Pater Henkes als Brückenbauer zwischen Deutschen und Tschechen – Ausstellung in Prag

Der deutsche Pater Richard Henkes kam im Februar 1945 im KZ Dachau ums Leben. Vor kurzem wurde in Prag eine Ausstellung über ihn eröffnet. Dabei wurde auch ein Schülerprojekt präsentiert.

Großformatige Szenen aus einer Graphic Documentary werden in der Kleinen Galerie des Franziskanerklosters bei der Maria-Schnee-Kirche gezeigt. Die Illustratoren Volker Schlecht und Alexandra Kardinar, die den Künstlernamen „Drushba Pankow“ benutzen, schildern den Lebensweg des Pallotinerpaters Richard Henkes bis zu seiner Verhaftung und Verschleppung ins KZ Dachau. Vorher war Henkes als Seelsorger auch in der heutigen Diözese Ostrau-Troppau tätig. In Dachau begegnete er dem späteren Kardinal Josef Beran. Dort fing er auch an, Tschechisch zu lernen. In dem Konzentrationslager pflegte Henkes tschechische Mitgefangene, bis er sich mit Fleckfieber ansteckte.

Die ursprünglich deutschen Texte der Ausstellung wurden für die Ausstellung ins Tschechische übersetzt. Hier ein Gespräch mit dem Kurator der Schau, Martin W. Ramb vom Bistum Limburg.


Martin W. Ramb | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Herr Ramb, Sie haben die Ausstellung initiiert und kuratieren sie auch. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

„Der Anlass war die Seligsprechung von Richard Henkes in Limburg am 15. September 2019. Wir haben uns als Kultur- und Schulabteilung des Bistums Limburg überlegt, wie man das Anliegen von Richard Henkes der jüngeren Generation vermitteln kann. Und da kamen wir auf die Idee, es mit einem Comic zu machen und haben den Illustrator Volker Schlecht angesprochen. Wir haben ihn dafür gewonnen, eine Graphic Documentary zu kreieren. Die nächste Idee war, damit eine schöne Ausstellung zu machen, um das Leben und das Zeugnis von Richard Henkes zu würdigen und dies vor allem den Menschen von heute näher zu bringen. Wir denken, dass diese Form der Graphic Documentary dafür sehr geeignet ist.“

In wieweit ist Richard Henkes in Deutschland bekannt?

„Relativ wenig. Bei uns im Bistum Limburg zunehmend. Aber es ist eben das Anliegen unserer Graphic Documentary, dass das Lebenszeugnis von Richard Henkes bekannter wird.“

Wo wurde die Austellung inzwischen gezeigt?

„Wir waren im Oktober vergangenen Jahres in Rom. Jetzt ist sie hier in Prag zu sehen, davor in Frankfurt. Zudem wurde sie in Montabaur gezeigt. Das ist ein kleiner Ort, aber mit speziellen Galerieräumlichkeiten in ehemaligen Bunkern.“

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Tschechische Schülerinnen und Schüler haben anlässlich der Vernissage ihre Projekte zu Richard Henkes vorgestellt. Hat sie eines davon besonders beeindruckt?

„Ich bin erstens tief davon beeindruckt, dass sich so viele Schulen mit Richard Henkes beschäftigt haben. Mir hat die Aktion mit den Steinen sehr gut gefallen: das Bild von Richard Henkes mit seinem Namen auf einen Kieselstein zu bringen und aufzufordern, ihn irgendwo hinzulegen und dadurch einen Impuls zum Nachdenken zu geben und zum Nachschauen im Internet, wer er war, um sich dann auf die Spuren von ihm zu machen.“

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Pater Henkes wird in der Ausstellung auch als Brückenbauer zwischen Deutschen und Tschechien vorgestellt. Ist zu diesem Aspekt seines Lebens mehr bekannt?

