Presseinblick – und außerdem: Der Investigativ-Journalist Josef Klíma

Das Ende einer Woche – es ist Zeit für den Medienspiegel. Christian Rühmkorf gibt Ihnen wie gewohnt einen Einlick in die publizistischen Schwerpunkte der tschechischen Tageszeitungen dieser Woche. Außerdem präsentiert er Ihnen eines der bekanntesten Fernsehgesichter in Tschechien. Den Reporter Josef Klíma. Bekannt und gefürchtet für seine Reportagen. Vom wem, das erfahren Sie nach dem Presseeinblick.

Birma nach der Zyklonkatastrophe  (Foto: ČTK)
Willkommen zum Medienspiegel. Und wir legen gleich los. Neben langen Artikeln über die Zyklon-Katastrophe in Birma haben die Zeitungen auch andere Schwerpunktthemen gefunden. Die Wirtschaftszeitung „Hosporářské noviny“ zum Beispiel macht am Montag groß mit folgendem Thema auf: „Geheimes Netz von Neonazis in den Gefängnissen– In Tschechien operiert eine Organisation zur Hilfe verurteilter Rassisten. Extremisten schmuggeln Geld und nazistisches Propagandamaterial in die Gefängnisse“. Der „Hosporářské noviny“ liegt eine Liste von rund 25 Neonazis vor, die fast alle für Gewaltverbrechen mit rassistischem Hintergrund einsitzen. Der Organisatczechtourism or dieser „Hilfe“ nennt die Gruppe „Prisoners of war“ – also Kriegsgefangene und will sie mit Briefen und Geld von Sympathisanten unterstützen. Eine verdeckte Gefahr, meint die „Hosporářské noviny“.

Die aktuelle Ausgabe der „Mladá fronta Dnes“ befasst sich sozusagen mit der Zukunft des Landes: „Die Kinder hütet die Nachbarin oder eine Firma – Der Staat hilft den Eltern“. So macht das Blatt seine Themenseite auf. In der Regierung bereitet man eine Gesetzgebung vor, welche arbeitende Eltern bei der Kindererziehung unterstützen sollen. Dabei bauen die Politiker auch auf gute Beziehungen zur Nachbarin. Daneben sollen Firmen einen Steuervorteil bekommen, die selber eine Kindertagesstätte für ihre Mitarbeiter einrichten. Teilzeit und eine verlängerte Elternzeit für Väter sollen für mehr Flexibilität sorgen.

Die „Lidové noviny“ befasst sich ausgiebig mit einem Thema, das seit Jahren ein Aufmacher ist: „Am häufigsten verschwinden Kanaldeckel“, titelt die Zeitung. Sie berichtet ausführlich über einen neuen Trend der Eisendiebe in Tschechien. Sie entwenden nicht nur Kanaldeckel, sondern alles, was im Straßenverkehr metallen glänzt und sich beim Alteisenhändler verkloppen lässt. So auch ganze Straßenschilder.


Journalist und Fernsehgesicht Josef Klíma – Reporter und Schriftsteller. Seine bekannte Reportagesendung „Na vlastní oči“ – mit eigenen Augen – gehört zum Repertoire, mit dem der erste Privatsender im Land, TV Nova, zu Beginn der 90er Jahre auf Sendung gegangen ist. Zuvor war Josef Klíma Reporter beim renommierten gesellschaftspolitischen Wochenmagazin „Reflex“.

„´Reflex´ war so etwas wie der Beginn des Journalismus hier kurz nach der Wende, als die Leute noch voll waren von ihren Geschichten, die sie die ganzen Jahrezehnte zuvor nicht loswerden konnten. Die Menschen standen Schlange auf dem Flur der Redaktion. Das war außerdem noch die schöne Zeit, als die Leute nicht gleich vor Gericht gezogen sind. Man konnte zum Beispiel über Stasi-Mitarbeiter schreiben, und die verkrochen sich eher, als dass sie vor Gericht zogen.“

