Prager Ai-Weiwei-Ausstellung „Law of the journey“ mahnt Flüchtlingshilfe an

Foto: ČTK

Der chinesische Konzeptkünstler Ai Weiwei ist zurück in Prag. Und er hat eine Botschaft mitgebracht: Die Menschen, denen es gut geht, sollten sich mehr um die Belange der Bedürftigen kümmern. Und ganz besonders um das Schicksal von Flüchtlingen. Sein Anliegen unterstreicht er mit der Ausstellung „Law of the journey“ (Gesetz der Reise), die seit Freitag im Prager Messepalast zu sehen ist.

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Bei der Vernissage am Donnerstag konnten Kulturschaffende, Medienvertreter und Freunde des Künstlers das neueste Werk von Ai Weiwei erstmals sehen: Ein 70 Meter langes Schlauchboot, auf dem 258 überlebensgroße, aufblasbare Figuren von Schutzsuchenden sitzen. Die dunkle Installation schwebt an Drahtseilen im Raum. Ein von Rettungswesten umgebenes Prisma spiegelt das Monument. Es ist sein bisher größtes Werk zum Thema Flüchtlingskrise. Dass es in Prag zu sehen ist, ist das Verdienst des Direktors der Nationalgalerie, Jiří Fajt. Nach Ai Weiweis Ausstellung „Zodiac heads“ vor einem Jahr in Prag hatte er sich mit dem Künstler zusammengesetzt:

„Als er mir zum ersten Mal das gigantische Schlauchboot mit den 258 Flüchtlingen zeigte, überlegten wir, ob wir es auf den Boden stellen oder etwas höher aufhängen, um darunter eine Welle des tosenden Ozeans zu symbolisieren. Wir haben uns für die zweite, kompliziertere Variante entschieden. Dazu mussten wir viele knifflige Fragen lösen. Symbolisch ist auch die Zahl 258 – sie entspricht der Hausnummer von Ai Weiweis Wohnung in Peking.“

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In dieser Wohnung hat Fajt den chinesischen Künstler und Dissidenten vordem ebenfalls besucht:

„Wir sind uns das erste Mal vor zwei Jahren begegnet, als ich ihn in Peking besucht habe. Damals hatte er noch Reiseverbot. Bei unserer Begegnung wurde uns klar: Wir sind vom gleichen Schlag, und seitdem machen wir gemeinsame Projekte.“

Ai Weiweis neuestes Werk „Gesetz der Reise“ befasst sich nicht zufällig mit der gefährlichen Überfahrt Tausender Migranten im Mittelmeer, und damit mit der Flüchtlingskrise. Der Künstler stellt dazu die Frage, ob die Bürger in Europa wirklich ihren Lebensstil weiterführen und diese Situation ignorieren könnten. Europa trage eine große Verantwortung, denn es sei bisher keine Lösung in Sicht. Und gegenüber Journalisten wurde der 59-Jährige in Prag auch deutlich:

Ai Weiwei  (Foto: ČTK)
„Wenn wir jemanden sehen, der durch den Krieg Opfer geworden ist oder verzweifelt versucht, einen friedlichen Ort zu finden, muss man handeln. Wenn wir diese Leute nicht akzeptieren, besteht die wahre Herausforderung und die wirkliche Krise nicht für die Menschen, die den Schmerz fühlen, sondern für die Menschen, die sich weigern, es zu erkennen oder vorzutäuschen, dass es nicht existiert. Das ist sowohl eine Tragödie als auch ein Verbrechen. Ich denke, es sind unmoralische Menschen, die glücklich dabei sind, anderen nicht zu helfen.“

Erstmals in Europa ist in Prag auch Ai Weiweis „Laundromat“ zu sehen: Er sammelte Kleidung, die Flüchtlinge im griechischen Lager Idomeni zurückgelassen hatten, und bügelte sie. Allein in diesem Jahr starben nach Angaben der Migrationsorganisation IOM 525 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer; im vorigen Jahr waren es mehr als 5000.

Jiří Fajt  (Foto: Miroslav Krupička)
Dass Ai Weiwei seine Mega-Skulptur in Tschechien präsentiert, ist pikant: Nach Umfragen ist die Mehrheit der Menschen hierzulande gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Mitteleuropa erlebe derzeit eine Welle der Hysterie, bemerkt Jiří Fajt und ergänzt, dass Ai Weiwei und er dieses Projekt genau aus diesem Grund gestartet haben. Die Angst vor dem Fremden sei normal, sagte Ai Weiwei. Doch er mahnte zugleich an, dass man nur einen Maßstab haben dürfe, und dies sei die Menschenwürde. Die Ausstellung „Law of the journey“ ist bis zum 7. Januar 2018 in Prag zu sehen.

Autor: Lothar Martin
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