Panenka: Ein Traum ist wahr geworden - der Traum vieler Athleten noch nicht...

Josef Odlozil-Memorial (Foto: CTK)

Am Donnerstag beginnt zwar erst der kalendarische Sommer, doch die Sommersportart Nummer eins, die Leichtathletik, hat ihren Saisonauftakt bereits vollzogen. Auch die tschechischen Athleten und Athletinnen haben sich damit ihre ersten "Hausnummern" in der neuen Saison zugelegt...

Josef Odlozil-Memorial  (Foto: CTK)
Im Juni, wenn die Nächte kürzer und die Tage wärmer sind, dann sprießt auch jene Sportart in neuer Blüte, die man neben "König Fußball" als die Königin ansieht: die Leichtathletik. Auch in Tschechien hat die Regentin das Zepter des Sports übernommen, und alle ihre Getreuen wetteifern bereits emsig, um sich bei der großen Präsentation zu Hofe, der Weltmeisterschaft Ende August im japanischen Osaka, möglichst in Topform zeigen zu können. Daher stand am Mittwoch vergangener Woche das saisonale Auftaktmeeting des Landes, das 14. Josef Odlozil-Memorial in Prag, auch ganz im Zeichen einer ersten Möglichkeit, sich für die WM zu qualifizieren. Dank der sehr guten internationalen Besetzung, die das Meeting fand, wurden sechs neue Veranstaltungsrekorde aufgestellt. Einen davon konnte ich für Sie akustisch festhalten:

Die 62,93 Meter, die die Weltjahresbeste in diesem Versuch erreichte, waren schließlich ihre Siegerweite. Eine andere junge Tschechin, die 400-m-Hürdenläuferin Zuzana Hejnova, wusste nach ihrem Rennen nicht, ob sie sich freuen oder ärgern sollte:

Josef Odlozil-Memorial  (Foto: CTK)
"Die ersten 300 Meter lief es ganz gut, doch an der achten Hürde habe ich dann unverständlicherweise zwei Trippelschritte eingelegt. Dadurch bin ich auf den letzten Metern völlig außer Tritt gekommen."

Das hat ihr als Zweitplatzierte hinter der starken Russin Iwanowa zwar nicht den Sieg, wohl aber den möglichen neuen Landesrekord gekostet. Denn mit der Zeit von 56,01 Sekunden verfehlte sie diesen nur um 18 Hundertstel. Also, etwas Wut im Bauch?

"Nun, so ist es auch nicht. Ich bin auf jeden Fall froh darüber, dass ich die WM-Norm geschafft habe. Natürlich hätte ich auch gern die nächst höhere Norm geschafft, um die WM-Teilnahme sicher zu haben. Aber wenigstens etwas."

Ihr männliches Pendant, 110-m-Hürdensprinter Petr Svoboda, der ebenso Zweiter wurde, kam schon nach der sechsten Hürde aus seinem Rhythmus. Deshalb konnte er sich über seine persönliche Bestzeit von 13,67 Sekunden auch nicht so richtig freuen:

"Auf meinen persönlichen Rekord lege ich dieses Jahr keinen allzu großen Wert. Das, was ich brauche, ist die WM-Norm, koste es, was es wolle!"

Hürdensprinter Petr Svoboda  (Foto: CTK)
Und die wurde auch beim Höhepunkt des Memorials, dem 1500-m-Lauf gejagt. Aber vergeblich. Darum erklärte auch der auf Platz zwei gelandete Michal Sneberger nach dem Rennen, das alljährlich zum Gedenken an den einst tragisch verstorbenen Mittelstreckler Josef Odlozil ausgetragen wird, weshalb er unzufrieden sei:

"Nun, zum einen bin ich nicht Erster geworden, und zum anderen war der Lauf so langsam, dass ich die WM-Norm nicht geschafft habe."

Beim nächsten großen Meeting im eigenen Land, den "Goldenen Spikes" von Ostrava, will er es auf der 800-m-Strecke besser machen.

"Ich denke, dass ich das Potenzial habe, mich ebenso wie zur Olympiade in Athen für beide Strecken zu qualifizieren. Möglich, dass es schon in 14 Tagen erfreulicher für mich aussehen wird."

Das hofft auch Zuzana Hejnova, und zwar weil sie vor allem in einem Punkt zwischen dem Prager und dem Ostrauer Meeting einen großen Unterschied sieht:

"Ich denke, die Atmosphäre hier ist o. k. Schade ist jedoch, dass man von den Zuschauern nicht mehr angefeuert wird. Beim Meeting ´Goldenes Spikes´ in Ostrava ist die Atmosphäre besser. Und das verstimmt mich schon."

