Play-offs ziehen Eishockeyfans in ihren Bann

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Für den tschechischen Eishockeyfan sollten die Olympischen Winterspiele in Sotschi eigentlich der Saisonhöhepunkt werden. In der Schwarzmeerstadt wussten die Schützlinge des ehemaligen Nationaltrainers Alois Hadamczik indes nicht zu überzeugen: Nach eher durchwachsenen Leistungen kehrten sie ohne Medaille nach Prag zurück. Die Enttäuschung darüber ist aber bei den Fans sehr schnell der Vorfreude gewichen – der Vorfreude auf den spannenden Kampf um die nationale Meisterschaft. Die Antwort auf die Frage nach dem neuen Titelträger wird seit Dienstag gesucht, denn da haben die Play-offs begonnen.

Jiří Hunkes  (Foto: ČTK)
Vor den Play-offs, an denen acht Mannschaften teilnehmen, wurde bereits eine kleine K.o.-Vorrunde absolviert, die sogenannten Pre-Play-offs. Dazu wurden zwei Serien im Modus best of five ausgetragen, in denen die zwei noch gesuchten Viertelfinalisten ermittelt wurden. Im ersten Duell trafen der Achte und Neunte der Hauptrunde, die Teams aus Vítkovice und Liberec aufeinander. Ihre Serie war nach nur drei Partien entschieden – alle drei gewannen die Spieler aus dem Stadtteil Vítkovice der Stahlmetropole Ostrava / Ostrau. Verteidiger Jiří Hunkes von den Weißen Tigern aus Liberec glaubt aber nicht, dass das Ergebnis der Serie die Leistung seines Teams widerspiegelt:

Filip Šindelář  (Foto: ČTK)
„Ich denke nicht, dass wir die schlechtere Mannschaft waren. Wir hatten in der gesamten Serie viele Chancen, doch leider sind wir immer wieder am Torwart des Gegners gescheitert.“

Der Goalie des HC Vítkovice Steel heißt Filip Šindelář. In den drei Vergleichen mit Liberec kassierte der 34-Jährige nur drei Gegentore und war damit der große Rückhalt seines Teams. Das sieht auch der Kapitän des Siegers, Jiří Burger, nicht anders:

„Phantastisch war Filip Šindelář, der einfach überragend gehalten hat. Ansonsten ist das Weiterkommen das Ergebnis unseres guten Teamworks. Jeder unserer Fünferblöcke hat das gebracht, wozu er fähig ist, und dies ist das Wichtigste im heutigen Eishockey.“

Pavel Hynek  (Foto: ČTK)
Der Trainer der unterlegenen Mannschaft aus Liberec, Pavel Hynek, sah noch einen weiteren Vorzug auf Seiten des Gegners:

„Vítkovice ist vor allem physisch stark. Die Spieler aus Ostrau sind bissig und stark in den Zweikämpfen, in diesem Punkt waren sie in der Serie einfach besser.“

Die 2:6-Heimniederlage von Liberec im dritten Match beendete nicht nur das Duell der beiden Teams in blau-weiß, sondern auch die Karriere eines phänomenalen Spielers auf der Seite der Gastgeber: Petr Nedvěd. Der 42-Jährige emigrierte schon in sehr jungen Jahren – mit gerade 17 Lenzen – nach Kanada und bestritt danach 15 Spielzeiten in der nordamerikanischen National Hockey League (NHL). Nach relativ kurzer Zeit erhielt er einen kanadischen Pass, so dass er den größten Erfolg seiner Karriere auch im Team Kanada feierte: die olympische Silbermedaille in Lillehammer. In Sotschi bestritt Nedvěd nun sein zweites olympisches Turnier, diesmal jedoch für sein Heimatland Tschechien. Die letzten sechs Jahre spielte er für den Verein seiner Geburtsstadt Liberec / Reichenberg – bis zum vergangenen Donnerstag. Weil der Sieg über die Weißen Tiger auch das Saison-Aus für Nedvěd und dessen Mitspieler bedeutete, musste Gästekapitän Burger schließlich noch ein klein wenig Abbitte leisten beim Idol der Nordböhmen:

Petr Nedvěd  (Foto: ČTK)
„Nedvěd ist eine große Persönlichkeit, ich ziehe den Hut vor seiner Karriere. Mir tut es nur etwas leid, dass ausgerechnet wir seine Karriere heute beendet haben. Dafür will ich mich ein wenig entschuldigen.“

Nedvěd hatte den Entschluss, seine aktive Laufbahn nach dieser Saison zu beenden, bereits sehr früh bekanntgegeben. Nun aber, als der Zeitpunkt dafür gekommen war, fiel ihm der Abschied sichtlich schwer:

„Ich hoffe, dass mir meine neue Arbeit genauso viel Spaß machen wird wie das Eishockey. Das wird indes nur schwer möglich sein, denn Eishockey war für mich alles. Im Leben werde ich wohl nur ganz schwer wieder etwas finden, was so toll ist wie das Puckspiel. Aber so ist es nun einmal.“

