Prager Schummerlicht für Nostalgiker
Für Außenstehende ist der Unterschied kaum erkennbar, für Kenner aber bedeutete der symbolische Akt am Dienstagabend eine Rückkehr zur wertvollen Tradition: Auf dem Platz Hradcanske namesti wurde eine historische Laterne wieder angezündet - mit Gas.
Gründlich verregnet war das feierliche Treffen der Nostalgiker vor der Prager Burg. Aber heißt es nicht immer, Prag mit seinen engen Gassen und dem matten Licht sei gerade auch bei Regen nostalgisch schön? Und dieses Licht stammt traditionellerweise vom Gas, das 140 Jahre lang das geeignete Schummerlicht für romantische Nachtschwärmer schuf. Dann allerdings fiel es der Modernisierung zum Opfer - 1881 gab es eine erste Laterne mit elektrischer Glühbirne, die letzte Gaslampe wurde 1985 umgestellt.
Seither betrügen Niedrigwattbirnen in den früheren Gaslaternen die Augen der Touristen, die sich gerne wie zu Kafkas Zeiten fühlen möchten. Und die meisten der kunstvollen, schnörkeligen Kandelaber, die einst die größeren Plätze geschmückt hatten, verkamen dann im Laufe der Zeit. Die letzte achtarmige Laterne vor der Burg musste aufwendig rekonstruiert werden, bevor sie nun wieder in Betrieb genommen werden konnte. Das finanzielle Budget dafür hatte die Firma RWE Transgas bereitgestellt. Pressesprecher Martin Chalupsky erklärt:
"Wir hatten hier heute eine kleine Feier, weil wir eine unikate historische Gaslaterne wieder angezündet haben, die in den vergangenen neun Monaten rekonstruiert worden war. Innerhalb der 150 Jahre, die diese Laterne auf dem Hradcanske namesti gestanden hat, ist sie völlig verrostet. Deshalb mussten wir eine signifikante Summe an Geld in die Rekonstruktion dieses historischen Kleinods investieren. In der Zeit des Kommunismus sind nach und nach alle Lampen in ganz Prag elektrifiziert worden. Und heute konnten wir an diesem Ort hier direkt vor der Burg endlich wieder eine der traditionellen Gaslampen anzünden, die Prag so eine wundervolle Atmosphäre geben."Ob der Schritt allerdings zukunftsweisend ist, ist unklar. Der Kandelaber auf dem Hradcanske namesti ist wohl die spektakulärste, aber keineswegs die einzige Prager Laterne, die wieder durch Gas betrieben wird. Gassen wie die Michalska oder Vejvoda haben schon seit 2002 wieder Gaslampen. Aber der Lichtwert ist geringer, als es der EU-Norm entspricht. Und so müssen viel mehr Lampen aufgestellt werden, um den Unterschied zu kompensieren. Und das wird sich wohl auch weiterhin nur an den touristisch eindrucksvollsten Orten Prags durchsetzen lassen.