Pressestimmen zur Finanzreform und der Geburtstagsparty von Jiri Paroubek

Foto: CTK

Die Mediensendung von Radio Prag steht diesmal ganz im Zeichen der jüngst verabschiedeten Finanzreform, des Jahrestages der Niederschlagung des Prager Frühlings sowie der Geburtstagsfeier des tschechischen Spitzenpolitikers Jiri Paroubek.

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Seit einigen Jahren gehört es schon zu einer gewissen Tradition, dass die heißen Sommermonate von den tschechischen Politikern nicht etwa für den Urlaub genutzt werden, sondern zu harter politischer Arbeit. Im vergangenen Jahr plagten sie sich ja bekannter Weise mit der Bildung einer neuen Regierung herum; diesen Sommer stand zur Abwechslung die parlamentarische Behandlung einer grundlegenden Reform der Steuersystems auf dem Programm.

In der abgelaufenen Woche war es soweit und die Abgeordneten verabschiedeten nach langem Hin und Her die Reformgesetze. Somit hatten auch die Medien ein Thema, das natürlich von allen Seiten beleuchtet wurde. Was lässt sich also von den Reformpaket halten? Dazu sagt der Journalist Petr Holub von der tschechischen Internetzeitung aktualne.cz:

"Selbst die Autoren der Reform behaupten ja, dass es eigentlich keine richtige Reform ist; und sogar Finanzminister Kalousek erklärte, dass man in zwei oder drei Jahren erneut ein ähnliches Paket wird schnüren müssen. Man kann also nicht von einem grundlegenden Wandel bei den Staatsfinanzen sprechen. Für die tschechischen Familien wird sich nicht sonderlich viel ändern, die meisten werden zwar größere Ausgaben haben, aber es wird nicht so dramatisch ausfallen. Man kann jetzt schon sagen: Obwohl die Wirtschaft weiter wachsen wird, wird der Lebensstandard der meisten Tschechen nicht wesentlich ansteigen, und zwar in Folge der nun beschlossenen Reformen. Besser werden nur jene zehn Prozent der Bevölkerung da stehen, die schon jetzt zu den Besserverdienern gehören. Der Grund ist, dass die Steuerprogression sinken wird."

Holubs Kollege von der Wirtschaftszeitung "Hospodarske noviny", Jan Machacek, teilt diese Einschätzung. Zugleich nennt er ein Grundproblem, das allen Reformbestrebungen in Tschechien eigen ist, wenn er schreibt:

"Ein ermüdendes Drama ist zu Ende gegangen. Wer jedoch hofft, dass nun in der tschechischen Politik der Verstand Einzug halten wird und auch langfristige Visionen formuliert werden, der wird bald eines Besseren belehrt. Das nächste Drama voller Wendungen und Drehungen bahnt sich schon an, und zwar die Verhandlungen über den Staatshaushalt für das nächste Jahr. Die jetzige Regierung setzt auf eine Politik der Stärke - auch wenn sie keine eigene Mehrheit hat und von zwei abtrünnigen Abgeordneten abhängig ist, sucht sie keinen breiteren Konsens mit der Opposition. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, dass auf diese Weise grundlegende Veränderungen zur Gesundung der öffentlichen Finanzen verabschiedet werden. Vieles deutet also darauf hin, dass die öffentlichen Haushalte spätestens in zwei Jahren wieder erkranken werden, dann aber die Nachfrage nach einem größeren Konsens in der Politik stärker sein wird. Oder wir werden auf großes Ungemach zusteuern."

Jiri Cunek und Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
Und noch ein Aspekt wurde von den Zeitungen im Zusammenhang mit den Reformbeschlüssen hervorgehoben: Die Regierung von Premier Mirek Topolanek, die ja keine eigene Mehrheit im Parlament hat und bisher auf ziemlich wackligen Füßen stand, wollte vom Erfolg oder Misserfolg im Parlament ihren weiteren Fortbestand abhängig machen. Heißt das also, dass das Kabinett nun gestärkt wurde und somit auch die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß ist, dass die Regierung bis zum regulären Wahltermin in drei Jahren durchhalten könnte? Dazu sagt Petr Holub von aktualne.cz:

