"Prager Herbst" und "Jihlava Mahler 2004"

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Die Konzertsaison hat bereits begonnen, dies bedeutet aber nicht, dass die Orchester ab nun ausschließlich im Rahmen ihrer Abonnementreihen spielen werden. Auch Festivals bieten weiterhin eine gute Gelegenheit für einen Konzertbesuch. Im folgenden Kultursalon stellen wir Ihnen zwei Musikfestivals vor, die dieser Tage über die Bühne gehen. Das eine ist ein großes Festival in der Hauptstadt, das andere findet in der mährischen Stadt Jihlava/Iglau statt.

Das dreiwöchige Musikfestival Prager Herbst belebt seit 14 Jahren immer im September die Musikbühne in der tschechischen Hauptstadt. Vor wenigen Jahren wurde im Rahmen der Festspiele eine neue Tradition geschaffen: Zum Eröffnungskonzert wird ein ausländisches Orchester eingeladen, das dem Publikum seine Interpretation einer tschechischen Komposition darbietet. Wie sieht diese Tradition im Jahre 2004 aus, das als "Jahr der tschechischen Musik" begangen wird? Ich habe den Festivaldirektor Pavel Spiroch gefragt:

"Wir haben sie in diesem Jahr erweitert. Diese Tradition betrifft diesmal nicht nur das Eröffnungskonzert, das das Symphonieorchester aus Monte Carlo mit dem Dirigenten Marc Janowski aufführt, sondern wir haben auch weitere sechs ausländische Orchester eingeladen. Wir haben Sie - in Anführungszeichen - "gezwungen", eines der beiden ihrer Prager Konzerte ausschließlich der tschechischen Musik zu widmen. Und wir haben sie sogar dazu bewogen, dass sie nicht nur traditionelle Werke aus dem berühmtesten tschechischen symphonischen Repertoire spielen, sondern auch einige weniger bekannte Kompositionen, wie Werke von Foerster und Novak."

Der Festivaldirektor Pavel Spiroch hat den Ausdruck 'gezwungen' - allerdings in Anführungszeichen - genutzt. Wie verlaufen eigentlich die Verhandlungen mit den auf dem Festival auftretenden Künstlern und Orchestern? Wer entscheidet über das Programm, über die Werke, die aufgeführt werden sollen?

"Es ist natürlich immer eine schwierige Sache. Denn den Orchestern geht es in der Regel darum, das einstudierte Programm noch anderswo geltend zu machen, sei es in ihrer eigenen Konzertsaison oder irgendwo im Ausland. Wenn sie also ein Werk einstudieren sollen, dass sie nirgendwo anders spielen, ist es für sie sozusagen doch zusätzliche Arbeit. Es ist manchmal schwierig, ich muss aber sagen, dass wir in diesem Jahr einem großen Verständnis begegnet sind."

Von Orchestern mit Weltruhm werden zum Beispiel das BBC Philharmonic Orchestra aus Manchester, die Berliner Symphoniker und die Moskauer Philharmonie in Prag gastieren. Das Musikfestival "Prager Herbst" spielt jedoch nicht nur symphonische, und nicht nur tschechische Musik. Die Festivalleitung bemüht sich, ein möglichst breites Publikum anzusprechen und bringt daher auch sozusagen exotische Konzerte:

"Zu den drei ziemlich spezifischen und wohl auch exotischen Projekten zählt vor allem die traditionelle chinesische Oper aus der Dynastie Tang aus dem 6. bis 9. Jahrhundert, die hierzulande nie erklang und deren Aufführung unter UNESCO-Schutz steht. Ein weiteres Projekt ist die Einladung eines 25-köpfigen Gitarrenorchesters mit dem berühmten Gitaristen Alfonso Moreno, das nicht nur Bearbeitungen klassischer Kompositionen, sondern auch Werke spanischer Provenienz spielen wird. Und das dritte Projekt ist unsere bereits traditionelle Zusammenarbeit mit dem Flamenco-Gitarristen Paco Pena."

Das Festival "Prager Herbst" beginnt an diesem Sonntag und dauert bis zum 2. Oktober.


