Eine Woche für das Klima: Aktionstage und Regierungskampagne #Czechia4Climate
Seit Montag läuft in Tschechien bereits zum dritten Mal die Initiative „Týden pro klima“, also die Klimawoche. Mit mehr als einhundert Veranstaltungen wird damit landesweit auf Klimawandel, Naturschutz und Nachhaltigkeit aufmerksam gemacht. Zum gleichen Termin starten zudem das Umwelt- und das Außenministerium ihre gemeinsame Kampagne #Czechia4Climate. Mit dieser wird das Thema als Schwerpunkt in die EU-Ratspräsidentschaft eingebracht.
Die erste Klimawoche in Tschechien wurde 2019 von der Schülerbewegung Fridays for Future organisiert. Anlass war damals der globale Klimastreik. Die jungen Aktivist*innen streiken nach der pandemiebedingten Pause nun auch in Tschechien wieder regelmäßig – so etwa zuletzt am vergangenen Freitag. Die Klimawoche wird aber seit dem zweiten Jahrgang 2021 von der tschechischen Klimakoalition organisiert, einem Zusammenschluss von gut 30 Organisationen und Initiativen. Die symbolische Schirmherrschaft hält nun zudem die Vereinigung Zelený kruh (Grüner Kreis).
Mitmachen könne Jede und Jeder, betont Jitka Martínková. Im Gespräch mit Radio Prag International berichtet die Kommunikationsbeauftragte der Klimakoalition, dass in diesem Jahr mehr als 120 Aktionen in ganz Tschechien auf dem Programm stünden:
„Vom Inhalt und auch der Gestaltung her ist dies ein bunter Mix. Die Klimakoalition stellt den technischen Rahmen der Aktionswoche zur Verfügung, aber Thema und Form der einzelnen Veranstaltungen wählen die lokalen Organisatorinnen und Organisatoren selbst. Sehr populäre Formate sind Ausstellungen, Vorträge und Diskussionen. In diesem Jahr konnten wir zudem das Nationale Bibliotheksnetzwerk einbeziehen. Es organisiert Veranstaltungen in verschiedenen regionalen Filialen, zum Beispiel Gesprächsrunden, Filmvorführungen oder auch Swap-Kleidertauschaktionen.“
Tauschbörsen gibt es bei der Klimawoche etwa auch für Pflanzen. Im Prager Park Cibulka werden wiederum kollektiv Nisthäuschen für Vögel gesäubert, und in mehreren Städten findet ein Spieletag zum Thema Klima statt. Außerdem werden vielerorts Dokumentarfilme gezeigt und gemeinsame Jogastunden oder Picknicks angeboten. Online kann man zudem einen Beschwerdebrief wegen störendem Lichtsmog verfassen. Und bei einem Happening entsteht am Náplavka-Ufer in Prag ein großflächiges Banner, das sogenannte „Warming stripes“ zeigt, also die farbige Visualisierung der Erderwärmung.
Diskussionen zu Klima-Migration oder nachhaltiger Transformation
Jede Organisation, Bürgerinitiative oder Gemeindeverwaltung, die noch bis Sonntag etwas Ähnliches veranstaltet, kann dies auf der Homepage der Klimawoche eintragen. Die Klimakoalition selbst biete aber auch eigene Veranstaltungen an, fügt Martínková hinzu:
„Dies sind etwa zwei Gesprächsrunden. Eine dreht sich um Klima-Migration und findet in Prag statt. Bei der zweiten in Ústí nad Labem geht es um Wirtschaft und die sozialen Aspekte einer nachhaltigen Transformation. Die Klimakoalition bietet zudem noch ein Webinar an, wie man sich auf regionaler Ebene für die Lösung der Klimakrise engagieren kann.“
Die regionale Ebene ist es auch, auf der sich die allermeisten Veranstaltungen der Klimawoche abspielen. Auf den EU-weiten und sogar globalen Fokus zielt hingegen die Kampagne #Czechia4Climate ab. Mit dieser bringen das hiesige Umwelt- und das Außenministerium das Thema Klimawandel in die aktuell laufende EU-Ratspräsidentschaft Tschechiens ein. Start ist ebenfalls in dieser Woche, wie Umweltministerin Anna Hubáčková bei der gemeinsamen Pressekonferenz in der vergangenen Woche verkündete:
„Das Umweltministerium eröffnet am Dienstag in Prag eine Konferenz zur Anpassung an den Klimawandel. Dort werden wir den Teilnehmern aus dem Ausland unter anderem einige Praxisbeispiele aus Tschechien vorstellen. Zudem gibt es in Jakarta eine sehr wichtige Konferenz zum Wildtierschutz in Jakarta. Außerdem steht auch in Tschechien dann die Woche der Mobilität an.“
Anpassung an den Klimawandel
Die Europäische Mobilitätswoche findet in diesem Jahr vom 16. bis 22. September statt. Die zudem von Hubáčková erwähnte Konferenz zur Anpassung an den Klimawandel trägt den englischen Titel „Designing Climate Resilient Landscapes“, zu Deutsch etwa: Der Entwurf klimarobuster Landschaften. Sie wird am Dienstag und Mittwoch in Prag abgehalten und ist auch im Programm der Klimawoche aufgeführt. Dazu Jitka Martínková:
