Opfer der Regierungskrise? Oberster Polizeichef tritt zurück

Oldřich Martinů (Foto: Europäische Kommission)

Die Mitte-Rechts-Koalition und Premier Nečas haben die Regierungskrise und das von der Opposition für Dienstag angesetzte Misstrauensvotum mit einem blauen Auge überstanden. Wir haben berichtet. Dennoch scheint der durch eine Korruptionsaffäre ausgelöste Streit zwischen den Koalitionspartnern nun ein prominentes Opfer gefordert zu haben: Der oberste Polizeichef des Landes, Polizeipräsident Oldřich Martinů hat unter Tränen seinen Rückzug erklärt.

Oldřich Martinů  (Foto: ČTK)
Ungewöhnliche Hektik herrschte in der Woche vor Weihnachten auf der Prager Burg. Am Dienstag empfing Staatspräsident Václav Klaus die Spitzen der Mitte-Rechts-Koalition. Nur wenige Stunden vor dem Misstrauensvotum gegen das Kabinett Nečas gelang es dem Staatsoberhaupt, die drei Koalitionspartner zu einem Geheimpakt zu überreden und damit den Sturz der Regierung durch die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten im letzten Moment zu verhindern. Doch der Juniorpartner in der Mitte-Rechts-Koalition dürfte einen hohen Preis für die Fortsetzung der Regierungszusammenarbeit gefordert haben. Ein Teil des von der Opposition heftig kritisierten politischen Handels war der freiwillig-unfreiwillige Rücktritt von Polizeipräsident Oldřich Martinů gewesen sein. Nach einer Unterredung mit Präsident Klaus trat der oberste Polizeichef am Mittwoch vor die Presse.

Václav Klaus  (Foto: Kristýna Maková)
"Ich werde mit 31.12. dieses Jahres von meiner Funktion als Polizeipräsident zurücktreten. Ich habe keine Freude damit, Teil eines Streits in der Koalition zu sein."

Zum Abschied bekam Martinů von Präsident Klaus die silberne Verdienstmedaille verliehen. Der Präsident danke ihm für seinen Einsatz für die Tschechische Polizei und die Tschechische Republik, zitierte Martinů aus dem Dankesschreiben. Dann versagte ihm die Stimme und dem Polizeichef kamen die Tränen.

Radek John  (Foto: ČTK)
Eine weitere Motivation für seinen freiwilligen Rückzug bekam Polizeipräsident Martinů von seinem erbittertsten Gegner, dem Chef der Partei der Öffentlichen Angelegenheiten, Innenminister Radek John serviert:

"Mit Hinblick auf seine langjährige Erfahrung in der internationalen Abteilung der Tschechischen Polizei hat Generalmajor Martinů meine volle Unterstützung bei der Entwicklung seiner weiteren diplomatischen Karriere."

Wie aus Regierungs- und Polizeikreisen zu erfahren war, dürfte Oldřich Martinů im kommenden Jahr einen wichtigen Posten in der europäischen Polizeiagentur Europol annehmen.

Die Opposition hatte in den vergangenen Tagen den zunehmenden Druck auf den offiziell unabsetzbaren Polizeichef heftig kritisiert. Es habe aber wohl keinen anderen Ausweg aus der Regierungskrise gegeben, meinte der sozialdemokratische Abgeordnete und ehemalige Innenminister František Bublan am Mittwochabend im Tschechischen Fernsehen:

"Die Koexistenz beider Herren war nicht länger möglich. Entweder hätte der Innenminister oder der Polizeichef gehen müssen. Ein Rücktritt von Innenminister und Vizepremier John hätte allerdings das Ende für die Koalitionsregierung bedeutet. Deshalb hat man nun Polizeipräsident Martinů zum Sündenbock gestempelt."

Oldřich Martinůs Nachfolger an der Spitze der Tschechischen Polizei soll erst im neuen Jahr bestellt werden. Bis dahin führt einer seiner Stellvertreter die Geschäfte. Gerüchten zufolge soll die Partei der Öffentlichen Angelegenheiten das Recht zugestanden bekommen, den neuen Polizeipräsidenten auszuwählen. Die Demokratische Bürgerpartei ODS soll im Gegenzug mehr Einfluss auf den mächtigen Inlandsgeheimdienst BIS erhalten.