An Radaranlage der USA scheiden sich in Tschechien die Geister

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Gerade erst mit dem Vertrauen der Abgeordneten gesegnet, hat die tschechische Regierung am Freitag vergangene Woche eine harte Nuss auf den Tisch bekommen, die sie nun knacken muss. Denn die USA haben nun offiziell das Kabinett Topolanek ersucht, Verhandlungen über die Stationierung einer Radaranlage aufzunehmen, die als Bestandteil des US-amerikanischen Raketenabwehrsystems in Europa dienen soll. Mit dem umstrittenen Thema ist eine neue Diskussionswelle ins Rollen gekommen. Die wichtigsten Stimmen aus der tschechischen Politszene fasst Jitka Mladkova zusammen:

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Kontroverse Stimmen aus allen Teilen der tschechischen politischen Landschaft lassen kaum jemand daran zweifeln, dass Topolaneks Regierung ein großes Problem zu meistern hätte, wenn sie sich für die Stationierung des US-amerikanischen Radarsystems hierzulande entscheidet. Eine mehrheitliche Zustimmung der Abgeordneten erscheint derzeit fraglich. Premier Mirek Topolanek nannte am Sonntag in einer TV-Debatte drei Gründe dafür, warum die Tschechische Republik bei den bevorstehenden Verhandlungen am Ende doch positiv entscheiden sollte:

"Zum ersten geht es um einen bedeutenden Prestigegewinn für unser Land. Auch wir tragen einen Teil der Verantwortung dafür, was in der Welt geschieht. Der zweite und bedeutendste Aspekt ist, dass sich die Sicherheit unserer Bürger mit der Installierung der Radaranlage wesentlich erhöhen würde. Und zum Dritten lässt sich natürlich auch mit einem positiven ökonomischen Effekt rechnen."

Verteidigungsministerin V. Parkanova,  Premier M. Topolanek und Aussenminister K. Schwarzenberg  (Foto: CTK)
Die USA wünschen sich die Entscheidung Tschechiens einschließlich eines entsprechenden Vertrags noch in diesem Jahr. Bis dahin kann es aber eine Weile dauern. Topolanek dazu:

"Zunächst muss der Entscheidungsprozess abgeschlossen sein. Diesem würden sich die notwendigen Vorbereitungsarbeiten anschließen - inklusive der erforderlichen Analyse zum möglichen Umwelteinfluss der Anlage."

Die vorbereitenden Bauarbeiten könnten Topolanek zufolge im Jahr 2010 vollendet sein, und im Anschluss daran würde die Installierung des Radarsystems erfolgen.

Die tschechische Armee erwägt derzeit zwei geeignete Orte, zwischen denen die US-amerikanische Seite wählen könnte. Mit der US-amerikanischen Radaranlage würden auch US-Soldaten und Waffen nach Tschechien kommen, und dies macht nicht nur die Zustimmung der Regierung, sondern auch der beiden Parlamentskammern erforderlich.

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Ob auch ein Referendum stattfinden soll, darüber streiten sich die politischen Geister Tschechiens. Der Regierungschef hält dies nicht für nötig. Die Sozialdemokraten (CSSD), die definitiv die Position der stärksten Oppositionspartei belegen, sind in ihrer Einstellung gespalten. Ihr Parteichef Jiri Paroubek will die Ausschreibung eines Referendums von den genauen Forderungen der Amerikaner abhängig machen:

"Sollte die Radaranlage von 20 bis 30 Personen bedient werden können, wäre sie also eher etwas in kleinem Maßstab, dann würde es keinen Sinn machen, ein Referendum zu veranstalten. Das gilt aber auch umgekehrt."

Anders denken die Kommunisten. "Bilaterale Verträge mit den USA brauchen wir nicht, da wir bereits Verträge mit der EU und der Nato haben", sagt entschieden der KSCM-Vizevorsitzende Jiri Dolejs.

Gegen das US-amerikanische Projekt, das auch die Stationierung eines Raketenabwehrsystems in Polen vorsieht, haben am Montag russische Generäle heftig protestiert. Ihr Generalstabschef Vladimir Popov bezeichnete es als eine klare Bedrohung Russlands und warnte zugleich vor entsprechenden Gegenmaßnahmen. Der tschechische Außenminister Karl Schwarzenberg weist die russischen Vorwürfe zurück:

"Es ist die übliche russische Reaktion, mit der man sich für eventuelle Verhandlungen eine Ausgangsbasis verschaffen will. Die russische Seite weiß aber ganz genau, dass es sich hierbei um keinerlei russische Fragen handelt."