Prager Spezial-Taxi: „Eine rote Ampel ist das Einzige, was uns aufhalten kann“

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Christian Rühmkorf nimmt Sie mit auf eine Spritztour durch Prag. Und zwar mitten in der Rush-Hour, mitten im Feierabendverkehr, drängelt er sich dreist mit seinem Taxi bei jeder roten Ampel vor.

Ich habe ein Taxi bestellt, direkt vor das Gebäude des Tschechischen Rundfunks. Da steht es schon an der Straße und der Taxifahrer wartet. Jakub Marek mit seinem gelben Taxi. Es ist allerdings kein gewöhnliches Taxi, es ist sehr klein und hat vor allem nur zwei Räder.

Was haben Sie hier für ein Gefährt?

„Mein Taxi ist ein Motorroller. Es ist also gewissermaßen ein Spezial-Taxi für Prag.“

Es ist das erste Motorrad-Taxi hier in Prag. Herr Marek sagt, es sei überhaupt das erste Motorrad-Taxi in Mitteleuropa, und wir werden das Ganze jetzt mit einer kleinen Spritztour durch Prag ausprobieren. Es ist kurz vor 17 Uhr, wir sind mitten in der Rush-Hour und werden sehen, welche Vorteile dieses Motorrad-Taxi hat.

Was müssen wir jetzt zur Vorbereitung tun, damit ich sicher mitfahren kann?

„Sie müssen sich einfach nur auf ein angenehmes Erlebnis einstellen. Ansonsten gebe ich Ihnen einen Helm und das ist das Einzige, was Sie brauchen.“

Ich bekomme jetzt erst einmal einen Helm, dazu wird der Sitz hochgeklappt, darunter wird er gelagert. Vorher bekomme ich noch eine Art Haube, wegen der Hygiene, sagt Jakub Marek. Es sieht ungefähr so aus wie das, was die Ärzte im Operationssaal tragen. Es ist grün und recht unansehnlich. Ich bin ganz froh, dass wir hier Radio machen und ich nicht zu sehen bin, das sieht nämlich furchtbar blöd aus. Jetzt bekomme ich von Herrn Marek den Helm aufgesetzt und zugemacht. Er sitzt fest. Ist meine Tasche ein Problem? Nein, sagt Herr Marek, wir packen sie unter den Sitz des Motorrads.

„Jetzt die klassische Frage: Wo soll´s hingehen?“, fragt mein Taxifahrer.

Wir haben kein wirkliches Ziel, wir fahren jetzt einfach ein bisschen durch kritische Stellen in Prag.

„Jetzt setzten Sie sich bitte hinten drauf, ganz einfach so, wie Sie sich auch in Ihren Fernsehsessel im Wohnzimmer setzen.“

Ich tue, was man mir sagt und los geht’s. Jedem! Fahr´n wir!


Wir fahren jetzt einmal zum Karlsplatz und zurück und schauen wie es läuft... Ich kann schon mal so viel sagen: Es ist ein recht ungewöhnliches Gefühl, vor allem weil man nicht angeschnallt ist. Aber im Fernsehsessel ist man ja auch nicht angeschnallt. Und so soll es ja auch sein, hat Herr MAREK versprochen.

Jetzt fahren wir zwischen zwei Autos eng durch, machen Halt an einer roten Ampel und rollen langsam vorwärts bis wir als Erster in der Kolonne stehen. „Eine rote Ampel ist im Grunde das Einzige, was uns aufhalten kann“, erzählt Herr Marek. Wir überholen eine mutige Radfahrerin, wechseln die Seite und geben Gas. So langsam schlängeln wir uns auch durch diesen Stau, auf der Žitná-Straße durch und biegen vor dem Karlsplatz links ab. Vorher noch eine rote Ampel, an der wir wieder an der Pole-Position stehen. Dabei erklärt Herr Marek die Vorteile seines Moto-Taxis:

„Das Motorrad-Taxi ist umweltfreundlicher als jedes Auto, es ist wirtschaftlicher als jedes Auto und drittens kann man fast jeden Stau hinter sich lassen und zwischen den wartenden Autos durchfahren.“

Wir lassen die Žitná-Straße hinter uns. Den Stau haben wir etwa zehn Minuten schneller bewältigt, als das ein Auto schaffen könnte.

