Politisch heikel, aber erneut in Diskussion: die Direktwahl des Präsidenten

Nach der teils turbulenten, teils blamablen Präsidentschaftswahl ist die Diskussion über eine Direktwahl des Staatsoberhauptes in Tschechien erneut erstarkt. Am Dienstag kündigten die Christdemokraten an, das Thema ins Regierungskabinett einzubringen. Die Sozialdemokraten sind auch dafür, den Wahlmodus zu ändern.

 Lubomír Zaorálek  (Foto: ČTK)
„Der zentrale Parteiausschuss hat die Parteiführung dazu verpflichtet, konkrete Schritte zur Durchsetzung der Direktwahl des Präsidenten zu unternehmen.“

Das sagte am Dienstag der stellvertretende sozialdemokratische Parteivorsitzende Lubomír Zaorálek. Sein Parteikollege Zdeněk Škromach schob die Begründung hinterher:

„Angesichts der Wahlergebnisse in den letzten Legislaturperioden fällt es für alles Mögliche schwer eine Mehrheit zu finden. Nicht zuletzt betrifft dies auch die Wahl des Präsidenten.“

Zdeněk Škromach
Die Sozialdemokraten wissen in ihrer Forderung auch die Kommunisten hinter sich. Entscheidend dürfte aber die Haltung der Regierungskoalition sein. Die Christdemokraten wollen das Thema auf den nächsten Kabinettssitzungen öffnen. Zusammen mit den Grünen sprechen sie sich für die Direktwahl aus. Wer noch zögert, das ist die stärkste Kraft im Parlament, die Bürgerdemokraten von Premier Mirek Topolánek. Sie haben angekündigt zu verhandeln. Der Koalitionsvertrag schreibt ihnen dies ohnehin vor. Schon lange ihre Wahl getroffen haben indes die Bürger des Landes.

„Es gibt seit Jahren Umfragen, aus denen hervorgeht, dass 70 bis 80 Prozent, also eine klare Mehrheit der Bürger sich eine Direktwahl wünscht“, so Radio-Prag-Mitarbeiter und Politologe Robert Schuster.

Vor der aktuellen Wahl fanden sogar 90 Prozent der Tschechen, dass sie am liebsten selbst ihr Kreuzchen hinter einem Präsidentschaftskandidaten machen würden. Dagegen spricht, dass das Staatsoberhaupt von der Verfassung her eigentlich nur wenige Befugnisse hat. Doch greift der tschechische Präsident – anders als der Bundespräsident in Deutschland – in einigen Fragen durchaus in die Regierungspolitik ein. Das Machtgefüge ist in solchen Fällen wie ein Uhrwerk fein abgestimmt. Robert Schuster hält deswegen einen Eingriff für gefährlich:

„Meiner Meinung nach kann die Überlegung, die Direktwahl des Präsidenten einzuführen, nicht geregelt werden, ohne die Frage zu beantworten, ob nicht auch das gesamte Verfassungsgefüge - das Zusammenspiel von Präsident und den beiden Parlamentskammern - neu interpretiert werden sollte.“

Doch genau davor scheuen sich die Parteien, und das wahrscheinlich auch zu Recht. Für eine Verfassungsänderung eine Übereinkunft zu finden dürfte nicht leichter sein, als etwa für die Reform des Gesundheitswesens. Regierung und Opposition sind nämlich in Grundsatzfragen heillos zerstritten.