Prosit mit dem heiligen Johannes: Weinweihe in Bořetice

Bürgermeister Václav Surman

Seit der politischen Wende im Jahr 1989 werden in Tschechien verschiedene Kirchenfeste wieder belebt, die man während des Kommunismus nicht veranstalten durfte. Am 27. Dezember, dem Namenstag des heiligen Johannes des Evangelisten, wurde seit dem Mittelalter in den Kirchen der Wein geweiht. Vor allem in den Weinregionen ist die Weinweihe zu einem kleinen Dorffest geworden.

Weinweihe in Bořetice
Am Samstagnachmittag war es in Bořetice eiskalt, trotzdem waren die Straßen nicht menschenleer. Man begegnete oft Familien mit kleinen Kindern, aber auch ältere Herren, die alle festlich gekleidet waren und in Strohtaschen eine Flasche Wein mit sich führten. Die Winzerfamilien haben die neuen Weine ins Kulturhaus gebracht, wo die Weinweihe auch schon bald beginnen sollte.

Die Winzer haben ihre mitgebrachten Weinflaschen auf einen Tisch gestellt, auf dem bereits ein großes Weinfass stand. Pfarrer Josef Maincl las das Gebet vor:

Pfarrer Josef Maincl  (Mitte)
„Wir danken dir, Gott, für die diesjährige Weinernte und bitten dich, segne den Wein. Du hast ihn uns geschenkt, um das Herz der Menschen, die den Wein mit Dankbarkeit genießen, zu erfreuen. Auf Fürbitte des heiligen Urban und aller weiteren Schutzheiligen der Winzer, gewähre uns ständig Schutz und Hilfe.“

„Prosit“ hieß es nach dem Dankgesang, und alle haben mit dem frisch geweihten Wein angestoßen.

Bürgermeister Václav Surman
Mit dem heiligen Johannes dem Evangelisten ist die Weinweihe dank einer Legende verbunden. Der Apostel soll einen vergifteten Becher Wein getrunken haben, um einen Ungläubigen zu bekehren. Nachdem Johannes das Kreuzzeichen über dem Becher gemacht hatte, ist das Gift in der Gestalt einer Natter aus dem Becher herausgesprungen, heißt es in der Legende.

Auch wenn die Legende inzwischen fast in Vergessenheit geraten ist, der alte Brauch der Weinweihe wurde nicht vergessen: im Gegenteil – im bekannten Winzerdorf Boretice wird er wieder hochgehalten, sagt Bürgermeister Václav Surman. Bereits im Mittelalter sei dem geweihten Wein eine besondere Kraft beigemessen worden:

„Der Winzer bot der ganzen Familie an, den geweihten Wein zu verkosten. Ein bisschen des geweihten Weins wurde in die Fässer zurück gegossen, um den Wein vorm Verderben zu schützen. Einige Tropfen diesen Weins sollten auf dem Weinberg zu einer besseren Ernte beitragen. Ich wünsche allen Winzern, dass sie ihre Weine gut betreuen. Dazu möge euch Gott und euer Können verhelfen.“

Fotos: Autorin