Prag – zentrales Thema der Wintermonate in München
Die Ausstellung ‚Prag durch das Objektiv der Geheimpolizei’, ein Vortrag über die rudolfinische Architektur in Prag und der Buchband „Ich träume von Prag“: Prag ist das zentrale Thema im Programm des Tschechischen Zentrums in München in den bevorstehenden Wintermonaten. Mehr erfahren Sie aus dem Interview mit der Leiterin des Zentrums, Zuzana Jürgens.
„Ich würde schon sagen. Das Tschechische Zentrum veranstaltet jedes Jahr ein Adventskonzert. Diesmal fand es bereits am 15. Dezember in der Stephanskirche statt, wo auch die tschechische katholische Mission ihre Messen abhält. Es gibt aber noch mehr in dieser Richtung. Das Weihnachtssingen ist in München sehr beliebt, und die tschechische Mission veranstaltet traditionell am 24. Dezember um 11 Uhr am Viktualienmarkt ein Singen tschechischer Weihnachtslieder. Jeder, der Lust hat mitzusingen oder sich das anzuhören, kann dazukommen.“
Ist das ein Treffen der in München lebenden Tschechen?„Ja, es wird natürlich auf Tschechisch gesungen. Aber wie gesagt, es hat schon eine lange Tradition und es kommen immer viele Menschen dazu. Zu der weihnachtlichen Atmsphäre gehören natürlich genauso Messen, sie werden auch auf Tschechisch aufgeführt und finden in der Stephanskriche in der Talstraße statt. Was unser Programm betrifft: Wir schließen kurz vor Weihnachten. Die letzte Veranstaltung hat aber nicht ausdrücklich etwas mit Weihnachten zu tun, es sind vielmehr Auftritte der tschechischen Gruppe La Putyka, die moderne Variété im Stil des Cirque du soleil aufführt. Sie spielt bis 20. Dezember beim Festival Tollwood. Danach machen wir eine kurze Weihnachts- und Neujahrspause.“
Nach dieser Pause wird im Januar in München eine Ausstellung zu der jüngsten tschechischen beziehungsweise tschechoslowakischen Geschichte eröffnet…
„Es ist die Ausstellung ‚Prag durch das Objektiv der Geheimpolizei’. Sie wurde vom Prager Institut zur Erforschung totalitärer Regime konzipiert. Es ist eine Ausstellung vor allem von Fotografien, die von der Geheimpolizei bei der Verfolgung von Menschen, teils Staatsfeinden, in den 1970er und 1980er Jahren gemacht wurden. Als die Mitarbeiter des Instituts zur Erforschung totalitärer Regime die Archive geordnet hatten, sind sie darauf gekommen, dass eben diese Fotografien auch einen künstlerischen Wert haben. Man sieht dort die Stadt aus einer ungewöhnlichen Perspektive. In der Ausstellung wird erläutert, wie die Fotografien entstanden sind, dass zum Beispiel Kinderwagen genutzt wurden. Es sind wirklich ganz andere Blickwinkel, die man da hat. Und natürlich sieht man auf den Fotografien auch Prag in einer Gestalt, die es heutzutage nicht mehr gibt, weil die Stadt sehr umgebaut und stark renoviert wurde. Die fotografierten Menschen sind sowohl tschechische Dissidenten als auch Ausländer, die nach Prag kamen, unter anderem zum Beispiel Timothy Garton Ash.“
Wird die Ausstellung unmittelbar im Tschechischen Zentrum gezeigt?
„Genau, sie wird direkt im Zentrum aufgebaut. Die Vernissage findet am 17. Januar 2013 statt, mit Gästen aus Prag. Wir hoffen, dass es uns gelingt, jemanden von den damaligen Zeitzeugen zu gewinnen, der von dieser Zeit berichtet.“
Sie haben erwähnt, dass die Ausstellung einen ungewöhnlichen Blick auf Prag bietet. Um Prag geht es auch in einer Vorlesung des Kunsthistorikers Ivan Muchka, die Sie veranstalten…
„Wie Sie richtig sagen, wird Prag im Januar und im Februar bei uns ein zentrales Thema bleiben. Wir werden uns mit der Stadt auf unterschiedliche Art auseinandersetzen. Einer der Beiträge ist der Vortrag von Ivan Muchka. Der Kunsthistoriker geht dabei tiefer in die Vergangenheit als die Ausstellung - bis in das 16./17. Jahrhundert und das Rudolfinische Prag. Muchka beschäftigt sich mit der Architektur und den internationalen Zusammenhängen jener Zeit. Die Architektur Prags und Münchens ist in jener Zeit durch viele Gemeinsamkeiten verbunden gewesen. Der Vortrag findet allerdings nicht in den Räumlichkeiten des Tschechischen Zentrums statt, sondern im Sudetendeutschen Haus, und zwar am 29. Januar ab 19 Uhr.“Und Prag zum Dritten: „Ich träume von Prag“, das ist der Name eines Buchbandes, den Sie präsentieren…
„Am 30. Januar haben wir die Herausgeber der Anthologie ‚Ich träume von Prag’ zu Besuch, Marek Nekula und Andrea Fischerová. Das Buch ist dieses Jahr im Stutz-Verlag erschienen. Die Herausgeber, die am Bohemicum in Regensburg unterrichten, haben darin Texte aus und über Prag zusammengestellt. Die Texte stammen allerdings von Autoren, die einen tschechischen Hintergrund haben, aber in Deutschland leben oder vorwiegend in Deutschland leben. Interessant ist, wie im Vorwort steht, dass alle Texte bis auf eine Ausnahme bereits auf Deutsch geschrieben wurden. Es handelt sich um neuere Literatur, alle Texte sind nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. Als Autoren sind Ota Filip, Michael Stavarič, Katja Fussek, Jindrich Man und viele weitere vertreten.“Sind nur die Autoren durch ihre Biographie mit Prag verbunden, oder sind auch die Texte thematisch mit Prag verbunden?
„Vor allem geht es darum, dass die Texte thematisch mit Prag verbunden sind. Zum Beispiel Michael Stavarič: Seine Biographie hat wenig mit Prag zu tun, er ist in Mähren geboren und mit seinen Eltern nach Wien emigriert. Ähnlich ist es auch bei Ota Filip, ihn verbindet biographisch auch wenig mit Prag. Nichtsdestotrotz beziehen sich die Autoren in ihren Texten auf die Stadt. Man sieht also, was für eine Wirkungskraft Prag hat.“Geplant ist eine Lesung aus dem Buch. Werden aber auch einige der Autoren an der Präsentation teilnehmen?
„Unbedingt. Ich möchte die Namen allerdings jetzt noch nicht verraten, weil wir gerade noch in den Verhandlungen stecken. Deswegen möchte ich keine falschen Erwartungen wecken. Wer genau kommt, werden wir spätestens Anfang Januar bekanntgeben. Auf jeden Fall sind aber beide Herausgeber dabei: Marek Nekula und Andrea Fischerová. Die Lesung findet am 30. Januar um 19 Uhr im Tschechischen Zentrum statt.“