Prag nahm erstmals offiziell an der europaweiten Aktionswoche für mehr Mobilität teil

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Letzten Donnerstag wurde in vielen europäischen Städten ein so genannter autofreier Tag begangen. Was ursprünglich auf die Initiative einiger Nichtregierungsorganisationen und Umweltgruppen zurückzuführen ist, bekam vor sechs Jahren den Charakter einer offiziellen Veranstaltung, bei der die Europäische Kommission die Schirmherrschaft übernommen hatte. Seither findet der autofreie Tag jährlich im Rahmen der so genannten "Europäischen Woche der Mobilität" statt. In Tschechien gab es übrigens eine vergleichbare Veranstaltung schon bedeutend früher, so dass der autofreie Tag heuer bereits zum dreizehnten Mal begangen wurde.

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Hierzulande beteiligten sich in diesem Jahr insgesamt 34 Kommunen, die sich entschlossen hatten für einen ganzen Tag zumindest einen Teil ihrer Innenstädte für den Autoverkehr zu sperren. In einer Reihe verschiedener Veranstaltungen wurde versucht Alternativen aufzuzeigen, wie man in großen urbanen Zentren auch ohne Auto unterwegs sein kann, bzw. wie sich dadurch die Lebensqualität der Bewohner verbessern könnte. In zehn tschechischen Städten war am Donnerstag die Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln gratis.

Die meisten der besagten Veranstaltungen hatten den Charakter von Happenings, mit dem Ziel die interessierte Öffentlichkeit oft auf spielerische Art mit ein zu beziehen und somit ihr Problembewusstsein zu stärken. Ganz bewusst wurden Autos auch von Orten ferngehalten, wo sie gewöhnlich parken, oder von Kreuzungen, wo es normalerweise zu Staus kommt, um in erster Linie den Bewohnern und unmittelbaren Anrainern zu zeigen, wie es ohne die vielen Autos in den Innenstädten aussehen könnte.

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In Tschechien wurde der autofreie Tag erstmals auch in Prag offiziell begangen, auch wenn ihn die Stadtverwaltung nicht, wie in anderen Städten am Donnerstag, sondern bereits für den vorangegangenen Sonntag angesetzt hat.

In Prag sind zur Zeit ungefähr 800.000 Autos registriert, die Tendenz ist aber weiterhin steigend. Im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten nimmt Prag damit gegenwärtig den dritten Rang ein, was die Anzahl der Autos im Verhältnis zur Einwohnerzahl angeht. Rein statistisch gesehen bedeutet das, dass auf jeden Prager im produktiven Alter zwei Autos entfallen.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die gegenwärtige Situation mit den steigenden Benzinpreisen die Autofahrer weltweit und somit auch in Tschechien dazu verleiten könnte den Gebrauch der Autos einzuschränken und wenn nicht gänzlich, so doch immer stärker auf alternative Verkehrsmittel umzusteigen. Ob diese Vorstellung der Wirklichkeit entspricht, darüber unterhielten wir uns im Folgenden mit Lucie Lebrova von der Initiative Wold Carfree, die zu den Mitveranstaltern des autofreien Tags in Tschechien gehört:

"Ich glaube, dass auf der einen Seite die Ausgangslage natürlich günstiger ist, aber gleichzeitig müssten dem noch einige Vorbereitungen vorausgehen. Auch wenn die Benzinpreise weiterhin steigen sollten, wird es nicht leicht werden zu erreichen, dass die Leute auf ihre Autos verzichten. Es wird sicherlich viele Autofahrer geben, die bereit sind auch höhere Preise zu bezahlen. Um mögliche Alternativen attraktiver zu gestalten, fehlt es immer noch an der notwendigen Infrastruktur - etwa an Radwegen, oder so einfachen Sachen, wie Fahrradständern. Es müssten auch Anreize geschaffen werden, um den öffentlichen Personen und Nahverkehr attraktiver zu machen."

Gerade in Prag bestehe laut Frau Lebrova nach wie vor großer Nachholbedarf. Zwar würde sich die Stadtverwaltung immer wieder damit brüsten, dass es in der tschechischen Hauptstadt eines der dichtesten Netze im Bereich des öffentlichen Personen- und Nahverkehrs gibt, in Wirklichkeit würden aber andere Verkehrsteilnehmer, wie Radfahrer, oder Fußgänger, Frau Lebrova zu Folge, nicht ausreichend unterstützt. Für mögliche Vorbilder, wie man diese Situation ändern und den autofreien Tag in Prag begehen könnte, muss man aber gar nicht erst ins Ausland fahren, wie Lucie Lebrova hinzufügt:

"Ich muss sagen, was andere Städte angeht, sind diese weit aus progressiver als Prag, egal ob Ceske Budejovice/Budweis, Olomouc/Olmütz oder andere. Dort werden zum Beispiel im Rahmen der Aktionswoche für einen Tag ganze Stadteile im historischen Zentrum geschlossen. Die Bewohner sehen dann, dass es auch ohne Autos geht und was sich dabei alles verändern kann. Natürlich, wenn man es gewohnt ist das Auto täglich zu benutzen, kann das vielleicht auch das eine oder andere Problem verursachen. Aber auf der anderen Seite merken sie dann die großen Vorteile davon, dass die Autos nicht hin und her fahren."

