienst BIS erhalten.