"Was sie ansprechen, ist wahrscheinlich das wichtigste Ergebnis der jüngsten Entwicklung. Für Tschechien ist es gut, wenn das Land eine halbwegs stabile Regierung hat und die Regierungskoalitionen nicht vor sich hinstolpern wie in anderen postkommunistischen Ländern. Natürlich ist es um die Stabilität dieser Regierung nicht sonderlich gut bestimmt, weil sie ja immer noch von den Stimmen zweier abtrünniger Sozialdemokraten abhängig ist. Doch darf man nicht vergessen, dass die Verhandlungen über die Reform Konflikte innerhalb der größten Regierungspartei, der rechtsliberalen ODS, zu Tage gebracht haben und sogar zur Etablierung eines eigenen innerparteilichen Flügels führten. Es ist nicht auszuschließen, dass die Rebellen zukünftig am Stuhl von Regierungschef Topolanek sägen werden. In den kommenden sechs Monaten dürfte zwar kein Angriff erwartet werden, weil die ODS alles tun wird, um die Wiederwahl von Vaclav Klaus zum Präsidenten zu sichern. Aber im Frühjahr lassen sich weitere politische Beben erwarten, weil die Rebellen durchgesetzt haben, dass der jetzige Beschluss über die Höhe der Steuern für das Jahr 2009 noch einmal geändert wird."

Nun kommen wir zu einem anderen Thema, dem in den Medien ebenfalls ein breiter Raum eingeräumt wurde: Am Dienstag wurde der Jahrestag der Niederschlagung des Prager Frühlings durch die sowjetischen Truppen am 21. August 1968 begangen.

Und gerade die Beziehungen zwischen Prag und Moskau sind schon seit Wochen von Spannungen geprägt. Auslöser ist die geplante Errichtung einer Radaranlage in Tschechien, die Bestandteil des amerikanischen Raketenabwehrsystems sein soll. Russland fühlt sich bedroht und hat in der Vergangenheit schon mehrmals das Vorgehen Tschechiens sowie Polens, wo die Abwehrraketen stationiert werden sollen, scharf verurteilt:

So ist es nicht verwunderlich, dass einige Kommentatoren gerade in Bezug auf den Jahrestag des 21. August einen Zusammenhag zu den aktuellen russischen Drohgebärden hergestellt haben. Dazu gehörte etwa Adam Cerny, der in der Wirtschaftszeitung "Hospodarske noviny" schrieb:

"All jene, die noch wissen, was am 21. August 1968 geschah, werden froh sein, wenn in den Wäldern von Brdy für alle Fälle ein scharfes Auge aufgestellt wird. Es könnte uns dabei helfen zu unterscheiden, ob die Generäle in Moskau den Warschauer Pakt als etwas Vergangenes betrachten, oder ob sie ihn mit allem, was dazu gehört, am liebsten wieder erneuern würden."

Petra Kovacsova und Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Und zum Schluss noch eine etwas leichtere Kost. Der frühere Regierungschef und Vorsitzende der oppositionellen Sozialdemokraten Jiri Paroubek, über dessen Privatleben in letzter Zeit vielleicht mehr zu hören war als über seine politischen Initiativen, feierte diese Woche seinen 55. Geburtstag.

Die ungewollte Symbolik war jedoch nicht zu übersehen. Am Tag, nachdem das Parlament die bereits eingangs erwähnte Steuerreform und auch Einsparungen im Sozialbereich verabschiedete, lässt Paroubek eine große Party steigen. Ein interessantes Detail am Rande wurde in den Zeitungen am häufigsten erwähnt: dass die Kosten von den Wiener Sozialdemokraten - quasi als Geschenk an ihren Freund Paroubek - übernommen werden sollten. Dazu schrieb Jaroslav Plesl in der "Lidove noviny" einen Kommentar:

"Es geht eigentlich nicht darum, dass sich Paroubek als potentieller Premierminister die Feier von Politikern eines Landes bezahlen lassen wollte, mit dem Tschechien mindestens in der Frage des Atomkraftwerks Temelin im Streit liegt. Die Kernbotschaft ist vielmehr folgende: Paroubek ist ein schlechter Verwalter, weil er im Zusammenhang mit seiner Geburtstagsfeier allen Menschen dieses Landes zu erkennen gegeben hat, dass man ohne jegliche Bedenken fremdes Geld ausgeben kann und sich nicht um Haushaltsdisziplin kümmern muss. Und nach diesem Muster will er wahrscheinlich beim nächsten Mal auch regieren. Nicht nur, dass er in den vergangenen Tagen keinen aktiven Beitrag leistete, um das Loch in der Staatskasse verkleinern, sondern er hat auch immer wieder lautstark verkündet, dass Einschnitte nicht notwendig wären."

Korrekterweise muss abschließend noch hinzugefügt werden, dass Paroubek nach der öffentlichen Kritik nun die Kosten für seine Geburtstagsparty doch lieber selbst übernehmen und den dafür ursprünglich vorgesehenen Beitrag der österreichischen Sozialdemokraten einem guten Zweck zukommen lassen will.