Gustav Mahler
Ein anderes, kleineres Festival findet vom 10. bis 14. September, in Jihlava/Iglau statt. Seine Wurzeln liegen im Jahre 1995, als mit der Rekonstruktion des Geburtshauses des weltbekannten Komponisten Gustav Mahler im nahen Kaliste u Humpolce / Kalischt begonnen wurde. Das eigentliche Festival 'Mahler Jihlava findet aber erst zum dritten Mal statt, sagt der Sekretär der Gustav-Mahler-Gesellschaft, Jiri Stilec:

"Das Festival 'Mahler Jihlava 2004' ist - wie schon der Name andeutet - ein Festival, das mit einer konkreten Persönlichkeit verbunden ist. Es ist die Persönlichkeit des Komponisten Gustav Mahler, der in Kalischt geboren wurde und in Iglau die ersten fünfzehn Jahre seines Lebens verbrachte."

Was bedeutet die Tatsache, dass sich das Festival zu Gustav Mahler bekennt, für sein Programm?

"Wir wollten kein Festival machen, dass nur aus den Werken von Gustav Mahler besteht. Dies wäre sehr schwer, denn sein Werk, das sind neun große Symphonien und das Lied von der Erde, und weiter Liederzyklen. Aber natürlich gibt es jedes Jahr ein oder zwei Werke Mahlers im Programm. Regelmäßig ist das eine Symphonie am Anfang des Festivals, diesmal die 4. Symphonie, die das Prager Rundfunkorchester unter der Leitung von Vladimir Valek spielt. Und zum Schluss erklingen zwei Liederzyklen, die Ivan Kusnjer singen wird."

Nicht nur die erwähnten Künstler aus Prag treten auf dem Festival auf. Für die Eröffnung der Festspiele sorgte z. B. das Orchester der Iglauer Musikschule:

"Es freut uns natürlich, wenn wir im Rahmen des Festivals auch Ensembles und Interpreten präsentieren können, die auf dem Gebiet der Böhmisch-Mährischen Höhe wirken. Und es freut uns, wenn wir dort die jüngsten Musiker begrüßen können. Das ist auch der Fall des Streichorchesters der Musikgrundschule in Jihlava (Iglau). Dieses Orchester setzt sich aus Schülern und manchmal auch Lehrern zusammen und sorgt für den Anfangsakkord des Festivals."

Einige Konzerte spielen sich im Freien, auf dem Hauptplatz von Iglau ab:

"Gustav Mahler erinnerte sich oft daran, dass er große Konzerte der Militärblasmusik auf den Stadtplatz von Iglau gehört und gesehen hatte. Dies spiegelt sich in seiner Musik wider, in der wir oft militärische Signale und besondere Intonationen hören, die an die Militärblasmusik erinnern. Deswegen haben wir eine Tradition geschaffen, dass jedes Jahr am Sonntag ein großes Blasmusikorchester auf dem Festival spielt. In diesem Jahr ist das die Garnisonkapelle aus Olomouc."

Mit weiteren Konzerten wird auf die Tatsache hingewiesen, dass das Liedergenre für Gustav Mahler von grundlegender Bedeutung war. Dies gilt z. B. für den Auftritt des Ensembles 'Triny', das sich durch die Roma-Folklore inspirieren lässt, oder für das Konzert für Iglauer Schulen, das bereits zu einer Tradition geworden ist.

"Immer am Montagvormittag machen wir ein Konzert für Schüler der Iglauer Mittelschulen. In diesem Jahr wird das Wihan-Quartett Arrangements der Beatles-Lieder spielen. Diese Lieder knüpfen an das Liedergenre an."

Es handelt sich um ein Festival, das für die Region bestimmt ist, das aber dank der international bekannten Persönlichkeit Gustav Mahlers auch eine breitere Reichweite hat, betont Jiri Stilec. Damit hängt auch sein Wunsch zusammen:

"In Iglau gibt es keinen großen Konzertsaal, in dem die Aufführung von gigantischen Symphonien möglich wäre. Zurzeit konzertieren wir in der St.-Ignaz-Kirche, wir hoffen aber fest, dass in der Zukunft in Iglau ein Mehrzwecksaal entsteht. Die Stadt und auch Gustav Mahler verdienen ihn ohne Zweifel."