Die Beispiele aus anderen tschechischen Städten zeigen, dass es doch möglich ist den Autoverkehr aus den Innenstädten zumindest für einen Tag zu verbannen. Warum geht das in Prag schwieriger, als anderswo? Ist das eine Sache der geringen politischen Unterstützung für diese und ähnliche Projekte, oder sind Kommunen in der Größenordnung Prags ganz einfach nicht dazu geeignet? Lucie Lebrova:

"Leider ist das wirklich eine Frage der geringen politischen Unterstützung, denn wenn es in größeren Städten als Prag keine Schwierigkeiten gibt, dann müsste das doch auch hier gehen? Nehmen wir zum Beispiel Budapest. Dort werden an jedem Sonntag die Brücken für den Verkehr gesperrt und sofort beginnt sich dort ein reges soziales Leben abzuspielen. Auf einmal zeigt sich, was alles möglich ist, wenn die Menschen auf einmal mehr Zeit für sich haben und nicht immer nur in hektischer Bewegung sind. Längerfristig gesehen ist das auch ein Mittel, mit dem man Touristen anziehen könnte. Ich finde es schade, dass noch niemand auf die Idee gekommen ist so etwas auch in Prag einzuführen. Bei entsprechenden Anfragen hören wir leider immer wieder auch Argumente, dass bei der Schließung der Brücken, oder auch an einem autofreien Tag der Stadt Touristen verloren gehen würden. In Wahrheit ist es aber genau umgekehrt. Es fehlt also an politischem Willen das zu ändern."

Foto: Jana Sustova
Prag ist wohl eine der wenigen Metropolen, wo die Hauptverkehrswege mitten durch die Stadt gehen. Das bedeutet also, dass morgens und abends die tschechische Hauptstadt von West nach Ost, von Nord nach Süd und umgekehrt eine große Blechlawine durchquert. In einigen Metropolen, wie zum Beispiel in London, versuchte man dem Herr zu werden und führte eine spezielle Maut ein, welche die Autofahrt ins Stadtzentrum unattraktiver machen sollte. Wäre das auch für Prag eine Lösung?

"Ich denke, dass das genau die Lösung wäre, die Prag braucht. In allen übrigen Metropolen gibt es am Stadtrand bei den U-Bahn-Stationen große Parkplätze, die es ermöglichen den Wagen abzustellen und dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Innenstadt zu fahren. Ich persönlich sehe nicht ein, warum man ins Stadtzentrum Prags mit dem Auto fahren sollte. Um aber mögliche Missverständnisse auszuschließen: Natürlich wären von so einer Maut Krankenwagen, Taxis und auch die Einwohner der Innenstadt befreit. Vielleicht müsste man so etwas aber zunächst schrittweise einführen, das heißt zunächst vielleicht zu gewissen Tageszeiten die Autofahrt ins Zentrum einschränken. Das würde natürlich voraussetzen, dass die Polizei über die Einhaltung dieser Einschränkungen strikt wachen würde. Das ist auch eine Frage der Höhe von möglichen Geldstrafen, die immer noch sehr niedrig sind, so dass es sich fast lohnt die Vorschriften nicht einzuhalten. Oder ein weiterer Punkt ist, dass in Prag die Parkplätze in der Innenstadt viel zu billig verkauft werden. Einen anderen Weg ist man zum Beispiel in Cesky Krumlov/Krumau gegangen, wo die Parkplätze in der Stadt 12 000 Kronen (umgerechnet 400 Euro) kosten und den Unterschied spürt man dort."

Prager Oberbürgermeister Pavel Bem
Dennoch scheint die Frage, ob eine Maut für die Fahrt in die Prager Innenstadt eingeführt werden soll, nicht ganz aus der Luft gegriffen. Zumindest einige von den politisch Verantwortlichen scheinen sich bereits Gedanken darüber zu machen. Das belegen abschließend auch die Aussagen des Prager Oberbürgermeister Pavel Bem gegenüber Radio Prag, die er zu Beginn der diesjährigen "Woche der Mobilität" traf:

"Die Debatte über die Einführung einer Gebühr für Fahrten ins Stadtzentrum wird bereits sehr rege geführt. Allgemein gilt sie als eine mögliche Alternative. Die Erfahrungen, die London mit dieser Maut gemacht hat, werden immer noch ausgewertet. Es zeigt sich aber, dass sie mit großen Vorteilen verbunden sind. Ich muss ehrlich gestehen, dass es für mich sehr überraschende Erfahrungen sind, vor allem im Bezug auf die geringere Belastung der Londoner Innenstadt. Für uns ist das eine Erfahrung, die man sicherlich nutzen könnte."