Bei der Offenbarung seiner innersten Gefühle kämpfte Nedvěd gegen seine Tränen an. Das hielt ihn auch davon ab, darüber zu sprechen, in welcher Tätigkeit es für ihn jetzt weiter geht. Dafür wusste Jiří Burger umso konkreter zu sagen, wie er und seine Mitspieler aus Vítkovice den Kampf um die Meisterkrone fortführen wollen. Im Viertelfinale treffen sie dabei auf den Titelfavoriten Sparta Prag:

HC Slavia Prag - HC Pardubice  (Foto: ČTK)
„Wir werden unsere Haut so teuer wie möglich verkaufen und werden dieses Duell genießen. Vor allem zu unseren Heimspielen in Ostrau werden bestimmt sehr viele Zuschauer kommen. Von daher glaube ich, dass die Begegnungen mit Sparta eine tolle Stimmung und ein hohes Niveau haben werden.“

Um einiges dramatischer verlief die zweite Paarung der Pre-Play-offs, die den Siebten und Zehnten der Hauptrunde zusammenführte. Das waren der Verein aus Pardubice und der zweite Hauptstadtclub, der HC Slavia Prag. Ihr Duell ging über die volle Distanz von fünf Begegnungen, hätte aber auch schon nach dem vierten Spiel in Prag zu Ende sein können. Nach drei Partien lag nämlich Pardubice mit 2:1 Siegen vorn, und auch im vierten Match waren die Ostböhmen die eindeutig tonangebende Mannschaft. Sie schossen 41 Mal auf das Tor der Prager, trafen aber nicht ein einziges Mal ins Netz. Slavia hingegen brauchte für das einzige Tor des Spiels nur 14 Versuche – durch den Treffer von Marek Tomica gewannen die Rot-Weißen mit 1:0 und glichen in der Serie zum 2:2 aus. Der Slowake Radoslav Tybor, der in den ersten zwei Partien je zwei Tore für Pardubice erzielte, gab sich trotz der Niederlage weiter selbstbewusst:

Radoslav Tybor  (Foto: ČTK)
„Ich habe ständig daran geglaubt, dass mir aus den vielen Chancen wenigstens im dritten Drittel ein Tor gelingt, doch leider sollte es heute nicht sein. Die Tore haben wir uns aber für das entscheidende Spiel am Sonntag aufgespart.“

Dieses Match fand wie eben gehört am Sonntag in Pardubice statt. Und Tybor sollte recht behalten: In diesem Kampfspiel um Alles oder Nichts fielen zehn Tore, davon sechs für die Gastgeber. Pardubice gewann die Begegnung also mit 6:4 und somit das Duell mit Slavia Prag 3:2 nach Siegen. Tybor markierte die beiden letzten Treffer der Serie und konnte sein Glück kaum fassen. Zudem freute er sich schon auf den nächsten Gegner, den HC Oceláři Třinec:

HC Třinec - HC Pardubice  (Foto: ČTK)
„Jetzt sind wir voller Euphorie. Třinec hatte eine lange Pause, wir hingegen sind eingespielt, das ist unser Vorteil. Auf der anderen Seite hat uns die Serie mit Slavia viel Substanz gekostet, Třinec könnte jetzt womöglich etwas mehr Kraft haben als wir. Wir fahren aber nicht ängstlich nach Třinec, sondern wollen zumindest eines der beiden Auswärtsspiele gewinnen.“

Das ist den Ostböhmen am Dienstag eindrucksvoll gelungen – sie düpierten das Team aus Třinec in dessen Halle mit 4:0. Auch in einer weiteren Auftaktpartie des Viertelfinales gab es eine Überraschung: Der HC Kometa Brünn siegte bei Titelverteidiger Pilsen mit 4:1. In den übrigen zwei Begegnungen setzten sich am Dienstag die Gastgeber durch: Zlín bezwang Hradec Králové mit 2:1 nach Verlängerung und Sparta Prag schlug Vítkovice mit 3:2. Die favorisierten Prager mussten sich für ihren Erfolg jedoch mächtig ins Zeug legen. Aber sie haben mit Petr Ton den besten Torjäger der Hauptrunde in ihren Reihen. Der 40-Jährige erzielte nach einem Solo das Siegtor für die Prager, wenn auch auf eine für ihn ungewöhnliche Weise:

Petr Ton  (Foto: ČTK)
„In dem Moment, als ich allein auf Torwart Šindelář zulief, habe ich nur kurz überlegt, ob ich schießen oder zu einer Finte ansetzen soll. Als ich begann, zu improvisieren, bemerkte ich, wie Šindelář seinen Stock anhob und sich damit eine Lücke zwischen seinen Schonern auftat. Das nutzte ich augenblicklich und schob den Puck zwischen seinen Beinen hindurch ins Netz. Ich bin froh, dass ich damit die erste Chance unserer Angriffsreihe gleich verwerten konnte.“

Am Mittwoch wird das Play-off-Viertelfinale mit den zweiten Begegnungen der vier Paarungen fortgesetzt.

Autor: Lothar Martin
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