Präsidentschaftswahl: Parteien beziehen ihre Positionen
Etwas mehr als eine Woche dauert es noch, bis das tschechische Parlament ein drittes und voraussichtlich letztes Mal versuchen wird, ein neues Staatsoberhaupt zu wählen. Über die jüngsten Entwicklungen bei der Suche nach einem Nachfolger für Vaclav Havel informiert Gerald Schubert:
Wenn am letzten Februartag die Abgeordneten und Senatoren wieder zu einer gemeinsamen Sitzung im Spanischen Saal der Prager Burg zusammentreten werden, um einen neuen tschechischen Präsidenten zu wählen, dann dürften sie wohl ein letztes Mal Gelegenheit haben, dieses Vorhaben auch in die Tat umzusetzen. Denn nach derzeitigem Stand der Dinge gilt es als sehr wahrscheinlich, dass im Falle des abermaligen Scheiterns der Abstimmung eine Verfassungsänderung angestrebt und damit eine Direktwahl des Staatsoberhauptes durch das Volk ermöglicht werden würde. Letztere findet, was die langfristige Perspektive betrifft, ohnehin Unterstützung quer durch das Parteienspektrum. Außer der liberalen Freiheitsunion, die eine Direktwahl schon seit langem einfordert, ist nun auch die oppositionelle Demokratische Bürgerpartei ODS eine ihrer vehementesten Befürworterinnen, obwohl sie bis vor wenigen Monaten noch eine gegenteilige Meinung vertrat. Und auch jetzt noch, wenige Tage vor der dritten Wahlrunde durch das Parlament, stößt deren Abgeordneter Jan Vidim in dieses Horn:
"Wir sind der Meinung, dass sich diese Verfassungsänderung so verhandeln, beschließen und im Gesetzbuch verankern lässt, dass der Präsident bereits im Juni, gleichzeitig mit dem Referendum über den EU-Beitritt, direkt gewählt werden könnte."
Die Aussage des Abgeordneten repräsentiert dabei gut die momentane Haltung seiner Partei, der ODS. Denn deren Kandidat, Expremier Vaclav Klaus, war bis jetzt ja aus allen Wahlgängen als stimmenstärkster Kandidat hervorgegangen. Nur für die verfassungsmäßig vorgeschriebene absolute Stimmenmehrheit hat es eben nie gereicht. Der Abstimmung am nächsten Freitag kann die ODS also ebenso gelassen entgegensehen wie einer eventuellen Direktwahl. Denn ihr Kandidat liegt auch in den Meinungsumfragen vorn. Was läge also näher, als Klaus bereits jetzt als Konstante für alle Fälle zu präsentieren? Klaus selbst bemüht sich jedenfalls schon seit geraumer Zeit, betont überparteilich zu wirken und sein Image als polarisierender Parteistratege abzustreifen.
Ganz anders das Bild im sozialdemokratisch dominierten Regierungslager. Hier haben in den zurückliegenden Wahlgängen die Kandidaten einander abgewechselt beziehungsweise sich gegenseitig aus dem Rennen geworfen. Und die CSSD, die Sozialdemokratische Partei, scheint nach wie vor nicht in der Lage zu sein, sich einheitlich hinter einen Kandidaten zu stellen. Der nun aufgestellte ehemalige Schulminister Jan Sokol trifft ebenfalls auf den Widerstand einiger Parlamentarier, die ihm etwa seine kritische Haltung zur Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg vorwerfen.
Die vorläufig letzte Meldung: Der sozialdemokratische Senator und ehemalige Gewerkschaftschef Richard Falbr hat sich am Montag ins Spiel gebracht und eine Kandidatur erwogen. Er selbst, so Falbr, sei ja eigentlich für Sokol. Sollte sich aber andeuten, dass dieser nicht auf ausreichende Unterstützung zählen könne, dann stünde er zur Verfügung.
Daher heißt es in Prag nun wieder einmal: Die endgültige Kandidatenliste für die nächste Wahl steht noch nicht fest. Die Frage, wer gewinnen könnte, oder ob es überhaupt ein Ergebnis geben wird, die wird ohnehin nur noch sehr vorsichtig diskutiert.