Pilotprojekte führen kostenlose Menstruationsartikel an Schulen in Tschechien ein
Ein Anspruch auf kostenlose Menstruationsartikel wird auch in Tschechien immer mehr zum Thema. Einzelne Pilotprojekte statten bereits einige Schulen hierzulande mit Binden und Tampons aus. Nun ist die Regierung gefragt, mit flächendeckenden Maßnahmen nachzuziehen.
„Für die Mädchen steht auf dem Regal ein Körbchen bereit, das wir neben den Menstruationsartikeln dazubekommen haben. Darin befinden sich unterschiedliche Arten von Hygieneartikeln, Slipeinlagen und Tampons. Man kann sich also das Passende auswählen.“
Božena Palusgová steht in einem Toilettenraum der Grundschule U Uranie im siebten Prager Stadtbezirk. Die stellvertretende Direktorin berichtet weiter, dass sich die Lehranstalt letzten Herbst einer Initiative der Hilfsorganisation Člověk v tísni (Mensch in Not) angeschlossen habe. Dabei gehe es darum, die Bildungsstätten dauerhaft mit kostenlosen Periodenartikeln auszustatten. Kristýna Bojič koordiniert das Projekt mit dem Namen „Reproduktive Gesundheit von Mädchen und Frauen“, an dem bereits über 60 Schulen in ganz Tschechien beteiligt sind. Sie erläutert:
„Das Ziel unseres Projektes ist vor allem, darauf hinzuweisen, dass Menstruationsartikel in die Toilettenräume von Schulen gehören. Die Direktoren müssen keine Befürchtungen haben, dass die Mädchen damit verschwenderisch umgehen oder die Toiletten verstopfen. Vielmehr ist dies etwas Notwendiges.“
Laut Člověk v tísni sind in Tschechien etwa 38.000 Mädchen zwischen zwölf und 18 Jahren von Menstruationsarmut bedroht. Das heißt, dass sie nicht die nötigen finanziellen Mittel haben, um sich mit den passenden Hygieneartikeln zu versorgen.
Darauf reagiert die Politik im schlesischen Ostrava / Ostrau. Im dortigen Haushalt ist jährlich eine Million Kronen (40.000 Euro) reserviert, um den Schulen den Einkauf von Periodenartikeln zu finanzieren. Angeregt hatte dies der stellvertretende Oberbürgermeister Zbyněk Pražák (Christdemokraten). Er habe sich dabei im Ausland inspirieren lassen, sagt der Politiker:
„An allen Grundschulen in Ostrau, und das sind 54, sind auf allen Mädchentoiletten entsprechende Bindenspender montiert, die zur freien Verfügung stehen – ebenso wie etwa Toilettenpapier oder Seife bereitgestellt werden.“
Um dies in ganz Tschechien zu ermöglichen, bräuchte es eine Ergänzung in der Hygieneverordnung. Pražák überschlägt, dass es etwa 120 Millionen Kronen (4,8 Millionen Euro) im Jahr kosten würde, alle öffentlichen Grund- und Realschulen sowie Gymnasien mit Menstruationsartikeln auszustatten. Dieses Geld müsste aus den Etats der Schulbetreiber stammen, also zumeist der Kreise, Städte oder Gemeinden. Zuständig für eine solche Entscheidung ist das Gesundheitsministerium. Laut Staatssekretär Václav Pláteník (Christdemokraten) ist das Ressort darauf vorbereitet:
„Unser Ministerium könnte eine entsprechende Verordnung relativ schnell herausgeben. Das wäre bis zum Sommer möglich, womit sie schon für das nächste Schuljahr gelten würde. Es liegt allerdings am Bildungsministerium abzuwägen, ob eine solche Pflicht angebracht ist.“
Der stellvertretende Bildungsminister Jiří Nantl (Bürgerdemokraten) äußert sich offen für diese Zusammenarbeit:
„Ich denke, es braucht nur eine politische Absprache mit den Kollegen des Gesundheitsministeriums, damit wir diesen Prozess formell starten können.“
Der finanzielle Rahmen einer landesweiten Verordnung wäre überschaubar, fügt Nantl hinzu. Er gibt aber gleichzeitig zu bedenken, dass die Gesellschaft in Tschechien noch nicht daran gewöhnt sei, das Thema kostenloser Menstruationsartikel öffentlich zu diskutieren. Božena Palusgová von der Grundschule U Uranie bestätigt dies:
„Die heranwachsenden Mädchen schämen sich, darüber zu sprechen. Wir versuchen natürlich zu vermitteln, dass Periodenartikel eine ganz normale Sache sind. Wir genieren uns ja auch nicht, über Toilettenpapier zu reden. Warum sollten wir uns also dafür schämen, dass wir ein bestimmtes Bedürfnis haben? So ist nun einmal das Leben.“