Prager Verkehrsbetriebe sorgen für unsere Geistesgesundheit

Die Psychiater raten und empfehlen uns, den Weg zur Arbeit hin und wieder zu variieren: Eben durch ähnliche unauffällige Verstöße gegen unsere alltäglichen Gewohnheiten und Stereotypen erfrischen wir unser Gemüt und erhalten unser Seelenleben gesund. Den Weg variieren, na schön, aber wie soll ich denn fahren? Diese Frage brauchen sich die Bewohner der tschechischen Hauptstadt nicht zu stellen.

Die Psychiater raten und empfehlen uns, den Weg zur Arbeit hin und wieder zu variieren: Eben durch ähnliche unauffällige Verstöße gegen unsere alltäglichen Gewohnheiten und Stereotypen erfrischen wir unser Gemüt und erhalten unser Seelenleben gesund. Den Weg variieren, na schön, aber wie soll ich denn fahren? Diese Frage brauchen sich die Bewohner der tschechischen Hauptstadt nicht zu stellen. Für Variationen in unserem monotonen Leben sorgen für uns die Prager Verkehrsbetriebe. Man kann nie sicher sein, dass die Straßenbahn, die einen hundert Mal zum ersehnten Ziel brachte, heute immer noch dorthin fährt, wohin sie vor einer Woche fuhr: hier werden neue Gleise gelegt, da werden U-Bahn-Schächte gegraben, dort greift der Bau eines neuen Hauses in die Verkehrsführung ein.

Ein wirkliches Meisterstück hinsichtlich der Abwechselung unserer Beförderung gelang den Prager Verkehrsbetrieben in diesem Herbst, nachdem die Hochwasserkatastrophe die Prager U-Bahn außer Betrieb gesetzt hatte. Unmittelbar danach war die Lage eigentlich sehr einfach - die U-Bahn-Züge wurden durch Busse ersetzt und viele Passagiere fanden lobende Worte dafür, wie schnell sie zur Arbeit kämen. Doch dieses System bricht mit der Öffnung einzelner Metrostationen allmählich wieder zusammen. Mit Spannung warten wir auf jeden Montag, neugierig, was die neue Woche im Stadtverkehr bringt. Die bequeme Variante meiner eigenen Reise zur Arbeit, d.h. "Straßenbahn - Umsteigen - Bus" wurde nach zwei Monaten durch die Variante: "Straßenbahn - Umsteigen - nochmals Straßenbahn - Umsteigen - Bus - Umsteigen - Metro" ersetzt. Doch auch diese Möglichkeit ist inzwischen nicht mehr aktuell und den Reisenden öffnen sich immer neue und neue Wege.

Wir können den Verkehrsbetrieben dankbar sein: Sie zwingen uns zu improvisieren, unsere Phantasie zu entfalten und die Gehirnzellen durch Abwägen aller Pros und Contras der jeweiligen Variante zu üben. Die Reise durch die Stadt wird zu einem Abenteuer und bietet darüber hinaus Überraschungen und unerwartete Treffen: So nah, wie kürzlich in der überfüllten Straßenbahn Nr. 18, werde ich an die Frau des Regierungsvorsitzenden sicher nie mehr kommen.

Also noch einmal herzlichsten Dank, liebe Prager Verkehrsbetriebe. Und damit mir diese Erlebnisse nicht zu banal werden, nehme ich nun zur Abwechslung ein Taxi.