Premier Nečas: Atomausstieg Deutschlands erhöht Strompreise in Tschechien

Petr Nečas und Stanislaw Tillich (Foto: ČTK)

Der Atomausstieg Deutschlands wird sich auf die Strompreise in Tschechien auswirken. Premier Nečas zufolge werden sie möglicherweise bis zu 30 Prozent steigen.

Petr Nečas und Stanislaw Tillich  (Foto: ČTK)
Die für tschechische Verbraucher unerfreuliche Nachricht über Strompreiserhöhungen wurde beim Arbeitsbesuch des tschechischen Premiers in Sachsen publik gemacht. Nach dem Treffen mit seinem sächsischen Amtskollegen Stanislaw Tillich in Dresden bezifferte Petr Nečas am Mittwoch die Nachteile, die der deutsche Atomausstieg den Tschechen bringen würde:

„Aus unseren vorläufigen Analysen geht hervor, dass der Atomausstieg Deutschlands bei uns zu einer 30-prozentigen Erhöhung der Strompreise führen wird. Die Preissteigerung wird sich auch auf die Wirtschaft auswirken.“

Atomkraftwerk in Neckarwestheim  (Foto: ČTK)
Nečas fügte sogleich hinzu, dass diese Prognose natürlich nur eine vorläufige Berechnung sei. Sie könnte sich aber bewahrheiten, falls nach dem Jahr 2022 alle deutschen Atomkraftwerke abgestellt werden und Tschechien nicht darauf reagieren würde, so der Premier.

Sobald in Deutschland alle Atomkraftwerke für immer abgeschaltet sind, wird die Nachfrage nach Energie steigen und dies wird zum Anstieg des Strompreises führen. Da die Strompreise in der EU vergleichbar sein müssen, wird auch Tschechien von der Preiserhöhung betroffen sein, selbst wenn es hierzulande nicht an Energie mangelt. Für Strom sollen die Tschechen jedoch schon im nächsten Jahr mehr als bisher zahlen. „Ich meine, dass es zu einem Preisanstieg um bis zu zehn Prozent kommen wird“, sagt Analytiker Jiří Gavor.

Wie stark der tschechische Markt beeinflusst wird, wenn Deutschland auf die Atomkraft verzichtet, zeigt sich schon heute. Nachdem der Nachbar jüngst sieben seiner ältesten AKWs vom Netz genommen hat, sind in Tschechien die Strompreise inzwischen um zehn Prozent gestiegen, bemerkt Premier Nečas.

Ein weiterer Anstieg könne dramatische Folgen haben, meint der stellvertretende Industrie- und Handelsminister Tomáš Hüner:

„Es ist aber notwendig zu beachten, um welchen Zeithorizont es geht, wenn von Preiserhöhungen die Rede ist. Premier Nečas sprach über einen Strompreisanstieg innerhalb der nächsten zehn Jahre. Obwohl die Zahl von 30 Prozent beunruhigend klingen mag, so geht es immerhin nicht um einen plötzlichen Anstieg von 30 Prozent binnen eines Jahres.“

Die Grünen wiesen die alarmierende Nachricht des Premiers scharf zurück. Sie bezeichneten sie als einen Versuch, sich ein Alibi zu verschaffen, da die Regierung laut der Partei der Grünen nicht imstande sei, ihren Einfluss im halbstaatlichen Konzern ČEZ durchzusetzen. Falls es wegen des deutschen Atomausstiegs tatsächlich zu Erhöhungen der Energiepreise kommt, werde es nur aus dem Grund geschehen, um höhere Gewinne für ČEZ zu sichern, behaupten die tschechischen Grünen. Der stellvertretende Industrie- und Handelsminister Hüner stimmt der Meinung der Grünen nicht zu:

„Der Energiepreis ist das Resultat von mehreren Marktmechanismen, er widerspiegelt das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Der Atomausstieg in Deutschland wird in der Zeit einer leichten Konjunktur verwirklicht. Die tschechische Wirtschaftslage ist mit der Wirtschaftsentwicklung im benachbarten Deutschland eng verbunden. Und die Konjunktur wird natürlich von einem Anwachsen des Energieverbrauchs begleitet.“

Foto: Europäische Kommission
Hüner ist jedoch nicht der Meinung, dass der Atomausstieg Deutschlands eventuell auch Tschechien zu Überlegungen über eine Reduzierung der Atomenergieproduktion bewegen könnte.

„Ich sehe keine Möglichkeit, die Atomenergie innerhalb der tschechischen Bedingungen ersetzen zu können. 2030 soll die Hälfte des Energieverbrauchs von der Atomkraft gedeckt werden. Auch wenn Erdgas bei der Energieproduktion künftig an der Bedeutung gewinnen wird, so wird es für Tschechien teuerer als andere Energiequellen sein.“