Pressestimmen zu Maßnahmen im Kampf gegen die Jugendkriminalität und zum medienwirksamen Bruch zweier Galionsfiguren von TV Nova

Robert Schuster begrüßt Sie zu einer weiteren Folge von Im Spiegel der Medien, der Mediensendung von Radio Prag. Wie zum Ausklang jeder Woche, werfen wir in den folgenden Minuten auch diesmal wieder einen Blick auf die wichtigsten Themen, denen von Seiten der tschechischen Medien in den vergangenen Tagen verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet wurde.

Dazu gehört sicherlich der jüngste Vorstoß des tschechischen Justizministers Pavel Nemec, der zu Beginn der Woche anregte, die Altersgrenze, bis zu der Jugendliche bei der Verübung einer Straftat praktisch straffrei bleiben von den gegenwärtigen 15 Jahren auf 14 oder sogar 12 Jahre herabzusetzen. Den Anlass dazu gab eine Serie von Fällen, bei denen Minderjährige in den vergangenen Wochen schwere Verbrechen begangen hatten, dafür aber nur geringe Strafen oder höchstens die Einweisung in Kinderbesserungsanstalten zu erwarten haben. Ähnliche Vorstöße von Seiten der jeweiligen Justizminister gab es übrigens in der Vergangenheit schon mehrmals, sie scheiterten aber bereits immer in der Anfangsphase.

Dementsprechend wenig Chancen mit seiner Idee durchzukommen werden dem Minister von Seiten der tschechischen Presse eingeräumt. Die fast einhellige Meinung der Kommentatoren ließe sich dabei auf den Punkt bringen, dass eine als Abschreckung für die Jugendlichen gedachte Herabsetzung des Alters nach dessen Erreichen sie für ihre Taten verantwortlich gemacht werden könnten, nicht alleine das Problem der steigenden Jugendkriminalität lösen könne.

Stellvertretend für diesen Standpunkt bringen wir Ihnen ein paar Auszüge aus einem Meinungsartikel von Pavel Tomasek, der in der Wirtschaftszeitung Hospodarske noviny erschienen ist:

"Der Umstand, dass Mörder und Gewalttäter, die jünger als 15 Jahre sind einer Bestrafung entgehen, ist um nichts schlimmer, als wenn sie ins Gefängnis geschickt würden. Ein Prozess, bei dem 13jährige Täter auf der Anklagebank sitzen, wird immer irgendwie unvollständig sein und nicht den ganzen Kontext erfassen können. Wenn es schon darum geht über persönliche Verantwortung und Schuld zu entscheiden, müssen wir uns auch mit der gleichen Konsequenz fragen, ob auch nicht all diejenigen sich vor Gericht verantworten sollten, die dieser negativen Entwicklung nur zugesehen und dem nicht entgegen gewirkt haben."

Ein Argument, welches von Seiten des Justizministers in den letzten Tagen immer wieder zu hören war, war der Hinweis, dass auch in einigen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union das für eine strafrechtliche Verfolgung relevante Alter deutlich niedriger angesiedelt ist, als es bislang in Tschechien der Fall ist. Zudem will der Minister seine Initiative auch in einen größeren Zusammenhang gesehen wissen und schlägt in andern Bereichen ebenfalls die Herabsetzung der gesetzlich relevanten Altersgrenze vor, wie zum Beispiel im Bereich des Sexualstrafrechts. So soll gemäß den Vorstellungen des Ministers Geschlechtsverkehr künftig ab 14 Jahren vom Gesetz her erlaubt sein.

Zu dieser Facette des jüngsten Vorstoßes von Justizminister Pavel Nemec fand sich in den vergangenen Tagen in der Tageszeitung Lidove noviny ein Kommentar von Milos Cermak:

"Die meisten Kinder werden heute bedeutend früher erwachsen, als mit 15 Jahren. Die Altersgrenze für den Beginn des Geschlechtsverkehrs kann aber nicht durch eine exakte Berechnung festgelegt werden, sondern ist in einer gewissen Weise das Resultat eines ungeschriebenen Vertrags innerhalb jeder Gesellschaft. Dieser basiert zum Beispiel auch auf der Annahme, dass bis zu einem Alter von 15 Jahren die Kinder die Schule besuchen und in ihren Familien verankert sind. Es scheint nicht, dass es gerade jetzt gute Gründe geben würde, diesen Vertrag zu ändern."

