Private Ärzte und Apotheker nehmen Auszeit

Tausende Arztpraxen und Apotheken blieben heute in Tschechien eine Stunde geschlossen. Aus Protest gegen den finanziellen Notstand im tschechischen Gesundheitswesen und aus Ärger über verschleppte Reformen traten niedergelassene Ärzte und Apotheker von 11 bis 12 Uhr in den Ausstand. Die selbständigen Mediziner und Pharmazeuten haben sich damit zum ersten Mal geschlossen zu einer Aktion formiert. Mehr dazu von Daniel Satra.

Wer am späten Dienstagvormittag eine Arztpraxis oder eine Apotheke aufsuchen wollte, stand in Tschechien oft vor verschlossener Tür: "Eingeschränkter Betrieb" war dort auf Plakaten oder Zetteln zu lesen. Und weiter: "Die medizinische Betreuung von Patienten ist ernsthaft in Gefahr!". Dreh und Angelpunkt des Protests der niedergelassenen Ärzte und Apotheker ist das Geld, das ihnen die Krankenkassen für ihre Behandlungen überweisen. Denn dieses Geld kommt zu spät. Nach Angaben von Jiri Pekarek, Präsident der tschechischen Zahnärztekammer und Sprecher der unzufriedenen Mediziner, erreichen die Krankenkassenzahlungen den Arzt erst nach 50 Tagen, anstatt wie vorgesehen nach 12 Tagen.

"Der Großteil privater ambulanter Einrichtungen hängt jedoch von dem Geld ab, das sie von Krankenversicherungen erhalten, und dieses Geld kommt weiterhin nur mit Verspätung an. Und wie wir von den Krankenkassen erfahren haben, wird sich daran auch in diesem Jahr nichts ändern".

Grund für die verspäteten Zahlungen ist unter anderem, dass tschechische Staatsbetriebe ihre Krankenkassenabgaben nicht rechtzeitig einzahlen. Die Verzögerung verschiebt sich zur privaten Ärzteschaft, die wiederum ihren Angestellten nur verspätet die Gehälter zahlen kann. Laut Prognosen werden im tschechischen Gesundheitswesen im Jahr 2004 16 Milliarden Kronen fehlen. Das sind rund 485 Millionen Euro, und damit etwa ein Zehntel des gesamten Haushalts der tschechischen Krankenkassen. Das Problem der verspäteten Zahlungen scheint also auch für dieses Jahr vorprogrammiert. Marie Souckova, Gesundheitsministerin der Tschechischen Republik, weiß um die Probleme der Ärzte, wie sie gegenüber der Tageszeitung Mlada Fronta sagte. Dennoch sehen sich die Protestierenden bei der Planung möglicher Reformschritte, die Regierung, Gesundheits- und Finanzministerium verhandeln, übergangen. Jiri Pekarek meint dazu:

"Leider wird ohne uns über uns verhandelt. Wir wurden zu keinem Gespräch eingeladen. Zudem haben wir keine Antwort auf unsere Forderungen, die wir eingeschickt haben, erhalten."

Dass sie nicht einbezogen werden, ist den Ärzten ein Dorn im Auge. Ein zweiter, schmerzhafterer Dorn ist, dass sie sich bei der Verteilung der finanziellen Mittel gegenüber tschechischen Krankenhäusern, auf die ein Gros der Aufwendungen des Gesundheitsressorts im tschechischen Staat abfällt, benachteiligt fühlen.

"Es geht in erster Linie darum dem Ministerium und der Regierung zu signalisieren, dass es auch einen privaten medizinischen Sektor gibt, in dem Zehntausende Ärzte, Apotheker und Angestellte beschäftigt sind. Und dass wir nicht über gleiche Möglichkeiten verfügen, wie Krankenhäuser, die protegiert werden. Und falls wir unser Geld nicht pünktlich bekommen sollten, ist damit auch die Qualität der Betreuung unserer Patienten gefährdet", sagte Pekarek.

Die Tageszeitung Hospodarske Noviny verweist jedoch auf den Umstand, dass zu Beginn der 90er Jahre nur 20 000 niedergelassene Ärzte in Tschechien zugelassen waren, und mittlerweile die Zahl um fast ein Drittel gestiegen ist. Damit liegt Tschechien im europäischen Vergleich weit vor den Niederlanden und Polen - mit entsprechend hohen Kosten.