„Ich denke, die offene Fahrt durch Prag auf einem Motorroller ist einfach schöner als in einem geschlossenen Auto. Man kann mehr entdecken und sich viel mehr anschauen. Man kann es einfach genießen. Auch weil es auch ein gewisser Kitzel ist auf dem Motorrad.“

Wir biegen wieder auf die Vinohradská-Straße ein. Das Kopfsteinpflaster rattert, man hört es an meiner Stimme. Hier ist auch schon das Rundfunkgebäude. Und wir sind wieder am Ziel unserer kurzen Motorrad-Taxi-Reise angekommen.


Jetzt waren wir etwa zehn, fünfzehn Minuten unterwegs. Wie viel müsste ich dafür bezahlen?

„Der Kilometer kostet 17 Kronen (knapp 70 Cent) und die Grundgebühr beträgt 15 Kronen (60 Cent). Damit sind wir eigentlich das billigte Verkehrsmittel in Prag, abgesehen von den öffentlichen Verkehrsmitteln.“

Was machen Sie eigentlich im Winter, wenn es kalt ist?

„Na, noch ist ja nicht Winter und wie wir das Problem lösen, darüber müssen wir noch mal nachdenken. Wir haben für die Kunden warme Thermo-Anzüge und die setzen wir ein bis es schneit. Und wenn Schnee liegt, dann kaufen wir eben Motorschlitten.“

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, so ein Motorrad-Taxi in Prag aufzuziehen?

„Mein eigentlicher Beruf ist Ko-Pilot. Und ich weiß eben aus eigener Erfahrung, wie eilig man es manchmal hat. Wenn ich zum Prager Flughafen raus muss, dann passiert es oft, dass ich ewig im Stau stehe. Ich habe mir einfach gesagt, es muss eine Möglichkeit geben, das Problem zu umgehen. Und da ich selber Motorradfahrer bin, kam ich auf die Idee, den Leuten diese schnelle Transportmöglichkeit anzubieten.“

Es gab ein paar Probleme mit der Stadtverwaltung, also mit dem Magistrat in Prag. Was waren das für Probleme? Sie mussten den Betrieb kurz einstellen und jetzt haben Sie ihn wieder aufgenommen.

„Das Problem ist die Bezeichnung und die Aufschrift ´Taxi´. Für den Magistrat hat das zu sehr an ein tatsächliches Taxi erinnert, das man ja auf offener Straße anhalten kann. Das dürfen wir zurzeit noch nicht. Aber der Magistrat hat uns in Aussicht gestellt, dass auch das für uns bald möglich sein wird. Im Augenblick läuft es noch ausschließlich über Bestellung bei unserer Zentrale.“

Welche Ausbildung haben die Fahrer?

„Das sind Motorradfahrer, die alle so um die 40 Jahre alt sind. Die haben viele Jahre Erfahrung und machen keinen Blödsinn auf dem Motorrad wie viele junge Typen. Unsere Fahrer sind also alles erfahrene und begeisterte Motorradfahrer.“

Wie viele Motorräder haben Sie in Betrieb?

„Zurzeit fahren nur zwei Motorroller auf Bestellung durch Prag. Aber wenn wir dann die offizielle Erlaubnis von der Stadtverwaltung bekommen, uns als Taxi-Dienst zu registrieren, dann werden alle 17 Motorroller, die wir besitzen, im Einsatz sein.“

Wie schnell sind sie am Ort der Bestellung?

„Wenn wir 17 Roller im Einsatz haben, sind wir innerhalb von 10 Minuten am gewünschten Ort, jetzt kann es noch maximal 20 Minuten dauern – je nach dem.“

Jakub Marek hat es eilig, er muss nämlich zum nächsten Auftrag. Sein Motorrad-Taxi heult auf - und weg ist er.

Service:

Weitere Informationen finden Sie unter www.taxi-moto.cz

Fotos: www.taxi-moto.cz