Vladimir Zelezny  (Foto: CTK)
Nun kommen wir aber in unserem heutigen Medienspiegel zu einem anderen Thema. Als vor einigen Wochen die ersten tschechischen Europaparlamentarier gewählt wurden, fand unter den mehreren Hunderten Bewerbern wohl niemand größere Aufmerksamkeit, als die für eine Unabhängige Liste angetretenen Kandidaten Vladimir Zelezny und Jana Bobosikova. In den vergangenen Tagen kam es aber zwischen den beiden Neo-Parlamentariern zu einem offenen Bruch, der natürlich in erster Linie über die Medien zelebriert wurde.

Dem Wirken von Zelezny und Bobosikova haben wir in den vergangenen Ausgaben von Im Spiegel der Meiden bereits mehrmals Aufmerksamkeit geschenkt. Kurz zur Erinnerung: Zelezny ist der Gründer und jahrelanger Chef des größten und erfolgreichsten tschechischen privaten Fernsehsenders TV Nova, während Bobosikova einst in der Jahreswende 2000/2001 zu den Hauptprotagonisten der so genannte Fernsehkrise gehörte. Damals hielten Journalisten und Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Fernsehens Ceska Televize über Wochen den Newsroom besetzt und protestierten auf diese Weise gegen die Bestellung eines Generaldirektors, dem allzu enge Bindungen an die beiden größten Parteien des Landes vorgeworfen wurde. Die frühere Fernseh-Journalistin Bobosikova leitete damals im Auftrag des neuen Direktors die Nachrichtenredaktion und versuchte erfolglos ein eigenes, von den Rebellen unabhängiges, Journalistenteam aufzubauen und eigene Nachrichtensendungen zu produzieren.

Später, nach dem Ende des Fernsehstreiks bekam Bobosikova von Zelezny das Angebot auf dessen Sender die wichtigste politische Diskussionssendung zu moderieren und drückte mit ihrem mit unter aggressiven Stil der Sendung eine neue Stoßrichtung auf. Zu den von Bobosikova am häufigsten angesprochenen Themen gehörte die Kritik an der Europäischen Union in deren gegenwärtigen Form

Dazu fanden wir einen Meinungsartikel von Ondrej Neff, der auf den Seiten der Internet-Tageszeitung Neviditelny pes veröffentlicht wurde:

"So lange hat Jana Bobosikova in ihrer Fernsehsendung gegen die EU gehetzt, bis sie von den Wählern selber als Abgeordnete ins Europaparlament geschickt wurde. Viele taten dies aus Überzeugung, weil Bobosikova mit einem anderen Liebling der Fernsehmassen - Vladimir Zelezny - Hand in Hand kandidierte. Nun ist sie aber im Parlament angekommen und braucht deshalb nicht mehr die Hand ihres früheren Förderers und das um so mehr, als das Zelezny die Aufhebung seiner Abgeordnetenimmunität droht. Dann also schnell weg mit ihm. Die Menschen sind eben unterschiedlich. Einige haben einen starken Charakter, andere wiederum einen starken Magen. Jana Bobosikova scheint zur zweiten Sorte zu gehören."

Abschließend möchten wir Ihnen verehrte Hörerinnen und Hörer zum selben Thema noch einige Gedanken aus einem Kommentar von David Machacek näher bringen, der in der heute bereits einmal zitierten Zeitung Hospodarske noviny erschienen ist. Seiner Meinung nach war die Allianz der beiden ehrgeizigen Persönlichkeiten von Beginn an ein reines Zweckbündnis, welches in erster Linie den persönlichen Zielen sowohl von Bobosikova, als auch von Zelezny dienen sollte.

"Jana Bobosikova und Vladimir Zelezny sind in den vergangenen Monaten eine politische Scheinehe eingegangen, motiviert durch die Annahme, zwei gleich bekannte Gesichter könnten bei einer gemeinsamen Kandidatur für das Europaparlament mehr erreichen, als wenn sie getrennt marschieren würden. Nun ist es zur politischen Trennung gekommen und zwar angeblich wegen unüberbrückbarer politischer Differenzen und gegenseitiger Entfremdung. Das ist ein eigenartiger Grund und lässt eher die Vermutung als wahrscheinlicher gelten, dass die nach den Europawahlen etwas in Vergessenheit geratene Bobosikova nun einen Weg suchte, die Öffentlichkeit wieder auf sich aufmerksam machen zu wollen."