Pilsens Fußballer erleben fabelhaften Herbst und träumen vom ersten Titel
Herbstzeit ist Erntezeit. So jedenfalls ist es in der Natur, die seit ewigen Zeiten feste Gesetze hat. Im Sport, insbesondere im Teamsport, ist es eher umgekehrt. Da wird im Herbst gesät, was man im Frühjahr ernten will. Aus dieser Sicht sind in den populären tschechischen Sportarten Fußball und Eishockey in diesem Herbst Tendenzen zu beobachten, die bereits Rückschlüsse auf den Ausgang der jeweiligen Meisterschaft zulassen.
Zur Einstellung des Ligarekords, den Sparta Prag in der Saison 1999/2000 mit 15 Siegen am Stück aufstellte, fehlen den Pilsenern noch vier Begegnungen. Viel wichtiger als dieser Rekord aber ist ihnen, dass sie der Konkurrenz schon ordentlich die Hacken gezeigt haben. Gegenüber ihren ärgsten Verfolgern, Sigma Olmütz und Sparta Prag, haben die Westböhmen nämlich derzeit einen Vorsprung von sage und schreibe zwölf Punkten. Eine Hypothek, die auch dem Abwehrchef der Prager, Erich Brabec, sehr zu denken gibt:
„Wir müssen uns auf uns selbst konzentrieren. Momentan haben wir ein paar Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Wir sind nicht blind und am Tabellenstand sieht man ganz genau, wie sich die Situation entwickelt hat. Es ist gewiss nicht angenehm, mit ansehen zu müssen, wie Pilsen praktisch schon davongeeilt ist.“Der Titelverteidiger, Olmütz, Teplice und Mladá Boleslav müssen sich also mächtig ins Zeug legen, wenn sie in der Meisterschaft noch ein ernstes Wörtchen mitreden wollen. Andernfalls wird man sich in Pilsen im kommenden Mai in den Armen liegen, um ein echtes „Frühlingsmärchen“ zu feiern.
Eishockey: Sparta Prag erwischt klassischen Fehlstart
Was im täglichen Leben passiert, gilt für den Sport erst recht: Wo es Gewinner gibt, muss es auch Verlierer geben. Handelt es sich bei den Unterlegenen um Außenseiter, wird darüber zumeist kein großes Aufheben gemacht. Gehört zu den urplötzlich Schwachen aber ein Favoritenteam, dann schaut man doppelt hin. In der obersten tschechischen Eishockey-Liga ist das nicht anders. Bis zum Dienstag wurden in der so genannten Tipsport-Liga 13 Spieltage der laufenden Saison ausgetragen. Das entspricht exakt einem Viertel der gesamten Punkterunde, so dass erste Tendenzen bereits zu erkennen sind. Eine davon ist die überraschende Misere des HC Sparta Prag, der wegen seiner vielen Top-Spieler noch vor der Saison zu den Titelaspiranten gezählt wurde. Nach der ersten Hinspielrunde liegt der achtfache Landesmeister jedoch nur auf dem vorletzten, 13. Tabellenplatz. Auch Spartas Coach Miloš Holaň kann das nicht begreifen:„Ganz gewiss hat niemand von uns mit einem solch schlechten Start gerechnet und wir können uns das bis heute nicht erklären. Wir hatten vor der Saison eine Mannschaft zusammengestellt, die große Hoffnungen weckte, und niemand konnte sich vorstellen, dass sie nicht in Tritt kommt. Als dann aber eine Niederlage der anderen folgte, sind die Spieler in ein psychisches Loch gefallen. Das sind besonders die Akteure, die sonst viele Tore schießen, denn sie treffen einfach nicht. Wir sind wie in einen Strudel geraten, der uns immer wieder runterzieht.“ Mehrere der Sparta-Stars sind bereits weit über 30 Jahre alt. Deshalb hat die Clubführung drei von ihnen inzwischen vor die Tür gesetzt und jüngere Spieler ins Team geholt. Aus dem Sumpf aber muss sich die Mannschaft ganz alleine ziehen – genauso, wie sie dort hineingeraten ist.Einen ebenfalls nicht ganz optimalen Start hatten die Cracks der Boston Bruins, die ihren Auftakt zur neuen NHL-Saison mit zwei Duellen gegen die Phoenix Coyotes in Prag bestritten haben. In der ersten Partie unterlagen die „Bären“ den „Kojoten“ klar mit 2:5. Im Re-Match aber zeigten sie ihr anderes Gesicht und gewannen verdient mit 3:0. Dennis Seidenberg ist einer von zwei deutschen Profis, die in den Reihen der Bruins stehen. Im Gegensatz zu Marco Sturm, der verletzt ist, hat Seidenberg auch in Prag gespielt:Herr Seidenberg, was hat Ihre Mannschaft besser gemacht als im ersten Spiel?
„Ich denke, dass wir so angefangen haben, wie wir gestern aufgehört haben, als wir noch ein gutes drittes Drittel hingelegt haben. Wir haben Druck gehabt und wir haben die Scheibe auch bis zum Tor bekommen, was man an unseren Torschüssen gesehen hat. Und am Ende hat es ja dann auch mit dem Sieg geklappt.“
War das im heutigen Spiel auch ein Teil eurer Taktik, dass ihr den Gegner schon in dessen Hälfte unter Druck setzt und so zu Fehlern verleitet?
„Ja, stimmt. Wir hatten uns vorgenommen, im Forechecking viel Druck zu machen, um Phoenix zu Turnovern zu zwingen. Das haben wir geschafft, und so haben wir heute auch zwei unserer drei Tore geschossen.“Hat euch euer Goalie heute auch den Rückhalt gegeben, den man zum Sieg einfach braucht?
„Unser Torwart hat uns auch im ersten Spiel viel Rückhalt gegeben, doch wir Feldspieler haben ihn leider kaum unterstützt. Von dem her war es heute die gute Mannschaftsleistung, dank der wir gewonnen haben.“
Wie viel Prozent der Stärke eures Teams hat man heute gesehen?
„Sehr viel. Es waren noch nicht 100 Prozent, doch es war schon ganz in der Nähe.“
Was bleibt Ihnen am meisten in Erinnerung vom gesamten Europatrip der Boston Bruins?„Es war einfach eine schöne Zeit hier mit der Mannschaft. Wir haben uns gut zusammengefunden, und wir haben in schönen Städten übernachtet wie Belfast oder Prag. Wir haben viel Spaß gehabt und es war ein gute Erfahrung.“