Josef Klíma gehörte zur schreibenden Zunft der Journalisten. Fernsehen verachtete er eigentlich als oberflächlich. Und dennoch ist er ein paar Jahre später dort gelandet. Noch dazu beim Privatsender „TV Nova“. Klíma wollte etwas produzieren, bei dem die Leute mit eigenen Augen sehen, wer, wo und wie krumme Dinger dreht oder wo etwas faul ist im Staate Tschechien. Und damit war dann auch der Name der Sendung geboren: Na vlastni oci – Mit eigenen Augen. 14 Jahre gibt es die Reportagesendung nun schon. Und es hat sich kaum etwas an der Sendung verändert. Klíma gefällt gerade das:

„Dadurch, dass wir seit 15 Jahren in gleicher Form erscheinen, nehmen es die Leute als eine der wenigen Dinge, die in diesem Land sicher sind. Schritt für Schritt verloren sie das Vertrauen in die Polizei, die Gerichte, in die Regierung sowieso. Und die Menschen kommen oft zu uns, mit dem Satz:´Ich weiß nicht mehr, an wen ich mich noch wenden soll´.“

Mit seinen 57 Jahren verzichtet Josef Klíma mittlerweile darauf, sich in die mafiösen Kreise zu begeben. Zu viel Schlechtes begegne einem da. Ihn interessieren die Fälle ganz normaler Leute, die in irgendeinem Sinne zu Opfern geworden sind.

„Das heißt, ein normaler Bürger wie Sie und ich gerät in Probleme. Irgendein Betrunkener überfährt sein Kind. Die Polizei untersucht und verfolgt den Fall nicht intensiv. Der Mensch wird zum Opfer. Ich kann mich hinter diesen Menschen stellen, weil ich weiß, er hat niemanden betrogen, nichts gestohlen. Er ist unvermittelt zum Opfer geworden. Das ist dann mein positiver Held.“

Die Sendung hat sich nicht verändert. Was sich aber verändert hat, sagt Klíma, sind die Reaktionen auf die Reportagen. Vor allem aus politischen Kreisen.

„Am Anfang hatten sie einfach Angst vor uns. Wenn wir über irgendeine Affäre, irgendeine unlautere Angelegenheit berichteten, dann wurde das sofort beseitigt oder geklärt. Das wird aber immer seltener. Ich glaube, das ist einfach der Trend in dieser Gesellschaft, wo der Wille, Missstände zu ändern, wirklich fehlt.“

An 52 Wochen im Jahr senden Klíma und seine Kollegen. Er selbst hat an die 360 Reportagen in all diesen Jahren gedreht. Auf Klímas Konto geht aber auch eine lange Reihe von 23 Buchveröffentlichungen. Das Bücherschreiben war zur Zeit des Kommunismus eine einfachere Art, bestimmte Themen unterzubringen, sagt er.

„Zur Zeit des Kommunismus habe ich eigentlich aus Not Bücher geschrieben. Themen, die ich nicht als Journalist ausarbeiten konnte, die habe ich versucht in belletristischer Form zu verarbeiten. Damit konnte es wahr sein, musste es aber nicht. So ist mein erstes großes Buch entstanden ´Radikalní řez´ – ein radikaler Schnitt, das später auch verfilmt wurde. Ich hatte eine Reportage geschrieben über die Roma-Problematik und das wollte damals keiner veröffentlichen.“

Trotz dieser verschiedenen Eisen im Feuer, ist Klíma hauptsächlich durch seine Reportagen bekannt. Ihm macht das aber nichts aus. Schicksal, sagt er. Dennoch sollten bald jüngere ran:

„Es ist schon manchmal unangenehm, wenn ich mit meinen 57 Jahren um zehn Uhr abends in den elften Stock eines Wohnhauses in Frydek-Mistek hinaufsteigen und an die Tür klopfen muss, wo jemand wohnt, der im Verdacht steht, 200 Millionen Kronen geklaut zu haben. Das sollten die Jüngeren machen. Aber es gibt nur wenige. Und so habe ich kapiert, dass das Schicksal für mich diese Arbeit vorgesehen hat, dass ich diese Arbeit gut mache. Damit bleiben aber die anderen Dinge auf der Strecke.“