Radio Freies Europa feiert 60 Jahre – große Konferenz in München
„Stimmen der Freiheit – westliche Provokation?“: Unter diesem Titel wird Ende April in München eine Konferenz zum 60-jährigen Jubiläum des Senders Radio Freies Europa stattfinden, der einst eben in der bayerischen Metropole seinen Sitz hatte. Einer der Organisatoren der Konferenz ist das Tschechische Zentrum München. Aber auch mit weiteren Veranstaltungen reflektiert das Zentrum dieses Jubiläum. Dazu ein Gespräch mit, Zuzana Jürgens, der Leiterin des Tschechischen Zentrums in München.
„Der Kernpunkt unseres Programms ist eine dreitätige Konferenz, die das Phänomen des Radios aus allen möglichen Winkeln beleuchtet, also nicht nur historisch und politisch, sondern auch medientechnisch und von der gesellschaftlichen Seite. Für die Konferenz haben wir internationale Referenten gewinnen können. Sie kommen aus den USA, aus Europa und natürlich aus Deutschland und aus Tschechien. Unser Kooperationspartner ist nicht nur das Collegium Carolinum hier in München, sondern auch das Institut für Erforschung totalitärer Regime in Prag.“
Die Konferenz wird in tschechisch-deutscher Zusammenarbeit veranstaltet, es treffen sich dort aber auch Experten aus allen möglichen Ländern der Welt. Wird dabei den Sendungen in tschechischer Sprache größere Aufmerksamkeit gewidmet oder betrachten Sie das Thema eher allgemeiner?„Die tschechischen Sendungen beziehungsweise die tschechoslowakischen Sendungen, weil es damals eine tschechoslowakische Redaktion war und die Sendungen zweisprachig waren, stehen natürlich im Mittelpunkt. Mehrere Beiträge widmen sich diesem Thema. Allerdings haben wir versucht, das ganze Phänomen zu zeigen, und daher wurden auch Referenten zu Polen, Rumänien, Bulgarien und Ungarn angesprochen. Und da die Idee des Radios aus den USA stammt, haben wir auch dazu Referenten. Der Schwerpunkt liegt natürlich in der tschechoslowakischen Redaktion, in der tschechoslowakischen Sendung, aber in breiten internationalen Zusammenhängen, um die es ja auch ging.“
Der Titel der Konferenz heißt „Stimmen der Freiheit – westliche Provokation?“ und beinhaltet eine Frage. Welche sind also die wichtigsten Fragen, mit denen sich die Konferenz auseinandersetzt?„Bei den allgemeinen Vorträgen steht im Vordergrund die Frage, wie und inwiefern das RFE tatsächlich Wirkung gezeigt hat. Man weiß ja, dass das Radio zumindest in der Anfangszeit, in den ersten 20 Jahren, von der CIA finanziert wurde, und wir stellen uns die Frage, ob es eine interne Zensur gab. Wie wurden die Beiträge aufgebaut? Wie haben die einzelnen Redaktionen funktioniert? Wie haben sie sich ihre Informationen besorgen können? Natürlich werden wir uns auch der Frage nach der Rezeption in den Zielländern widmen, nicht nur der Rezeption bei der Geheimpolizei, sondern auch bei den Zuhörern. Dem Thema ist auch ein so genannter runder Tisch gewidmet, eine Diskussion mit Zeitzeugen, die keine Mitarbeiter von Radio Freies Europa waren, sondern eher zur Zielgruppe der Sendungen gehörten.“
Vielleicht ein kleiner Abstecher: Der Sender ist in den 90er Jahren nach Prag umgezogen. Wissen Sie, was mit dem Gebäude in München geschehen ist, in dem einst die Redaktionen und Studios von RFE saßen?„Das Gebäude steht am Englischen Garten, eigentlich nicht weit vom Tschechischen Zentrum entfernt. Heutzutage sind dort einige Institute der Ludwig-Maxmilians-Universität angesiedelt.“
Noch einmal zur Konferenz: Findet sie in einem geschlossenen Kreis von Wissenschaftlern statt, oder gibt es Veranstaltungen, die auch für die breitere Öffentlichkeit bestimmt sind?
„Wir haben uns dezidiert darum bemüht, dass die Konferenz nicht nur eine wissenschaftliche Konferenz ist, und haben dazu auch breit eingeladen. Angeschlossen an die Tagung gibt aber auch einige Formate, die über den wissenschaftlichen Rahmen hinausgehen. Da ist einerseits eine Diskussion zu dem aktuellen Stand der Auslandssendungen. Sie haben erwähnt, dass der Sender nach Prag umgezogen ist und seit einigen Jahren aus einem neuen Gebäude in Prag vor allem in arabische Länder sendet. Und wir fragen uns danach, wie der Auslandsrundfunk heute wirkt, was er in der Zeit des Internets noch bewirken kann. Dann machen wir eine Filmvorführung, es geht um einen Dokumentarfilm aus Rumänien aus dem Jahr 2008 von dem Regisseur Alexandru Solomon mit dem Titel ´Cold Wave´, der sehr eindrucksvoll eben die Wirkung des Radios in Rumänien beleuchtet. Und darüber hinaus haben wir noch zwei Ausstellungsprojekte. Die eine Ausstellung wird erst Ende Juni im Bayerischen Landtag und beinahe parallel in Budapest eröffnet. Sie widmet sich noch einmal dem Radio und seiner Geschichte. Und andererseits, das ist die Vernissage gleich nächste Woche, am 19. April, und zwar eine Ausstellung des Comics ´Unbesiegbare Milada Horáková´. Diese Ausstellung gehört in den Rahmen, weil sie 1951 vom ´Nationalen Ausschuss für ein Freies Europa´ initiiert worden war. Und dieses Nationalkomitee stand hinter der Entstehung des Senders.“Damit sind Sie auch schon zu weiteren Veranstaltungen Ihres Zentrums gekommen. Die Konferenz und das Jubiläum sind der wichtigste Programmpunkt in den nächsten Tagen, es gibt aber auch andere Veranstaltungen. Gibt es etwas, wozu Sie die Besucher gerne einladen möchten?„Sie haben vollkommen Recht, unser Programm geht dann gleich weiter. Wir werden in der ersten Mai-Woche eine Ausstellung von Aleš Lamr in München eröffnen. Sie heißt ´Baden in Farben´ und wird im Wirtschaftsministerium gezeigt. Am 5. Mai findet die Eröffnung statt. Und dann auch gleich in der ersten Mai-Woche startet in München das Dokumentarfilmfestival Dokfest, und die Tschechische Republik ist dieses Jahr mit einem Dokumentarfilm ´Für das Wohl der Welt und von Nošovice´ von Vít Klusák vertreten. Vít Klusák wird bei den Filmvorführungen auch selbst anwesend sein, und das Tschechische Zentrum ist somit auch mit dabei.“