Präsident Gauck warb mit Besuch von Lidice um weitere Versöhnung

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Am Mittwoch weilte der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck zu seinem Antrittsbesuch in Tschechien. In Prag bekannte sich Gauck zur deutschen Schuld durch Krieg und Besatzung und hob die historische Verantwortung der Deutschen für die Verbrechen des Nationalsozialismus hervor. Mit dem Besuch von Lidice hat er dies zum Ausdruck gebracht. An dem Ort, der durch ein blutiges NS-Massaker von 1942 völlig zerstört wurde, legte Gauck einen Kranz und Blumen nieder und gedachte der Opfer dieser Verbrechen.

Václav Klaus und Joachim Gauck  (Foto: ČTK)
Bundespräsident Joachim Gauck war auf Einladung seines tschechischen Amtskollegen Václav Klaus nach Prag gekommen. Beide Staatsoberhäupter, Anfang der 1940er Jahre geboren, zeigten vor der Presse, dass sie sich nicht nur wegen ihres nahezu gleichen Alters gut verstehen. Auf der Prager Burg waren aber auch nachdenkliche Töne zu hören:

„Wir sind ja beide im Krieg geboren. Wir können das beide selbstverständlich nicht nur so hinnehmen, wenn die deutsche Nationalhymne auf der Prager Burg gespielt wird. Wir erinnern uns immerfort auch an andere Lieder und andere Deutsche, die hier in Prag anwesend waren. Und wir sind beide glücklich, dass wir diese Zeit der Freundschaft hier erleben dürfen. Es ist wirklich Freundschaft, was unsere Länder verbindet“, sagte Gauck.

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Der Bundespräsident betonte mehrfach, dass er seinen Antrittsbesuch hauptsächlich einem Thema widme – er wolle den Opfern des Nationalsozialismus seinen Respekt entgegenbringen. Gauck unterstrich sein Anliegen mit den Worten:

„Dieses Deutschland ist komplett anders als andere Deutschlands es waren. Wenn wir hierher kommen, dann kommen wir mit Respekt und auch mit Trauer für das, was Vorgängergenerationen angerichtet haben mit unseren Nachbarstaaten. Und das ist dieses Hauptsignal.“

Marie Šupíková  (Foto: Archiv des Kulturministeriums der Tschechischen Republik)
Der Besuch der Mahn- und Gedenkstätte Lidice durch Bundespräsident Gauck wurde von den anwesenden Einwohnern des heutigen Lidice durchweg begrüßt. Zu den tschechischen Bürgern, denen Gauck dort begegnete, gehörte auch eine der wenigen Überlebenden des damaligen Massakers – die 80-jährige Marie Šupíková:

„Ich schätze es sehr, dass er als Staatsoberhaupt diese Geste zeigt und uns, die wir noch leben, um Verzeihung bittet. Präsident Gauck nimmt dabei einen Teil der Schuld auf sich, obwohl ihn keine Schuld trifft für das, was hier geschehen ist.“

Auch andere Bürger von Lidice und Umgebung würdigten es, dass Bundespräsident Gauck diese Geste zeigte. Andererseits verwiesen mehrere Tschechen darauf, dass eine solche Geste von deutscher Seite nach 70 Jahren zu spät komme. Zumal die wenigen überlebenden Erwachsenen des Massakers inzwischen verstorben sind.

Joachim Gauck und Václav Klaus  (Foto: ČTK)
Joachim Gauck hatte zuvor in Prag davon gesprochen, dass die ältere Generation ihre in der Zeit der Kriegsleiden gemachten Erfahrungen an nachfolgende Generationen weitergeben müsse. Er freute sich daher sehr, auch ganz jungen Tschechen und Tschechinnen in Lidice zu begegnen. Von dem Auftritt eines Kinderchores aus dem benachbarten Buštěhrad zeigte sich Gauck zudem gerührt:

„Ihr habt gesungen für uns, und ihr seid hergekommen, um uns zu begrüßen. Das ist für uns ein großes Geschenk und wir sagen euch ganz herzlich Dankeschön.“

Neben ihrem gesungenen Lied überreichten die Kinder dem Bundespräsidenten auch ein kleines Geschenk. Was es war, verriet eine kleine Interpretin gegenüber Radio Prag:

„Zwei Gedichte, in tschechisch und in deutsch.“

Palais Lobkowicz  (Foto: Sir James,  Creative Commons 3.0)
Bundespräsident Gauck hat seinen Antrittsbesuch in Tschechien also voll und ganz der weiteren Aussöhnung zwischen Tschechen und Deutschen gewidmet. Andere und auch kontroverse Themen würden ein anderes Mal besprochen, so Gauck. Zu einem dieser Themen aber äußerte er sich bereits in Prag:

„Aber ein schöner Platz ist es schon“, sagte Gauck zum Standort der Deutschen Botschaft in Prag. Die entsprechende Anlage – das Palais Lobkowicz mit Garten – will der deutsche Staat von Tschechien käuflich erwerben. Die Verhandlungen dazu sind aber noch nicht abgeschlossen.