Ein deutscher Leichtathlet hingegen kommt immer wieder gern nach Prag - der Stabhochspringer Tim Lobinger. Auch wenn er diesmal den Sieg sehr knapp verfehlte:

"Mir hat es heute wie immer sehr viel Spaß gemacht und ich hatte bis jetzt auch immer tolle Bedingungen. Und ich habe meinem Trainer, der aus Südafrika kommt und zum ersten Mal in Prag ist, natürlich gestern auch noch alles gezeigt, was man von Prag gesehen haben muss. Wir waren gut zwei Stündchen unterwegs, was natürlich viel zu wenig ist für eine solch schöne Stadt. Aber es ist immer wieder toll, hier zu sein."

Aber das i-Tüpfelchen, der Sieg hat heute gefehlt. Woran lag es?

"Ja, es lag weniger an mir und an den Bedingungen als an der Tatsache, dass ich einfach hätte höher springen müssen. Aber Stabhochsprung ist manchmal kompliziert, und heute hatte ich vielleicht ein bisschen Pech."

War der bulgarische Sieger etwas cleverer in der Auswahl der Höhen?

"Nee, ich glaube, cleverer war ich heute, weil ich mit übersprungenen 5,65 Meter alle unter Druck gesetzt hatte. Aber er hat dann mit einem Versuch, der mehr gerissen als drüber war, die 5,70 Meter gestreift und dann doch geschafft. Insofern ist es jetzt nicht so, dass wirklich ein Zacken aus der Krone gebrochen ist, aber ich hätte gern gewonnen."

Die SPORT- Reportage

Viktoria Zizkov - Bohemians 1905
Wie wir in der Vorwoche bereits berichtet haben, sind nach Ablauf dieser Fußballsaison mit Viktoria Zizkov und Bohemians 1905 wieder zwei Prager Traditionsvereine in die höchste tschechische Spielklasse, die Gambrinus Liga aufgestiegen. Die Ansetzungen der zweiten Liga hatten es so ergeben, dass beide Teams am zurückliegenden Samstag noch einmal gegeneinander antraten. Das ließ sich dann auch der erst jüngst von seinem Höhentrip auf den Mount Everest zurückgekehrte Oberbürgermeister der Hauptstadt, Pavel Bem, nicht entgehen. Neben Meister Sparta und Vizemeister Slavia sind damit nach vier Jahren wieder vier Prager Teams erstklassig. Zu diesem Fakt sagte Bem nach der Partie, die Gastgeber Bohemians mit 4:1 gewann, gegenüber Radio Prag:

"Na endlich! Ich bin sehr froh darüber und gratuliere natürlich Bohemians und Viktoria zum Aufstieg. Und ich denke, dass wir heute auch tollen Fußball gesehen haben: fünf Tore, und jetzt dieser Abschluss - das ist wie eine Vorstellung im Nationaltheater!"

Als er das sagte, hatten die begeistert feiernden Bohemians-Fans schon längst den Rasen gestürmt, um ihre Lieblinge nach einer großartigen Saison zu feiern. In dieser Menschentraube hatte es auch ich nicht leicht, mit Bohemians-Präsident Antonin Panenka ein paar Worte in Ruhe zu wechseln:

Fans von Bohemians
"Heute ist ein großer Traum wahr geworden", freute sich der 58-jährige Ex-Nationalspieler, der sich 1976 mit seinem Elfmeter-Lupfer im Belgrader EM-Finale gegen Deutschland selbst ein Denkmal setzte. Noch vor zwei Jahren stand der damals hoch verschuldete FC Bohemians kurz vor dem Ruin, nun aber ist er wieder im Oberhaus! Und neben diesem großen Traum ging auch noch ein kleiner für alle Bohemians-Fans in Erfüllung: Als Dank für ihre unverbrüchliche Treue auch in schwersten Zeiten hatte die Clubleitung für Montag noch ein Galaspiel der 05er gegen eine durch aktuelle Nationalspieler verstärkte Auswahl von Alt-Internationalen organisiert. Mit von der Partie war auch der Rekordtorschütze der tschechischen Auswahl, Jan Koller.

"Es ist angenehm hier. Bohemians hat ausgezeichnete Fans, dank derer die Mannschaft jetzt wieder erstklassig ist. Und auch das Stadion hat seinen ganz speziellen Zauber. Ich bin von Kind auf Anhänger von Bohemians, habe für den Verein gespielt und hier auch mein erstes Ligator erzielt. Ich habe schöne Erinnerungen an meine Zeit hier, und ich habe mich gefreut, heute wieder hier spielen zu können. Es war ein angenehmer Nachmittag", sagte der Zwei-Meter-Hüne und wurde - wie alle Akteure an diesem Nachmittag - von den Fans in Grün-Weiß gefeiert:

Autor: Lothar Martin
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