"Woche der Mobilität" in Prag - Visionen von einer Stadt ohne Autos
Uferpromenaden voller Straßencafes, Auto freie Zonen und Spielstraßen, Radfahrwege entlang der wichtigsten städtischen Verbindungsachsen - all dies sind in Prag bislang noch Zukunftsvisionen. Doch immer mehr Menschen hier wünschen sich, dass diese Zukunft endlich in greifbare Nähe rückt. Das tat sie auch für ein paar Tage, während der Europäischen Woche der Mobilität. Dank dem Engagement zahlreicher Bürgerinitiativen konnten die Prager und Pragbesucher am vergangenen Wochenende etwa gemütlich die schönste Uferpromenade der Stadt entlang schlendern, ohne dabei von Autos gestört zu werden. Und sie konnten mit Politikern über ihre Visionen von einer lebenswerteren Stadt diskutieren. Silja Schultheis hat eine dieser Diskussionen im Theater "Alfred ve Dvore" mitverfolgt.
Ja, zunächst einmal fand ich es sehr positiv, dass das Publikum in der Tat Visionen hatte - es waren sehr engagierte Menschen hierher gekommen, die einen völlig anderen Eindruck vermittelten als den, den man im Prager Straßenverkehr meistens gewinnt: Nämlich dass sich Fußgänger geradezu demütig gegenüber den Autofahrern verhalten und ihre eigenen Rechte viel zu wenig geltend machen - man bleibt an Zebrastreifen so lange stehen, bis alle Autos vorbei sind, macht brav einen Bogen um Fahrzeuge, die einem den Fußgängerübergang zuparken und so weiter. Das war hier anders. Die Leute, die im Theater "Alfred ve dvore" zusammenkamen, machten zum Teil richtig ihrer Wut Luft - ihrer Wut darauf, dass man in Prag im Gegensatz zu anderen europäischen Städten überhaupt nicht Fahrrad fahren kann, weil es so gut wie keine Radwege gibt. Dass man kaum Behinderte im Stadtbild sieht, weil die meisten öffentlichen Verkehrsmittel alles andere als behindertengerecht sind usf.
Wie reagierten die anwesenden Politiker denn auf diesen Unmut, welche Rezepte boten sie zur Verbesserung der Prager Verkehrssituation an?
Einig war man sich über das Grundproblem: Der Prager Verkehr ist viel zu sehr von Autos dominiert, es kommt regelmäßig zum Verkehrskollaps, die Umweltbelastung ist zu hoch. Dieses Problem wollten alle Parteien in Angriff nehmen. In diesem Zusammenhang wurde viel diskutiert über einen äußeren und inneren Stadtring um Prag, der das Zentrum entlasten soll. Und auch das System des öffentlichen Nahverkehrs, das in Prag relativ gut ausgebaut ist und auch viel genutzt wird, sollte etwa nach Meinung der Grünen noch weiter verbessert werden, insbesondere das Eisenbahnnetz. Deutlich unterschieden haben sich die Parteien in dem Stellenwert, den sie dem Fahrrad als alternativem Verkehrsmittel beimessen. Während die ODS und die Sozialdemokraten etwa ganz klar zu verstehen gaben, dass Radfahrer immer eine Randerscheinung bleiben werden und die Stadt im Grunde jetzt schon ihr Maximum zum Ausbau des Radnetzes tut, sahen die Grünen dies völlig anders. Sie plädierten dafür, das Fahrradnetz nicht nur in den Naherholungsgebieten auszubauen wie es bisher geschieht, sondern auch die wichtigsten Verbindungsstraßen in der Stadt mit Radwegen oder -streifen zu versehen.Glaubst Du, dass Prag für Fußgänger und Radfahrer irgendwann einmal eine Lebensqualität wie Amsterdam, Wien oder andere westeuropäische Städte haben wird?
Also, das was ich in den letzten Tagen in Prag gesehen hab, hat mich schon ein wenig optimistisch gestimmt. Allerdings darf man natürlich nicht vergessen, dass das immer noch Initiativen von Minderheiten sind. Die alltägliche Realität ist immer noch die, die ich vorhin beschrieben habe. Aber ich hoffe, dass die Initiativen im Rahmen der "Woche der Mobilität" noch mehr Prager auf den Geschmack gebracht haben, wie schön und wie viel lebenswerter eine Stadt mit weniger Autoverkehr wäre.