Pavlát: Genozid an den Juden war der Höhepunkt einer langen Tradition des Antisemitismus

Auschwitz heute (Foto: CTK)
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Der 27. Januar - der Tag, an dem das KZ Auschwitz befreit wurde - ist in mehreren Ländern als Gedenktag für die Holocaust-Opfer ausgerufen geworden. In Tschechien wird dieser Tag - nach einer öffentlichen Diskussion - nun auch als ein bedeutender Gedenktag begangen. Martina Schneibergova sprach anlässlich des Gedenktags mit dem Leiter des Jüdischen Museums in Prag, Leo Pavlát.

Auschwitz heute  (Foto: CTK)
In den Gaskammern des KZ Auschwitz sind an die 1.500.000 Menschen, vorwiegend Juden, umgekommen. Leo Pavlát zufolge ist es notwendig zu wissen, dass fast die Hälfte von den während des Krieges ermordeten 6 Millionen Juden nicht direkt in den Konzentrationslagern starb, sondern dass sie vor allem in der Sowjetunion und in Polen Opfer von Angriffen verschiedener Mordkommandos gewesen sind:

"Auschwitz ist trotzdem zum Symbol des ganzen Ausrottungsprozesses geworden. Die Leugnung der nationalsozialistischen Verbrechen wird nicht zufälligerweise eben als ´Auschwitz-Lüge´ bezeichnet."

Das Programm des Jüdischen Museums konzentriert sich in diesen Tagen auf den Gedenktag. Es werden Vorträge, Gedenkveranstaltungen und Filmvorstellungen organisiert. Leo Pavlát fügte hinzu:

Leo Pavlát  (Foto: Autorin)
"Es ist notwendig zu betonen, dass die ganze Bezeichnung lautet: Der Tag des Gedenkens an die Holocaust-Opfer und der Verhinderung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Den zweiten Teil des Namens halte ich für sehr wichtig, denn damit wird gesagt, dass es sich nicht nur um ein Gedenken, sondern um ein aktuelles Thema handelt, dem man immer Aufmerksamkeit schenken muss."

Leo Pavlát zufolge gibt es weltweit immer noch Menschen, die den Genozid an den Juden in Frage stellen - nicht die Tatsache als solche, sondern eher was dessen Ziele, das ganze System und dessen Folgen anbelangt. Diese Meinung sei - so Pavlát - vor allem unter den Rechtsradikalen verbreitet, die über viele Webseiten im Internet verfügen.

Während das Infragestellen der NS-Verbrechen nicht salonfähig ist, hat man den Eindruck, dass ein ähnliches Infragestellen des Staates Israel in Europa nicht ganz selten vorkommt. Warum ist Europa kaum bereit, die Verantwortung für Israel, in dem die höchste Zahl der Shoah-Überlebenden zu Hause ist und welches infolge der Kriegsereignisse entstand, zu übernehmen? Leo Pavlát dazu:

"Wenn jemand der jüdischen Opfer der systematisch durchgeführten NS-Verbrechen gedenken will und dabei nicht einsehen will, dass es sich hierbei um dieselben Prinzipien handelte, die bislang rhetorisch auch gegenüber dem Staat Israel benutzt werden, dann ist dieses Gedenken eine Heuchlerei. Es ist offensichtlich, dass der Genozid an den Juden den Höhepunkt einer langen Tradition des Antisemitismus darstellte. Die gegenüber Israel heutzutage erhobenen Vorwürfe sind zweifelsohne antisemitisch. Der Staat Israel kann wegen seiner Politik genauso wie jeder andere Staat kritisiert werden. Aber es ist klar, dass der Antizionismus sehr oft die Leugnung des Rechtes Israels auf seine Existenz verkündet. Wenn das Prinzip des Antisemitismus Jahrhunderte lang in der Leugnung des Rechtes der Juden als Einzelpersonen darauf bestand, so wie die anderen zu leben, dann geht es in diesem Fall um die Leugnung des Rechtes des Judenstaates dahingehend, ein ebensolcher Staat wie die anderen Staaten zu sein."