„Mit dem Umweltministerium haben wir eine gegenseitige Unterstützung bei der Kommunikation nach außen vereinbart. Jede Seite informiert ihr Publikum also auch über die Veranstaltungen der jeweils anderen. Die Konferenz ist Teil der Klimawoche, denn im Unterschied zu den anderen Veranstaltungen im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft richtet sie sich nicht nur an ein eng begrenztes Expertenpublikum, sondern auch an die Öffentlichkeit.“
In der Tat rief Ministerin Hubáčková bei der Pressekonferenz explizit die Öffentlichkeit zur Teilnahme auf. Was genau die internationale Konferenz zu bieten habe, erläuterte Staatssekretär Jan Dusík gegenüber Radio Prag International:
„Sie wird einen Blick werfen auf den Zusammenhang zwischen der Biodiversität, dem Klimawandel und dem Umweltschutz. Dazu gehört die Wiederbelebung von Naturlandschaften, die auch ein europäisches Thema ist. Wir präsentieren Beispiele der Revitalisierung von Flussläufen auf dem Prager Stadtgebiet, aber auch in weiteren Gegenden Tschechiens. Der Klimawandel verändert unsere Natur, und wir wollen zeigen, dass wir in der Lage sind, uns daran anzupassen.“
Der Erfahrungsaustausch solle für Inspiration sorgen, so Dusík weiter:
„Auf der Konferenz wird es auch eine Ausstellung geben von Projekten aus den anderen europäischen Ländern. Es sind Präsentationen und Diskussionen darüber geplant, wie wir uns gegenseitig inspirieren können. Klar ist, dass sich ganz Europa an den Klimawandel anpassen muss. Wenn wir es schaffen, gegenseitig voneinander zu lernen und dies gleichzeitig mit dem Schutz der Biodiversität zu verbinden, kommt dies unserer gesamten Agenda zugute.“
In diese Agenda füge sich auch die sogenannte Grüne Diplomatie ein, mit der das tschechische Außenministerium seinen Beitrag zu #Czechia4Climate leiste, sagte Ressortleiter Jan Lipavský (Piraten) bei der Pressekonferenz. Eine Verbindung zwischen Klima- und Außenpolitik bestehe seit langem und sei schon wegen der biologischen und physikalischen Aspekte des Klimawandels gegeben. Die diesbezüglichen Aktivitäten seines Ressorts hätten nicht erst mit der EU-Ratspräsidentschaft begonnen und würden auch nicht mit ihr enden, unterstrich der Minister:
„Im Ministerium arbeitet eine Expertengruppe, die sogenannte Task Force für Klimasicherheit. Daneben sind wir Mitglied der UN-Freundesgruppe ‚Klima und Sicherheit‘ wie auch der OSZE-Umweltgruppe. Seit langem beschäftigen wir uns auf dem internationalen Feld mit der Senkung des Risikos von Naturkatastrophen. Dies ist meiner Meinung nach für Tschechien besonders relevant und aktuell, und es gab in diesem Sommer leider die Bestätigung, dass unsere Arbeit daran richtig ist.“
Verbindung von lokaler und globaler Ebene
Damit verwies Lipavský auf den Waldbrand in der Böhmischen Schweiz, der in diesem Sommer auf mehr als 1000 Hektar Fläche wütete. Auch Umweltministerin Hubáčková führte das Feuer wiederholt als Beleg für den Klimawandel und für die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen an.
Dies lässt die lokale Ebene erkennen, die auch #Czechia4Climate zugrunde liegt und die den gemeinsamen Kontext mit der Klimawoche herstellt. Die Aktivist*innen der Klimakoalition würden aber noch in einer zweiten Linie den Bogen zur EU spannen, merkt Martínková an:
„Offizieller Bestandteil der diesjährigen Klimawoche ist auch eine europaweite Petition. Sie stellt vier Forderungen, die einen strengeren Klimaschutz und eine Verlagerung der europäischen Klimapolitik zum Gegenstand haben. In Tschechien ist die Klimakoalition der Hauptpartner dieser Initiative, aber Unterschriften werden in der ganzen EU gesammelt. Diese sollen dann im November auf der UN-Klimakonferenz in Ägypten Ursula von der Leyen oder einem anderen führenden Vertreter der EU übergeben werden.“
Und so werden auch bei der UN-Klimakonferenz COP27 in Scharm El-Scheich wieder die lokale und die globale Ebene zusammengeführt. Bei diesem internationalen Großereignis, der wichtigsten alljährlichen Konferenz in Sachen Klimapolitik, wird Tschechien nicht nur seine Kampagne #Czechia4Climate, sondern wegen des aktuellen Ratsvorsitzes auch die gesamte EU repräsentieren.
Das Programm der Klimawoche und alle Informationen sind – allerdings nur auf Tschechisch – unter tydenproklima.cz zu finden. Die internationale Konferenz „Designing Climate Resilient Landscapes“ findet am Dienstag und Mittwoch in Prag statt und kann über den Youtube-Kanal des Umweltministeriums online verfolgt werden.
Verbunden
-
Tschechische EU-Ratspräsidentschaft
Berichte, Reportagen und Interviews zum Vorsitz Tschechiens im Rat der Europäischen Union