„Das ist bisher ein Aspekt, der noch stärker herausgestrichen werden muss. Das ist auch der Grund, weshalb wir hier sind und die Ausstellung in Tschechien auf Wanderschaft gehen soll. Der Aspekt, dass er den späteren Kardinal Josef Beran im KZ kennenlernte, dass sie befreundet waren und dass Henkes anfing, Tschechisch zu lernen – das sind alles Dinge, die noch nicht im Bewusstsein sind, wie sie es verdient hätten.“


Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

An der Vernissage in Prag nahmen etwa 100 Schüler aus ganz Tschechien teil. Sie haben sich alle im Unterricht mit Richard Henkes und mit unterschiedlichen Aspekten seines Lebens beschäftigt. In Prag präsentierten die Schüler ihre Projekte, in denen sie unter anderem auf die NS-Zeit, aber auch auf die Bedeutung der Wahrheit in der heutigen Zeit eingingen. Die Ausstellung trägt den Titel „Und wenn die Wahrheit mich vernichtet“.

Anička ist 13 Jahre alt und geht auf ein Gymnasium in České Budějovice / Budweis. Zusammen mit ihren Mitschülern hat sie sich Gedanken darüber gemacht, wie sich Richard Henkes während der Corona-Zeit verhalten und wie er für die Wahrheit und gegen die Fake News gekämpft hätte. Dazu sagte die Schülerin gegenüber Radio Prag International:

„Ich denke, dass es nicht genügend Menschen gibt, die bereit sind, einiges für die Wahrheit zu opfern. Vielleicht sind die Leute allzu bequem. Dafür, was Richard Henkes tat, ist viel Mut, auch ein bisschen Verrücktheit und vor allem viel Menschlichkeit notwendig. Als ich über ihn gelesen habe, war ich tief davon beeindruckt, was alles man während eines kurzen Lebens schaffen kann.“

Die Wahrheit wird auch im Solo-Theaterstück „Abgerungen“ von Boris Weber thematisiert. In Prag erlebte das Schauspiel anlässlich der Vernissage seine tschechische Premiere.

Tomáš Cyril Havel von der Südböhmischen Universität in Budweis hat mit Martin Ramb an der Ausstellung über Richard Henkes zusammengearbeitet. Hier ein Gespräch mit dem Experten:

Tomáš Cyril Havel | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Haben Sie neben der Arbeit an der Ausstellung auch die Projekte für die Schulen initiiert?

„Ich weiß nicht, wer der Hauptinitiator war. Aber während der Gespräche war ich dafür, dass wir nicht nur große Bilder zeigen und dabei hoffen, dass sich jemand sie anschaut. Ich arbeite an der Theologischen Fakultät in Budweis, und die Religionspädagogik ist mein Hauptfach, da wollte ich dieses Potenzial nutzen. Wir hielten es für eine gute Lösung, neben den statischen Bildern, die an sich sehr schön und ansprechend sind, einen Online-Guide zusammenzustellen, der zusätzliche Informationen bietet. Dort werden letztendlich auch die Projekte der einzelnen Schulen präsentiert, sodass sich auch weitere Schulen daran inspirieren können. Ich hoffe, dass das ganze Projekt eine große Zukunft hat. Und ich hoffe, dass dort, wo die Ausstellung gezeigt wird und die Schüler sie besuchen, diese mehr Informationen auf der Website finden (www.richardhenkes.cz oder www.richardhenkes.de, Anm. d. Red).

Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Welche der Schülergruppen hat Sie am stärksten mit ihrer Projektpräsentation beeindruckt?

„Ich bin von allen sehr angetan davon, dass dahinter viel Interesse von der Seite der Schüler steht. Wenn ich eines der Projekte ein bisschen hervorheben würde, dann jenes, bei dem sich die Schüler ein wenig schriftstellerisch in die Person und das Denken eines Mitgefangenen von Richard Henkes versetzt haben. Dies fand ich sehr interessant.“

Anička vom Gymnasium in Budweis merkte an, sie sei zweifelsohne nicht die einzige, die die Geschichte von Richard Henkes zum Nachdenken bewegt habe:

„Seine Geschichte hat mich in meinem Glauben an die Menschheit bekräftigt, wenn ich das etwas dichterisch ausdrücken darf. Denn manchmal stelle ich mir die Frage, wohin die Welt sich bewegt. Wenn ich aber über solche Menschen wie Henkes lese, finde ich, dass wir noch nicht so schlimm dran sind. Denn gute Dinge passieren und werden immer passieren.“

Die Ausstellung mit dem Titel „Und wenn die Wahrheit mich vernichtet“ ist noch bis 31. Mai zu sehen, und zwar in der Kleinen Galerie des Franziskanerklosters bei der Maria-Schnee-Kirche in Prag.

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