Raucherparadies Tschechien – immer mehr Menschen wollen aber Verbote

Für Raucher aus Deutschland zahlt es sich immer noch aus: der Kauf von Zigaretten in Tschechien. Aber nicht nur vergleichsweise niedrige Steuern machen das Land weiterhin zu einem Raucherparadies, auch die beharrliche Weigerung der Politik, das Qualmen in der Öffentlichkeit stärker einzuschränken. Ein Bericht zum Welt-Nichtrauchertag.

Sich regelmäßig eine anzustecken, das ist für rund 30 Prozent der Tschechen Normalität. Das zeigt die neueste europäische Umfrage. Damit liegt das Land über dem EU-Durchschnitt. Meist beginnen Raucher bereits vor dem 18. Lebensjahr mit dem Tabakkonsum. Umso alarmierender sind die Ergebnisse einer großen Studie der Universität Olomouc / Olmütz. Knapp 100.000 Schulkinder hatten teilgenommen. Professor Zdeněk Hamřík hat die Studie geleitet:



Zdeněk Hamřík  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Mit 15 Jahren rauchen 28 Prozent der Mädchen und 22 Prozent der Jungs. Dass so viel mehr Mädchen zur Zigarette greifen, ist weltweit eine Besonderheit. Dazu muss man sagen, dass wir das einzige Land in Europa sind, dass noch kein neues Rauchverbotsgesetz verabschiedet hat.“

Rauchen ist in Restaurants und Kneipen weiterhin erlaubt. Bei der letzten Novelle des Gesetzes wurde den Gaststätten nur freigestellt, ob sie sich als Nichtraucher- oder Raucher-Etablissement ausweisen wollen. Zu mehr Druck haben sich die Abgeordneten nicht durchgerungen.

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Dabei handeln die Abgeordneten gegen ihre eigene Klientel: das tschechische Volk. Denn Studien zeigen, dass immer mehr Tschechen ein Rauchverbot befürworten. Die neueste Erhebung hat die Meinungsforschungsinstitut Ipsos Tambor erstellt - zusammen mit der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Prager Karlsuniversität. Das Ergebnis: War vor vier Jahren nur jeder Zweite für ein Rauchverbot in Restaurants, Kneipen und Bars, sind es jetzt bereits drei von vier. Zugleich sind die Befragten aber gespalten, wie sehr der Zigarettenrauch sie stört. Eine Hälfte empfindet dies genau so, die andere Hälfte kann den Rauch ertragen.

Allerdings hat dies keine Auswirkungen auf eine weitere Entscheidung:

„Würde ein Rauchverbot eingeführt, dann gingen 85 Prozent der Befragten genauso häufig wie bisher in die Gaststätten. 11 Prozent gingen häufiger in Gaststätten und 5 Prozent weniger häufig“, sagt Šárka Holanová, Mitautorin der Studie von Karlsuniversität und Ipsos Tambor.

Unter dem Strich: Ein Rauchverbot würde wohl auch für die Gaststättenbranche in Tschechien keinen Einbruch bedeuten.

Foto: Kristýna Maková,  Radio Prague International
Ob diese Erkenntnis etwas bewegen kann, ist unklar. Jetzt im Mai hat zwar auch Tschechien endlich das Rahmenabkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) über die Tabakkontrolle verabschiedet – und das nach achtjährigem Tauziehen. Doch zugleich warnten die Abgeordneten davor, die Tabakindustrie von staatlicher Seite her zu „diskriminieren“.